Was dein Herz dir sagt
»sind wir beinahe fertig. Es wird bestimmt nicht länger als höchstens eine halbe Stunde dauern.«
Damit hatte er gerechnet; er erwiderte ihr Lächeln. »Macht nichts - ich muss noch mit Edward reden.«
»Er ist sicher bei Elizabeth, die Klavier übt.«
Mit einem Nicken wandte er sich ab. »Ich werde ihn finden.«
Das tat er auch, wie erwartet im Salon. Mit einem Blick rief er Edward zu sich; Elizabeth lächelte, unterbrach ihr Spiel aber nicht. Edward kam, und gemeinsam gingen sie auf die Terrasse.
Er blieb stehen, sprach aber nicht sofort. Edward ging ebenfalls nicht weiter. »Letzte Anweisungen?«
Michael schaute ihn an. »Nein.« Er zögerte, dann sagte er: »Es geht mehr um meine Vorausplanung.« Ehe Edward etwas erwidern konnte, fuhr er fort: »Ich möchte Ihnen eine Frage stellen, auf die ich gerne eine Antwort hätte. Wenn Sie aber das Gefühl haben, dass Sie sie mir nicht geben können - aus welchem Grund auch immer werde ich das verstehen.«
Edward war ein ausgezeichneter Adjutant. Sein »Oh?« war völlig unverbindlich.
Die Hände in den Hosentaschen, schaute Michael über den Rasen. »Caros Beziehung zu Camden - wie war die?«
Nach Caros Erklärung zu ihren Negligees musste er es einfach wissen.
Er hatte seine Worte sorgfältig gewählt; sie verrieten nichts Besonderes, aber sie machten auch klar, dass er wusste, wie die Beziehung nicht gewesen war.
Was wiederum die Frage nach sich zog, woher er das wusste.
Schweigen breitete sich aus, und er ließ das zu. Er hatte nicht erwartet, dass Edward irgendetwas über Caro oder Camden leichtfertig preisgab, aber er hatte doch gehofft, dass Edward berücksichtigen würde, dass Camden tot war, Caro aber nicht.
Schließlich räusperte Edward sich. Er blickte auf den Rasen. »Ich mag Caro sehr gerne, wie Sie wissen ...« Nach einer kleinen Pause fuhr er mit ausdrucksloser Stimme fort: »Es ist üblich, dass der Adjutant eines Botschafters von seinem Vorgänger alle Informationen erhält, die das Leben seines Vorgesetzten betreffen, seine Ehe eingeschlossen. Es wird als etwas angesehen, das zu wissen unter gewissen Umständen lebenswichtig sein könnte. Als ich meine Stellung in Lissabon antrat, berichtete mir mein Vorgänger, in dem Haushalt sei allgemein bekannt, dass Caro und Camden nicht das Bett teilten.«
Er ließ einen Moment verstreichen. »Das, so hieß es, sei seit ihrer Eheschließung so gewesen - wenigstens von der Zeit an, da Caro nach Lissabon kam.« Wieder machte er eine kleine Pause, dann fuhr er zögernd fort. »Es wurde vermutet - und es wurde nie anders behandelt als eine bloße Vermutung -, dass die Ehe nie vollzogen worden war.«
Michael spürte Edwards Blick, schaute ihn aber nicht an.
Nach einem Augenblick sprach Edward weiter. »Sei das, wie es wolle, Camden hatte jedenfalls eine Mätresse während seiner Ehe mit Caro - nur eine, eine langjährige Beziehung, die schon vor der Hochzeit bestanden hatte. Mir wurde gesagt, dass Camden innerhalb eines Monats nach seiner Heirat zu der Frau zurückkehrte.«
Trotz seiner Erfahrung war es Edward nicht gelungen, tiefe Missbilligung aus seinem Ton herauszuhalten. Mit gerunzelter Stirn dachte Michael über das Gehörte nach und fragte dann: »Wusste Caro davon?«
Edward schnaubte, aber der Laut klang eher traurig als verächtlich. »Dessen bin ich mir sicher. So etwas ... wäre ihr nie entgangen. Nicht dass sie es sich hätte anmerken lassen, durch Worte oder Taten.«
Wieder entstand eine Pause. Edward verlagerte sein Gewicht, schaute zu Michael, dann wieder in den Park. »Soweit ich oder mein Vorgänger es wissen, hat Caro nie einen Liebhaber gehabt.«
Bis jetzt. Michael wollte das weder bestätigen noch abstreiten. Das Schweigen zwischen ihnen dehnte sich aus, dann blickte er Edward an, nickte. »Danke. Das war, wenigstens teilweise, was ich wissen musste.«
Es erklärte einige Sachen, warf aber auch neue Fragen auf, solche, deren Antworten offenbar nur Caro kannte.
Sie machten kehrt und gingen in den Salon zurück. »Sie werden nach mir schicken«, sagte Edward, »wenn es in London Schwierigkeiten gibt, nicht wahr?«
Michael betrachtete Elizabeth, die immer noch ganz in ihr Klavierspiel versunken war. »Wenn Sie Caro dort nützlicher wären als hier, werde ich es Sie wissen lassen.«
Edward seufzte. »Sie wissen es vermutlich schon, aber ich warne Sie trotzdem. Lassen Sie Caro nicht aus den Augen. In mancher Hinsicht ist sie vollkommen zuverlässig, aber sie erkennt eine
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