Was dein Herz dir sagt
ihren Schreck, ihre Verblüffung. »Muriel...«
»Nein!« Wieder glitzerten Muriels Augen, diesmal mit unverhohlener Bosheit. »Meinst du, ich denke mir das alles aus? Dass dein teurer Camden nicht mit seiner Schwägerin geschlafen hat?« Ihr Blick zuckte zu Breckenridge; ihre Lippen kräuselten sich höhnisch. »Da, seht ihr? Er weiß, dass es stimmt.«
Caro schaute zu Timothy; kurz sah er ihr in die Augen, dann blickte er mit schmalen Lippen wieder zu Muriel. »Anspielungen in den Briefen von Georges Frau an Camden ergäben dann Sinn.«
Muriel nickte. »Genau. Mama hat Camden von meiner Geburt berichtet - sie hat George nie geliebt, sondern immer nur Camden. Sie hat George zwei Söhne geschenkt, dann kam Camden nach Hause, zur Beerdigung seiner ersten Frau. Der Zeitpunkt war genau richtig, dachte sie, aber dann hat Camden Helen geheiratet und ist wieder nach Lissabon gegangen - und ich wurde in Sutcliffe Hall geboren.« Muriel wandte sich wütend Timothy zu. »Ich. Ich bin Camdens Erstgeborene, aber er hat mir nie irgendwelche Aufmerksamkeit geschenkt - kein bisschen. Er hat nie zu mir als seine Tochter gesprochen - er hat mich immer als Georges Tochter behandelt.«
Ihre Augen glühten. »Aber das bin ich nicht. Ich bin seine Tochter.«
»Wie haben Sie von mir erfahren?«, fragte Timothy. Er klang einfach interessiert, gar nicht besorgt.
Caro betrachtete die Pistole in Muriels Hand. Sie blieb völlig ruhig auf ihr Herz gerichtet. Es war eine aus einem Paar. Sie hoffte, dass es Michael und Timothy klar war. Sie kannte Muriel - sie war eine ausgezeichnete Schützin, und sie plante stets sorgfältig. Sie hatte es so eingerichtet, dass sie alle hier zusammenkamen. Sie wäre ihnen nie nur mit einer Pistole gegenübergetreten, und sie hielt ihre andere Hand die ganze Zeit verborgen in den Falten ihres Rockes.
»Nach Helens Tod sind Sie gekommen, um ihm Ihr Beileid auszusprechen. Ich sah Sie und Camden durch die Gärten spazieren. Sie sahen sich nicht so ähnlich« - erklärte Muriel verächtlich »außer im Profil. Da erkannte ich die Wahrheit. Wenn Camden mit seiner Schwägerin schliefe, warum dann nicht auch mit anderen? Aber damals war mir das egal - ich war davon überzeugt, dass er sich endlich, nachdem er Helen verloren hatte und alt war, mir zuwenden würde. Es war mir egal, ob er mich als seine Nichte bezeichnete und nicht als seine Tochter. Aber ich hatte mich auf die Stellung vorbereitet.« Muriel hob das Kinn. »Ich war ausgezeichnet dafür geeignet, als seine Gastgeberin in der Botschaft zu wirken.«
Langsam richtete sich ihr Blick auf Caro; Wut verzerrte ihre Züge, und Michael und Timothy versteiften sich, mussten gegen den Impuls ankämpfen, schützend näher zu treten.
»Stattdessen« - das Wort bebte vor mühsam unterdrückter Wut, und Muriels Brust hob und senkte sich angestrengt -»bist du ihm aufgefallen. Er ist dir nachgelaufen, dir - einem Mädchen, das jünger als seine Tochter war und vollkommen unerfahren! Er wollte nicht mit mir sprechen - hat sich geweigert, mit mir zu reden. Er hat dich geheiratet und hat dich an meiner Stelle zu seiner Gastgeberin gemacht!«
Wut schien in Wellen von Muriel auszuströmen; sie zitterte vor Zorn, aber die Pistole blieb ruhig auf Caro gerichtet. »Jahrelang -jahre lang! - habe ich zu hören bekommen, wie wunderbar du bist, nicht nur von Camden, sondern von allen und jedem ! Sogar jetzt noch tauchst du einfach aus dem Nichts auf, und jede Dame in der Ladies’ Association fällt dir um den Hals. Alles, wovon sie reden, sind deine wundervollen Ideen, wie fähig du bist - und sie vergessen mich, aber ich bin diejenige, die die ganze Arbeit tut. Ich bin es, die alles richtig macht, aber du stiehlst mir jedes Mal meinen Ruhm!«
Ihre Stimme war in ein Kreischen übergegangen; Caro war so erschüttert, dass sie kaum den Hass aushielt, der ihr in Muriels Worten entgegengeschleudert wurde.
»Als wir von dem Treffen in Fordingham zurückfuhren, hatte ich endgültig genug. Ich erkannte, dass ich dich loswerden musste. Am Tag zuvor hatte ich Jimmy Biggs den Beutel Steinchen und seine Schleuder abgenommen; sie lagen vor mir auf dem Boden des Gigs, als ich hinter dir her nach Hause fuhr. Ich habe gar nicht an sie gedacht, bis du abgebogen bist nach Eyeworth Manor - das war die perfekte Gelegenheit; offenbar war es vom Schicksal so gewollt.«
Muriels Blick glitt zu Michael. »Aber du musstest sie ja retten. Ich dachte erst nicht, dass es wichtig war - es würde
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