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Was danach geschah

Was danach geschah

Titel: Was danach geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Kimmel
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von Mr Hansons Tochter und deren falschem Geburtsdatum sowie über die Druckfahnen von fünf Ausweisen mit den neuen Identitäten seiner Frau und seiner anderen Kinder. Sie habe, wie sie erklärte, diese Druckfahnen in der Druckerei von Bette Press aus dem Papierkorb gezogen und behalten, weil ihr die Sache damals nicht ganz geheuer vorgekommen sei.
    Rasch wurden Ermittlungen eingeleitet, und eine Anklagejury befand die Anklage für rechtens. In einer Pressekonferenz enthüllte der Generalstaatsanwalt die wahre Identität von Gerry Hanson als Gerhardt Haber, einem international gesuchten Kriegsverbrecher, und gab bekannt, Amina Rabun und Albrecht Bosch würden wegen Behinderung der Justiz, Versteckens von gesuchten Verbrechern und Fälschung öffentlicher Dokumente angeklagt, wofür sie eine Haftstrafe von jeweils bis zu dreißig Jahren zu erwarten hätten.
    Da sich die gesamte Energie auf die strafrechtliche Verteidigung konzentrierte, rief Aminas Anwalt in der Kanzlei von Bill Gwynne an, um den Zivilprozess mit einem Angebot beizulegen. Angesichts all dessen, was Amina widerfahren, und all dessen, was in Kamenz vorgefallen war, wies Katharina Schrieberg-Wolfson uns an, das Angebot in Höhe von vierzig Prozent unserer ursprünglichen Forderung sofort anzunehmen und den Streit damit zu beenden.
    In Aminas letztem Leitartikel als Herausgeberin des Cheektowaga Register – diesen Posten legte sie am Tag ihrer Verhaftung nieder – brachte sie zum Ausdruck, dass ihr dafür, dass sie den Schriebergs in Deutschland mehr oder weniger in der gleichen Weise geholfen hatte wie den Habers in den Vereinigten Staaten, in Deutschland der Tod durch Erschießen gedroht hatte. »Jede gute Tat wird irgendwann bestraft«, schloss sie den Artikel. »Doch ob eine Tat gut oder schlecht ist, ergibt sich nicht aus der Schwere oder der Natur der Tat selbst, sondern vielmehr daraus, wie groß der Hass denjenigen gegenüber ist, für die diese Tat verübt wurde.«
    Amina Rabuns Rolle als Patentante passte Otto ganz gut. Sie wurde die Märchenfee, die ihm den Luxus bot, der zu sein, der er sein wollte – und ihn bedingungslos zu lieben und sanft auf dem Weg seiner Träume zu begleiten.
    Tante Amina ermutigte Otto, aber drängte ihn nie. Als er kein Interesse an Baseball, Football oder Hockey – eine Gotteslästerung in einer nur eine Brückenlänge von der kanadischen Grenze entfernt liegenden Stadt – zeigte, ließ sie ihn gewähren. Als Otto eine Neigung zur Musik zeigte, kaufte Tante Amina ihm ein Klavier und finanzierte einen Privatlehrer. Als er sich für Vögel begeisterte, ließ sie ihm hinter ihrer Garage ein kleines Vogelhaus bauen. Obwohl er ein bisschen zu alt dafür war, las sie ihm jeden Abend auf Deutsch und Englisch etwas vor und ging mit ihm in Museen, Aquarien, Vergnügungsparks und Kinos. Sie nahm ihn samstagmorgens auch mit in den Verlag, so wie ihr Vater in Dresden sie immer mit in sein Büro genommen hatte. Dort zeigte ihm ihr Freund Albrecht Bosch, der aus der Villa ausgezogen war, nachdem er einen neuen Freund gefunden hatte, wie man Bücher und Karten druckte und dass man nicht unbedingt einsam und unglücklich sein musste, nur weil man »anders« war.
    Amina und Otto wurden enge Freunde, und Amina schirmte ihn vor den Exzessen seiner Mutter ab. Barbara, zerstört von der Vergangenheit und darüber, was hätte sein können, bestand darauf, dass die männliche Seite der Rabuns ihren Lebensunterhalt damit verdienen sollte, Erde zu schaufeln und Beton zu gießen, sich mit anderen Männern zu prügeln und im Wald Tiere zu töten. Ottos Unfähigkeit, diesen Anforderungen gerecht zu werden, stellte für sie eine ständige Quelle der Enttäuschung dar.
    Die Anklage von Tante Amina schlug in Ottos Leben wie eine Bombe ein. Plötzlich hatte er seine liebste Freundin verloren und war gezwungen, ganz alleine die Erniedrigung seiner Familie in einer Schule zu ertragen, in der wie in allen Schulen Erbarmen ein seltenes Gut war. Das bisschen Mitgefühl, das Barbara noch aufbringen konnte, war rasch durch die Tortur aufgebraucht, ihre Cousine zu verteidigen und an deren Stelle den Verlag zu leiten. Ottos einzige andere Hoffnung auf Unterstützung, sein Vater, hatte wieder geheiratet und erwartete mit seiner neuen Frau ein Kind. Der Abstand zwischen den Besuchen in New Jersey wurde immer größer, bis nur noch der Abstand blieb.
    Otto zog sich in sich selbst zurück, in eine zumeist stille, auf ein handliches Ausmaß beschränkte

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