Was dein Herz nicht weiß
wo sie mit geschlossenen Augen den Oberkörper hin- und herwiegte. Am nächsten Tag würden sie auf Hochzeitsreise nach Jeju gehen, und Soo-Ja wusste, dass man von ihr erwartete, dort schwanger zu werden. Das war nicht unromantisch, sondern in erster Linie praktisch. Sie hatten zwei Tage für sich allein und konnten so laut sein, wie sie wollten.
Widerstrebend schaltete Soo-Ja das Licht aus, aber erst, nachdem sie sich alles im Zimmer genau eingeprägt hatte. Es gab im Grunde kaum Möbel, nur den Perlmuttschrank für Kleider und Decken sowie einen kleinen Eichentisch direkt an der Wand. Als Soo-Ja das Bett zurechtmachte, erinnerte sie sich plötzlich an eine Sache, die ihr schon während des Hochzeitsfestes aufgefallen war.
»Wer waren eigentlich die drei Jungen, die bei unserer Hochzeit die ganze Zeit neben deinen Eltern standen?« Es war dunkel, und sie konnte Min nicht sehen, nur seine Atemzüge hören. Sie arbeitete sich durch die ungewohnten Decken, die sie nur unterscheiden konnte, indem sie sie befühlte. Die dünnere breitete sie auf dem Boden aus, darauf schliefen sie, und mit der dickeren würden sie sich zudecken. Sie konnten sich nicht direkt auf den Boden legen, das wäre unhygienisch gewesen, und egal, wie heiß es auch war, sie mussten sich mit etwas zudecken, so gebot es die Sittsamkeit. Während Soo-Ja das Lager richtete, wartete sie auf Mins Antwort.
»Das sind meine Brüder«, sagte er schließlich.
»Du hast doch gesagt, du hättest nur einen Bruder und eine Schwester.«
»Dann hast du mich wohl missverstanden.«
Sie hörte das Geräusch eines Zündholzes, das Mins Gesicht eine Sekunde lang erhellte, als er sich eine Zigarette ansteckte.
»Wie alt sind sie denn?«, wollte sie wissen.
»Chung-Ho ist siebzehn, Du-Ho zehn, und In-Ho acht. Und dann ist da noch meine Schwester Na-yeong, sie ist vierzehn.«
»Dann hast du also drei Brüder und eine Schwester«, bemerkte Soo-Ja überrascht.
»Zwei Schwestern. Seon-ae ist mit achtzehn von zu Hause ausgezogen.«
»Und wo ist sie jetzt?«
»Keine Ahnung.«
»Warum hast du mir nicht gesagt, dass du eine so große Familie hast?«, fragte sie, ohne sich zu bewegen.
»Ist das Lager fertig?«
»Beinahe. Min, das hättest du mir sagen müssen.«
»Das konnte ich nicht riskieren. Ich wollte nicht, dass du mir noch durch die Finger gleitest.«
»Wie ein Vogel, meinst du?«, fragte Soo-Ja, nur halb im Scherz. Sie faltete die Decke auseinander und breitete sie ordentlich aus.
»Ich kann’s gar nicht glauben. Ich hab’s geschafft. Ich habe dich hergelockt«, murmelte Min vor sich hin, zündete noch ein Streichholz an und schaute ihm beim Abbrennen zu. Seine Stimme klang völlig fremd, als hätte er zuvor mit einem Akzent gesprochen, den er nun über Bord geworfen hatte. Auch seine Gesichtszüge schienen sich neu zu modellieren und zu einem früheren, ihr unbekannten Ausdruck zurückzufinden.
»Was hast du geschafft?«
»Meine Eltern haben mir nicht zugetraut, eine Frau zu finden. Wegen meiner … schlechten finanziellen Aussichten. Aber Eltern sind einfach so. Sie bemerken es gar nicht, wenn ihr Sohn unverschämt gut aussieht.«
»Ich habe dich nicht wegen deines Aussehens geheiratet«, sagte Soo-Ja hart.
»Hast du die Gesichter meiner Freunde gesehen? Hast du gemerkt, wie neidisch sie waren? Niemand hat mir das zugetraut. Niemand hat an mich geglaubt.«
Soo-Ja war fertig mit der Bettstatt. Obwohl sie Min kaum sehen konnte, wusste sie, dass er Hemd und Hose ausgezogen hatte, bevor er unter die Decke kroch und dort in seinen Schlafanzug schlüpfte. Sie legte sich nicht neben ihn.
Stattdessen lehnte sie sich mit dem Rücken gegen die Wand, wartete ab und lauschte dem Geräusch seiner rauchgeschwängerten Atemzüge. Min verlangte nicht von ihr, sich zu ihm zu legen; als wäre er bereits erschöpft. Er sah aus, als wäre der wichtige Akt schon vollzogen, als müsste er sich davon erholen und den Moment genießen.
»Ich hab’s geschafft. Ich habe dich bekommen.«
»Und ich habe dich bekommen«, gab Soo-Ja betont lässig zurück.
Min lachte, als wäre sie eine Närrin . »Ja, genau das hast d u.«
Soo-Ja war noch immer verletzt, weil Min die Unwahrheit über die Anzahl seiner Geschwister gesagt hatte. »Hast du mich noch in anderen Dingen belogen?« Sie merkte, dass sie barsch klang, aber Min schien das gar nicht zu hören. Das Thema der Unterhaltung war jedenfalls merkwürdig für eine Hochzeitsnacht.
»Ich konnte nicht riskieren, dass du
Weitere Kostenlose Bücher