Was dein Herz dir sagt
nach Kräften zu genießen.
8
Caro wachte am nächsten Morgen auf, entschlossen, die Kontrolle über ihr Leben wieder zurückzugewinnen. Und über ihre Sinne. Michael schien vorzuhaben, beides an sich zu reißen -wozu, das konnte sie sich nicht denken -, aber wie auch immer, was auch immer, sie würde sich daran nicht beteiligen.
So wie sie es auf dem ersten Teil der Heimfahrt von Leadbetter Hall getan hatte.
Mit einer Verwünschung dieser jüngst entwickelten Anfälligkeit, dem Wirrwarr aus Neugier, Faszination und schulmädchenhaften Wünschen, aus dem heraus sie ihm erlaubt hatte, sich solche Freiheiten herauszunehmen, und sich von ihm dazu hatte verführen lassen, sich daran auch noch zu beteiligen, schloss sie die Tür zu ihrem Zimmer hinter sich, strich ihre Röcke glatt und ging zur Treppe.
Frühstück und der junge Tag würden alles bieten, was sie benötigte, um ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen.
Als sie die Stufen hinabschritt, schnitt sie im Geiste eine Grimasse. Vermutlich bauschte sie die Geschichte zu sehr auf. Es war schließlich nur ein Kuss gewesen - nun ja, nicht nur einer, sondern eine Reihe von Küssen, bei denen ihr reichlich warm geworden war, das war aber dennoch kein Grund zur Panik. Wer weiß, am Ende hatte er inzwischen genug, und sie musste gar nicht mehr auf der Hut sein.
»Ah, da bist du ja, meine Liebe.« Geoffrey, der am Kopfende des langen Esstisches saß, blickte auf. Er nickte zu Elizabeth und Edward, die beide ebenfalls am Tisch Platz genommen hatten. Sie hatten beide ihre Köpfe über ein Blatt gebeugt, das sie lasen. »Eine Einladung von den Preußen. Sie haben mich auch gebeten zu kommen, aber ich möchte eigentlich gar nicht - habe anderes zu tun. Ich überlasse diesen Zeitvertreib lieber euch.«
Sein Blick und liebevolles Lächeln galten ihr und Elizabeth. Obwohl Geoffrey den gesellschaftlichen Status seiner Familie genoss, hatte er seit dem Tod seiner Frau kein Interesse mehr an Zerstreuungen außer an den schlichtesten.
Catten rückte Caro den Stuhl am anderen Ende des Tisches zurecht; sie setzte sich, griff mit einer Hand nach der Teekanne und streckte die andere fordernd nach der Einladung aus.
Edward reichte sie ihr. »Ein spontaner Lunch al fresco - womit, soweit ich es verstehe, eine Art Picknick gemeint sein wird.«
Sie betrachtete das Blatt Papier. »Hm. Lady Kleber ist Cousine ersten Grades der Großherzogin.« Lady Kleber hatte persönlich geschrieben und sie eingeladen, angemerkt, es handle sich um ein Ereignis für ausgesuchte Gäste.
Natürlich konnte man nicht ablehnen. Einmal abgesehen von der Unhöflichkeit einer solchen Tat, erwiderte die Gemahlin des Admirals nur Caros Gastfreundschaft. Sie hatte mit den gesellschaftlichen Veranstaltungen angefangen, mit dem Dinner, um Elizabeth zu retten.
Sie nippte von ihrem Tee und unterdrückte ein Stirnrunzeln. Es war sinnlos, zu versuchen, den Folgen ihres eigenen Ränkeschmiedens zu entkommen. Ihr blieb nur - allerdings vermutlich vergeblich - zu hoffen, dass Michael nicht zu den von Lady Kleber ausgewählten Gästen gehörte.
»Können wir gehen?«, fragte Elizabeth mit glänzenden Augen und voller freudiger Erwartung. »Es ist ein herrlicher Tag.«
»Natürlich gehen wir.« Caro schaute wieder auf die Einladung. »Crabtree House.« An Edward gewandt erklärte sie: »Das liegt auf der anderen Seite von Eyeworth Wood. Mit der Kutsche werden wir eine halbe Stunde brauchen. Wir sollten um zwölf aufbrechen.«
Edward nickte. »Ich bestelle die Kalesche.«
Caro knabberte an ihrem Toast, dann trank sie den Tee aus. Alle erhoben sich zusammen vom Tisch. In der Halle angekommen, entfernten sie sich in verschiedene Richtungen -Geoffrey begab sich in sein Arbeitszimmer, Edward zu den Stallungen, um mit dem Kutscher zu sprechen, und Elizabeth in den Musiksalon, um Klavier zu üben. Das, nahm Caro an, entsprang mehr dem Wunsch, Edward wissen zu lassen, wo er sie finden konnte, wenn er zurückkam, als ihr Klavierspiel zu verbessern.
Der bissige Gedanke schoss ihr ungewollt durch den Kopf; es stimmte ja mit hoher Wahrscheinlichkeit, aber ... sie schüttelte den Kopf. Sie wurde zu abgeklärt, zu argwöhnisch - in ihrem Umgang mit der Welt Camden immer ähnlicher.
Bedauernd verabschiedete sie sich von der verzweifelten Vorstellung, die hoffnungsvoll in ihr gekeimt hatte. Es gab keine Situation, die sie sich einfallen lassen konnte, die dafür sorgen würde, dass Michael heute Nachmittag anderweitig
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