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Was bleibt: Kerngedanken (German Edition)

Was bleibt: Kerngedanken (German Edition)

Titel: Was bleibt: Kerngedanken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Küng
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Substanz hatten. Man fragt nicht, was ein Ding ist, sondern wozu es dient. Nicht, woraus es besteht, sondern was seine Funktion ist. Paradoxerweise war der ursprünglich aramäische Satz aller Wahrscheinlichkeit nach überhaupt ohne dieses Wort formuliert worden, um das der jahrhundertelange Streit ging. Man sagte in der Ursprache einfach: »Dies – mein Leib!«
    Alte Gemeinschaft also wird durch die Handlung und das Wort des Mahles bestätigt und zugleich neue Gemeinschaft verheißen: »koinonia«, »communio« mit Jesus und untereinander. Abschied vom Meister wird dem Jüngerkreis angekündigt, und doch bleibt die Gemeinschaft untereinander und mit ihm begründet: bis sich im Gottesreich die Tischgemeinschaft erneuert. Vereint sollen sie bleiben, auch in der Zeit seiner Abwesenheit. Nicht umsonst hat man später die Idee der Kirche mit Jesu Abendmahl in Verbindung gebracht.
    Verhaftung, Prozeß, Verurteilung
    Die Passionsgeschichte ist hier nicht zu referieren. Leichter wird sie in einem der Evangelien, am besten zunächst nach Markus, nachgelesen. In Bezug auf die Reihenfolge stimmt hier sogar einmal Johannes, der einen älteren Passionsbericht benutzt haben muß, mit den drei Synoptikern überein: Verrat des Judas, letztes Mahl mit Bezeichnung des Verräters, Verhaftung und Verhör, Verhandlung vor Pilatus und Kreuzigung. Zu diesen Abschnitten, die auch bei Johannes an gleicher Stelle erscheinen, kommen noch die Fußwaschung der Jünger, die Gethsemane-Szene und die Verleugnung des Petrus samt ihrer Ansage.
    Knapp vor dem Fest erfolgte die Verhaftung nach übereinstimmenden Berichten außerhalb der Stadt, jenseits des Kidrontales auf dem Ölberg in einem Garten Gethsemane . Von der dortigen Anfechtung und dem Gebetskampf Jesu, der keine Zeugen hatte, können wir nichts Historisches wissen. Für die Dogmengeschichte ist von nicht geringer Bedeutung geblieben, daß Jesu Angst und Entsetzen, ganz anders als in jüdischen oder christlichen Märtyrergeschichten, nachdrücklich geschildert werden: Nicht ein über alle menschliche Not erhabener Stoiker oder gar Übermensch leidet hier. Sondern in vollem Sinn ein Mensch, versucht und angefochten, freilich völlig unverstanden von seinen engsten Vertrauten, die eingeschlafen sind.
    In einer nächtlichen Überraschungsaktion unter Führung des Judas aus Iskariot , der mit Jesu Gewohnheiten vertraut war, wird Jesus von einer Rotte seiner Gegner verhaftet. Der Judaskuß für den in Schüler-Weise angeredeten »Rabbi«, historisch schwer erklärbar, blieb Symbol gemeinsten Verrates. Unklar bleibt, wer den Befehl gegeben hat und wer bei der Verhaftung beteiligt war. Wohl sicher ein Kommando der Tempelpriester auf Betreiben der Oberpriester im Kontakt mit dem Synedrion. Aber vielleicht hatte schon früh eine Absprache zwischen jüdischen und römischen Stellen stattgefunden. Was die Erwähnung der römischen Kohorte (wohl neben der jüdischen Tempelpolizei) durch Johannes, der sonst die römische Beteiligung zurücktreten läßt, ebenso erklären würde wie die rasche Aburteilung durch den nicht gerade als nachgiebig bekannten Gouverneur Pontius Pilatus. Das spätere Zusammenwirken von jüdischen und römischen Behörden kann nicht in Zweifel gezogen werden. Nach allen Berichten ist Jesus aber zunächst von den jüdischen Behörden in Gewahrsam genommen worden.
    Bezeichnend ist, daß die Verhaftung ohne jegliche Gegenwehr Jesu und seiner Jünger erfolgte. Was ein ungeschickter, lächerlich wirkender Schwertschlag eines Unbekannten und die Legende von der Heilung des abgehauenen Ohres nur unterstreicht. Von jetzt an steht Jesus ohne jegliche Anhänger in völliger Einsamkeit da. Die Jüngerflucht wird wie die Verhaftung selbst knapp und ohne alle Entschuldigung berichtet; sie ist nicht zu bezweifeln. Nur Lukas versucht diese peinliche Tatsache zunächst durch Stillschweigen und nachher durch Erwähnung der von ferne zuschauenden Bekannten zu vertuschen. Johannes überhöht die Freiwilligkeit Jesu apologetisch ins Mythologische: Wie vor der Erscheinung der Gottheit sinken die Häscher nieder, um ihn dann, als er seine Jünger entlassen hatte, zu ergreifen.
    In besonders deutlichem Kontrast zu Jesu Treue (vor dem Gericht) steht die Untreue jenes Jüngers (vor einem Mädchen), der ihm in nachdrücklicher Weise Treue bis in den Tod geschworen hatte: Diese in allen vier Evangelien schlicht und glaubwürdig erzählte Geschichte von der Verleugnung Petri – ursprünglich wohl ein

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