Was dein Herz dir sagt
gedacht, sie habe das auf einer körperlichen Ebene gemeint. Er hatte danach gesucht, was Caro in diesem Bereich wichtig sein konnte. Aber vielleicht hatte Honoria etwas anderes gemeint - etwas Einfacheres, schwerer Fassbares, wesentlich Mächtigeres.
Das eine, von dem alles andere abhing.
»Ah, Harriet! Sehr gut, meine Liebe.«
Michael wandte sich zu den Männern um und sah, dass Liverpool seine Tante Harriet begrüßte. Martinbury verabschiedete sich mit einem Nicken. Canning beugte sich über Harriets dargebotene Hand, während Liverpool sich zu Michael umdrehte. »Wie immer im passenden Moment, Harriet - ich wollte mit Michael sprechen.«
Die drei - Liverpool, Canning und Harriet - wandten sich zu ihm um und traten näher. Einen unwirklichen Moment hatte Michael das Gefühl, von ihnen umzingelt zu werden. Dann lächelte Liverpool, und er war nicht länger sicher, dass das Gefühl unwirklich war.
»Wollte Sie nur wissen lassen, mein Junge, dass George früher als geplant aussteigt.« Liverpool nickte dem Genannten zu, der das Wort ergriff.
»Die langwierigen Verhandlungen mit den Amerikanern haben mich ganz schön zermürbt, was?« Canning zog seine Weste gerade. »Es ist Zeit für frisches Blut, neue Energie. Ich habe mein Bestes gegeben, aber es ist an der Zeit, dass ich den Stab weiterreiche.«
Harriet beobachtete ihn mit Adleraugen, bereit einzuschreiten, falls etwas schiefzugehen drohte.
Liverpool atmete zischend aus und blickte sich im Salon um. »Wir werden also einen leeren Stuhl am Kabinettstisch haben und im Auswärtigen Amt - und das schon in wenigen Wochen. Wollte, dass Sie es wissen.«
Ohne eine Miene zu verziehen, nickte Michael. »Danke, Sir.«
»Und Caro Sutcliffe, was?« Liverpools Blick blieb an ihr hängen; in seinen Augen blitzte etwas auf, das an Entzücken grenzte. »Was für ein Fang, mein Junge - eine überaus fähige Dame.« Er schaute Michael wieder an. Liverpool war so jovial, wie es ihm nur möglich war. »Es freut mich, zu sehen, dass Sie sich meinen Rat zu Herzen genommen haben. Dieser Tage ist es schwierig, einen unverheirateten Mann zu protegieren. Der Partei fehlt im Moment der nötige Mumm dafür. Und Sie hätten nicht besser wählen können. Ich freue mich schon auf die Hochzeitseinladung ... in den kommenden Wochen, ja?«
Michael lächelte, gab eine unverbindliche Erwiderung; er vermutete, dass nur Harriet seine Wortwahl auffiel, das kaum merkliche Ausweichen. Als sie sich dann mit den üblichen Bemerkungen und Versicherungen trennten, lächelte Harriet bloß und entfernte sich an Cannings Arm.
Erleichtert entkam Michael, schlenderte zu einer anderen Gruppe und ging schließlich zu Caro.
Sie blickte auf und lächelte, als er sich neben sie stellte. Mit wenigen Worten und einem Blick zog sie ihn in die Unterhaltung, die sie mit Mr. Collins vom Innenministerium führte.
Sie war froh, dass Michael zu ihr gekommen war - es war eine Reihe Leute hier, mit denen er, wie sie fand, unbedingt sprechen musste, ehe der Abend zu Ende ging. Mit einem Lächeln verabschiedeten sie sich eine Weile später von Mr. Collins. Mit ihrer Hand auf seinem Arm zog Caro Michael mit sich.
Wie es bei solchen Anlässen üblich war, wurde es eine lange Nacht, ohne dass die Gespräche nachgelassen hätten. Sie machten weiter die Runde; Caro fing mehr als nur einen interessierten, spekulierenden Blick auf. Nach und nach wurde ihr klar, dass man erkennen konnte, welche Verbindung sie und Michael hatten; Therese Osbaldestone war gewiss nicht die Einzige, die sie durchschaut hatte.
Thereses Worte, aus denen unleugbare Weisheit sprach, gingen ihr durch den Sinn ... und senkten sich ihr ins Herz. Als sie neben Michael stand und ihre Rolle mühelos spielte, überlegte sie gleichzeitig, erwog die Möglichkeiten ganz sachlich, beinahe emotionslos.
Es war das Leben, die Stellung, der Lebenszweck, den sie anstrebte und brauchte. Bei Veranstaltungen wie dieser trat die Wahrheit ans Licht. Hier gehörte sie hin.
Sie schaute zu Michael, auf sein markantes Profil, während er mit anderen sprach. Fragte sich, ob er es auch wusste, es auch begriffen hatte.
In gewisser Weise ging es um Macht - weibliche Macht. Sie hatte sie einmal besessen und war gewohnt, sie zu benutzen, Befriedigung aus dem zu ziehen, was sie damit erreichen konnte. Das war es, was Camden ihr beigebracht hatte, sein größtes und beständigstes Vermächtnis. In das Spiel von Politik und Diplomatie eingebunden zu sein war ihr überaus
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