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Was bleibt: Kerngedanken (German Edition)

Was bleibt: Kerngedanken (German Edition)

Titel: Was bleibt: Kerngedanken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Küng
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eine kühne Neuerung einführte, die ihm Tadel eintragen würde; besonders Margaret erreichte ein beträchtliches Wissen und eine viel bewunderte Latinität. …
    Staat : Sir Thomas führte ein Leben, das ganz dem Staat und dem Schutz der Rechtsordnung gewidmet war. In seiner Vaterstadt London ist Mores Andenken vor allem durch seine Richtertätigkeit legendär geworden. Nie vorher und nachher wurde in England so gut und rasch zugleich einem jeden das Seine zugesprochen. »Wie dem auch sei, mein Sohn«, so schrieb More an einen seiner Schwiegersöhne, »dieses eine will ich Dir auf Ehre beteuern: Wenn die Parteien Gerechtigkeit von mir verlangen und es stünde auf der einen Seite mein Vater und auf der anderen der Teufel, und seine Sache wäre gut, dann sollte der Teufel recht bekommen.« Viele Anekdoten beleuchten Mores salomonische Weisheit. …
    Das alles ist Sir Thomas More, der Weltmann. Gleicht er inall dem nicht sehr wenig dem Bild dessen, was man einen »Heiligen« nennt? Ist ein derartiges Engagement in der Welt vom Evangelium her zu rechtfertigen? Kann das Nachfolge Christi sein? Vollkommenheit des Christen? …
    Denn Nachfolge Christi bedeutete doch dies: »Wenn jemand mit mir gehen will, verleugne er sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach!« (Mk 8,34). Der Entscheid ist radikal: »Keiner, der seine Hand an den Pflug legt und rückwärts schaut, taugt für die Gottesherrschaft!« (Lk 9,62). So will Gott den Menschen ganz, er will sein Herz. Nicht damit der Mensch die Welt verlasse; Jesus hat seine Jünger in die Welt hinein gesandt. Wohl aber, damit der Mensch ungehindert und frei von der Welt, ganz und gar bereit sei. Bereit wozu? Gottes Willen zu erfüllen, um gerade so für die Gottesherrschaft bereit zu sein: »Wer den Willen Gottes tut, der ist mir Bruder und Schwester und Mutter« (Mk 3,35). Was fordert der Wille Gottes? Nicht nur eine negative Absage an die Welt, sondern eine positive Hingabe: die Liebe. Es werden keine neuen Gesetze formuliert, keine neuen Einzelvorschriften gemacht. Sondern nur die eine vollkommen unbegrenzte und zugleich auf jeden Einzelfall zutreffende, ganz konkrete Forderung: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Denken. Dies ist das größte und erste Gebot. Das zweite ist ihm gleich: ›Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst‹. An diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten« (Mt 22,37   –   40). Gerade in der Feindesliebe zeigt sich die christliche Vollkommenheit: »Liebet eure Feinde und bittet für die, welche euch verfolgen, damit ihr Söhne eures Vaters in den Himmeln seid! Denn er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte… Ihr nun sollt vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist« (Mt 5,44f. 48). Wer folgt also Christus nach, wer lebt also nach seinem Evangelium vollkommen? Der frei von allen weltlichen Bindungen jederzeit bereit ist, bereit ist für Gott und Seine Forderung, die ihm im Nächsten begegnet alle Tage, im weltlichen Alltag.
    Thomas More war täglich bereit. Er hatte sein Herz nicht an die Güter dieser Welt hingegeben. Er stand in der Welt, ließ sich aber von ihr nicht binden. Er hatte sich die letzte Unabhängigkeit von der Welt und die innere Freiheit für Gott bewahrt. Dies zeigt sich in Kleinigkeiten.
    Sir Thomas More freute sich seines Eigentums , war ihm aber nicht verfallen. Der Weltmann More war kein bonvivant. Die innere Überlegenheit Mores über die Dinge dieser Welt zeigte sich in der Gleichgültigkeit bezüglich seiner äußeren Erscheinung und des Essens; er zog allgemein schlichte Kost feinen Speisen vor. Er kannte weder Raffgier noch Geiz, sondern verteilte freigebig von seinem Reichtum und errichtete in Chelsea ein Armenhaus. Dafür musste er sich nach seinem Rücktritt als Lordkanzler harten Einschränkungen unterziehen. … Als seine Scheune in seiner Abwesenheit einer Feuersbrunst zum Opfer gefallen war, schrieb er seiner Frau Alice, sie solle die Nachbarn entschädigen, auf deren Besitz das Feuer übergesprungen sei: »Und bliebe mir auch nicht ein Löffel übrig, es soll keiner meiner armen Nachbarn durch ein Unglück, das sich in meinem Hause zugetragen hat, auch nur den geringsten Schaden erleiden; ich bitte dich, sei mit meinen Kindern und dem ganzen Hause fröhlich in Gott.« Seine Frau möge den Haushalt mit Getreide

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