Was dein Herz verspricht
Magen drehte sich um. Gefängnis. Das Wort belastete ihn wie ein Fels, und Kälte kroch ihm durch die Knochen. Er hatte Wochen in einer kalten Zelle in Newgate verbracht, bevor man ihn in die Verbannung geschickt hatte. Jetzt mußte er wieder die klammen, gnadenlosen Wände dort ertragen. Und diesmal würde er vielleicht nicht wieder herauskommen.
Er mußte seinen ganzen Willen aufbringen, um in die Eingangshalle zurückzukehren, obwohl sein Instinkt ihm riet zu fliehen - so weit wie möglich aus London weg. Unter anderen Umständen hätte er es vielleicht versucht.
Elizabeth’ wundervolles Gesicht erschien vor seinem inneren Auge. Elizabeth, die lachte. Elizabeth, die ihn schlafend im Arm hielt, wobei ihre Finger zärtlich durch sein Haar strichen. Er hatte sich ein Leben mit ihr gewünscht, Kinder von ihr.
»Seid Ihr bereit, Mylord?«
Nicholas nickte stumm. Die Kutsche des Konstablers wartete draußen. Er lehnte sich in den rissigen Ledersitz und versuchte, nicht an die schwere Zeit zu denken, die ihn jetzt erwartete. Statt dessen konzentrierte er sich auf Elizabeth, auf die Erinnerung daran, wie sie damals in sein Schlafzimmer gekommen war, wie er Schutz in ihren Armen gesucht hatte, in ihrem Körper. Sie hatte sich ihm völlig hingegeben, und mit einer solchen bedingungslosen Süße, daß angesichts dieser Gedanken ein paar Stunden lang die Sorgen keinen Platz in seinem Herzen fanden.
Sie war alles, was er an einer Frau begehrte - Sinnlichkeit verbunden mit Unschuld, Nachgiebigkeit verbunden mit immenser Kraft.
Elizabeth! rief er schweigend nach ihr. Sie war momentan in Sicherheit ihres Stadthauses. Aber dort konnte sie nicht für ewig bleiben.
Ob Bascomb hinter dem Mord an Rachael steckte? Und wenn ja, wer seiner Vertrauten hatte Nick verraten? Falls es so war: Welche Gefahren lauerten dann jetzt auf Elizabeth?
Er dachte an Maggie, erinnerte sich an ihr zerschlagenes Gesicht, die zerrissenen Kleider von damals. Jetzt sah er Oliver an Stephens Stelle mit seinem wilden Zorn und blinden Besitzanspruch. Mein Gott, was würde ein Mann wie er mit einer Frau tun, von der er so besessen war?
Nicks Hände ballten sich unbewußt zu Fäusten. Die Angst um sich selbst verblaßte plötzlich angesichts der Furcht, die er um Elizabeth empfand.
Mit unsicherer Hand nahm Maggie das Glas Sherry entgegen, das Elizabeth ihr gab, und ließ sich aufs Sofa sinken. Sie war kurz zuvor in Tränen gebadet aus ihrer Kutsche gestiegen.
Sie nahm einen Schluck von dem Sherry in der Hoffnung,
daß er ihre überforderten Nerven etwas beruhigen würde. »Ich kann es immer noch nicht glauben.«
Elizabeth setzte sich auf die Kante eines Stuhls, das Gesicht weiß wie die Spitze an ihrem sonst blauen Kleid. »Wo... wo haben sie ihn hingebracht?« Ihre Stimme klang angespannt und die Worte dünn und schwach, als kämen sie aus weiter Ferne.
»Newgate, nehme ich an. Dort war er beim letztenmal auch.« Maggie nahm noch einen Schluck Sherry, bemüht, seine Wärme wie Medizin aufzunehmen, und wischte sich die Tränen von den Wangen. Weinen würde Nick auch nichts nützen. Aber was dann?
»Wann haben sie ihn abgeholt?«
»Heute früh. Er war noch nicht aufgestanden. Als ich mich angezogen hatte und hinuntergegangen war, war er schon fort.«
Elizabeth ging zum Fenster. »Wir müssen zu ihm gehen und nachsehen, ob es ihm gutgeht.«
Maggie schneuzte sich die Nase. »Sir Reginald wollte ihn dort treffen. Er wird dafür bezahlen, daß Nick eine Zelle im besseren Teil des Gefängnisses bekommt.«
Elizabeth sah sie an. Maggie bemerkte, wie leer ihr Blick wirkte, obwohl auch eine gewisse Entschlossenheit darin zu erkennen war. »Ich werde ihn besuchen. Und dann werde ich eine Möglichkeit finden zu beweisen, daß er unschuldig ist.«
»Wie denn? Was kannst du tun, was die anderen nicht schon getan haben?«
»Ich weiß nicht genau, aber irgend etwas wird es geben.«
Maggie schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, Elizabeth... ich fühle mich so nutzlos. Ich mache mir schreckliche Sorgen um ihn. Und der Tratsch... es war schrecklich. Ich weiß nicht... wie lange ich das noch aushalte.«
Elizabeth’ grüner Blick richtete sich scharf auf sie. »Du meinst doch wohl nicht, du willst wieder zurück ins Kloster?«
Maggie wandte den Blick ab. Andrew Suttons Bild erschien vor ihrem inneren Auge. Er verschwand immer mehr, wie er selbst aus ihrem Leben verschwunden war, und hinterließ ein scharfes Ziehen in ihrer Brust. »Ich weiß es nicht. Meine
Weitere Kostenlose Bücher