Was dein Herz dir sagt
eindeutige Sprache.«
Sie verzog das Gesicht.
Er fuhr fort: »Und jetzt haben wir einen Pfeil in einem Baumstamm stecken, genau an der Stelle, wo du wenige Augenblicke zuvor noch deinen Kopf angelehnt hast.«
Sie musterte seine Züge, wusste, dass alles stimmte. »Ich kann es trotzdem nicht glauben. Es macht keinen Sinn, es gibt keinen Grund.«
»Das mag sein. Ich meine, dass es keine Alternative gibt, als davon auszugehen, dass irgendjemand aus Gründen, die wir nicht ahnen, darauf aus ist, dich, wenn auch nicht umzubringen, so doch dir wenigstens ernsthaft etwas anzutun.«
Sie wollte lachen, die Idee als lächerlich abtun, aber sein Ton und, mehr noch, der Ausdruck in seinen Augen machten das unmöglich.
Als sie nichts sagte, nickte er, als hätte sie ihm beigepflichtet, und leerte sein Glas. Er schaute sie an. »Wir müssen etwas deswegen unternehmen.«
Sein »wir« - wie bei einer Majestät - entging ihr nicht. Einerseits hatte sie das Gefühl, als sollte ihr das nichts ausmachen, aber das tat es doch. Andererseits war sie noch nicht ganz überzeugt, aber das Wissen, dass er bei ihr sein und ihr helfen würde, mit dem fertig zu werden, was auch immer vor sich ging, beruhigte sie, statt sie mit Sorge zu erfüllen. Dennoch ... in Gedanken ging sie alles durch, dann schaute sie auf und blickte ihn an. »Erst einmal ist das Wichtigste, zum Fest zurückzukehren.«
Sie kleideten sich an; zu ihrer Überraschung änderte das Anlegen der Kleider der eleganten Dame und des Gentlemans nichts an dem neu gefundenen Gefühl von Nähe, das sich nicht nur aufs Körperliche beschränkte, sondern tiefer ging. Und nicht nur sie war davon betroffen, sondern auch er. Für sie war es, als wären ihre Sinne geschärft für ihn, seine Gedanken und Reaktionen; sie spürte es in seinem Blick, wenn er auf ihr ruhte, der leichten Berührung seiner Hand auf ihrem Arm, als sie sein Schlafzimmer verließen, und schließlich deutlicher, als er auf dem Weg durch den Obstgarten besitzergreifend ihre Hand nahm.
Vermutlich verhinderten drei Stunden Liebesspiel, dass man eine Form von gesellschaftlich akzeptablem Abstand halten konnte. Nicht dass es sie störte. Ihre neue Nähe war wesentlich angenehmer, wesentlich anziehender, und es gab niemanden, der schockiert sein könnte.
Auf ihre Bitte hin spannte er das Gig an und brachte sie auf konventionellere Art zurück. Nachdem sie das Gig auf dem dafür vorgesehenen Platz stehen gelassen hatten, mischten sie sich wieder unter die Menge, die immer noch auf dem Festplatz umherschlenderte. Das Angebot in den Buden und Ständen hatte abgenommen; allgemein herrschte so etwas wie Aufbruchstimmung.
Niemand, schien es, hatte sie vermisst. Oder wenn, dann schien niemand sich veranlasst zu fühlen, dazu eine Bemerkung zu machen. Caro fand daran nichts auszusetzen; sie hatte genug damit zu tun, einigermaßen normal zu erscheinen und ein albernes und sicher viel zu verräterisches Grinsen auf ihrem Gesicht zu unterdrücken. Sie konnte es meist verhindern, aber wenn sie sich entspannte und in ihrer Wachsamkeit nachließ, schlich es sich zurück auf ihre Züge. Dazu kam noch, dass sie zwar problemlos gehen konnte, sich aber doch merkwürdig matt fühlte, als hätte sich jeder Muskel in ihrem Körper aufgelöst.
Zum ersten Mal in ihrem Leben erschien ihr eine Ohnmacht - oder wenigstens eine gespielte - durchaus verlockend. Stattdessen widmete sie ihre beachtlichen Fähigkeiten der Aufgabe, die perfekte Lady zu spielen, hier und da stehen zu bleiben und zu plaudern, als wären sie und Michael wirklich den ganzen Nachmittag über hier gewesen.
Michael blieb an ihrer Seite, ihre Hand auf seinem Arm; obwohl er aufmerksam allen gegenüber war, mit denen sie sich unterhielten, merkte sie, dass er, wenn überhaupt, noch mehr auf der Hut war, auf alles achtete, was um sie herum geschah.
Das bestätigte er, als sie den Stand des Holzschnitzers verließen und er leise sagte: »Die Portugiesen sind schon aufgebrochen.«
Sie hob die Brauen. »Und die anderen?«
»Keine Preußen und auch keine Russen in Sicht, aber die Verolstadts wollen gerade gehen.« Mit einem Nicken deutete er auf die kleine fröhliche Gruppe, die sich an der Seite sammelte. Zusammen begaben sie sich zu ihnen, um sich zu verabschieden.
Der schwedische Botschafter und seine Familie waren entzückt von dem Tag; sie bedankten sich überschwänglich, wünschten ihnen alles erdenklich Gute und versprachen, sie später im Jahr in London
Weitere Kostenlose Bücher