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Was danach geschah

Was danach geschah

Titel: Was danach geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Kimmel
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lag es daran, dass Sam mit seiner unnahbaren Art, seiner gepflegten Ausdrucksweise, den gebügelten blauen Hemden und schwarzen Hosen eher wie ein Europäer statt wie einer aus dem Nahen Osten aussah – eher wie jemand aus London oder Paris oder vielleicht auch Berlin. »Wann kam deine Familie hierher?«, wollte Otto wissen, den Blick auf den Fernseher gerichtet.
    »Mein Vater kam rüber, als er ungefähr so alt war, wie du jetzt bist. Er war einer der palästinensischen Flüchtlinge … seine Eltern wurden 1948 im Krieg von Juden getötet.«
    Otto sah ihn an, dann wieder zum Spiel.
    »Die meisten Palästinenser blieben im Nahen Osten«, fuhr Sam fort. »Aber nach dem Krieg bekam mein Vater eine Arbeit, bei der er die Ausrüstung eines amerikanischen Archäologen für eine Ausgrabung nach Jerusalem bringen musste. Er hieß Mijares, ein Professor vom Juniata College. Jedenfalls war er sehr reich und sehr großzügig, und er mochte meinen Vater. Wahrscheinlich hielt er meinen Vater für ziemlich schlau, weil er ihm anbot, ihn hier auf eigene Kosten aufs College zu schicken. Mein Vater nahm an. Er besuchte die Columbia University, heiratete eine Amerikanerin und blieb. Ich wurde in New York geboren.«
    Sam bedeutete Trudy, ihnen noch eine Runde zu bringen.
    »Kommt sofort, Schätzchen«, sagte sie und zog, dankbar, etwas tun zu können, zwei Gläser unterm Tresen hervor.
    »Eine Flüchtlingsgeschichte wie viele andere auch«, merkte Sam an. »Unterscheidet sich nicht sehr von der deiner Familie.«
    Otto dachte das Gleiche. Als er sein Glas leerte, tropfte etwas Bier auf sein T-Shirt. »Kennst du unsere Geschichte?«, fragte er, während er am Nachbartisch zu einer Serviette griff.
    »Ich weiß alles über eure Familie«, antwortete Sam. »Brian Shelly hat mir ein bisschen was erzählt, und ich habe über die Rabuns recherchiert. Eigentlich ist das niemandem klar, aber Deutsche und Araber haben vieles gemeinsam.« Und dann fuhr er auf Deutsch fort: »Das ist, warum ich Sie kennenlernen wollte.«
    Otto machte ein überraschtes Gesicht. »Sprechen Sie Deutsch?«
    »Wenig.«
    »Wie viele Male sind Sie in Deutschland gewesen?«
    »Ich habe ungefähr ein Jahr dort verbracht.«
    Sie wechselten wieder ins Englische, als Trudy die Getränke an den Tisch brachte.
    »Wollt ihr was vom Grill?«, fragte sie. »Ich kann euch ein paar Burger machen.«
    Sam schüttelte den Kopf. »Willst du was, Otto?«, fragte er. »Bist eingeladen.«
    »Nein danke«, lehnte Otto ab.
    »Sagt einfach Bescheid«, erwiderte Trudy leicht enttäuscht. Sie kehrte zu ihrem Hocker hinter der Bar zurück, um sich das Spiel weiter anzusehen.
    »Das mit Brian ist schade, was?«, sagte Otto.
    »Ja«, stimmte Sam zu. »Er war noch viel zu jung für einen Herzanfall. Aber man weiß nie.«
    »Die Beerdigung war echt hart. Tim und seine Mutter hat’s übel getroffen. Und zu allem Überfluss scheint Brian den ganzen Besitz verpfändet und seine Lebensversicherung nicht mehr bezahlt zu haben. Tim hat gesagt, sie müssen ihr Haus und die Pilzzucht verkaufen, um die Schulden zu bezahlen. Er wohnt eine Weile bei mir.«
    »Er kann sich glücklich schätzen, dich zum Freund zu haben«, erwiderte Sam. »Für dich muss es auch hart gewesen sein, als du deine Patentante verloren hast. Sie war eine tolle Frau. Ich habe ihre Zeitungsartikel sehr bewundert. So lange ist es noch gar nicht her, oder?«
    Otto nickte verlegen und wandte den Blick ab. »Etwa ein Jahr – und weniger als ein Jahr nach ihrer Entlassung aus dem Gefängnis. Das Gefängnis hat sie umgebracht.« Mit vom Schmerz getrübten Gesicht, peinlich berührt, weil er Gefühle zeigte, sah er zum Fenster hinaus. »Und was genau tust du für Die Elf ?«, wechselte er erneut das Thema.
    »Ich mache einen Dokumentarfilm über den Holocaust. Ich werde beweisen, dass er eine Lüge der Alliierten und Juden ist.«
    Im Fernsehen erzielten die Pirates einen weiteren Run. Sam blickte auf, doch plötzlich schien Otto am Spiel weniger interessiert zu sein. »Dann bist du derjenige?«, fragte Otto. »Brian erzählte mir, jemand würde einen Dokumentarfilm über den Holocaust machen, aber mehr als das verriet er nicht.«
    Sam blickte Otto an und grinste wie der Spieler, der gerade den Run erzielt hatte. »Das war eine Zeitlang ein Geheimnis«, erklärte er. »Nur ein paar Typen wussten davon. Brian, Harlan Hurley. Harlan ist bei der Finanzierung eine große Hilfe.«
    »Echt? Der Typ, der für den Schulbezirk arbeitet?«, fragte

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