Was dein Herz verspricht
Salon, den er »das stille Zimmer« nannte, und schloß leise die Tür.
Elizabeth wartete und setzte sich dann auf seine Aufforderung hin, in einen dunkelgrünen Samtsessel. Nick plazierte sich ihr gegenüber.
Er holte tief Atem, um sich zu beruhigen. »Dies fällt mir nicht leicht, Elizabeth. Ich bin es nicht gewohnt, mich zu entschuldigen, aber so ungern ich es auch zugebe, diesmal sollte ich es tun.«
Sie hob den Kopf und wurde langsam rot. »Habt Ihr mich deshalb herkommen lassen?«
»Ja. Ich habe mich neulich abend danebenbenommen. Ich habe einen großen Fehler gemacht, und das tut mir leid. Meine einzige Entschuldigung ist, daß ich in jenem Moment solche Angst um Euch hatte. Ich habe mich über mich selbst geärgert, weil es zu dieser Gefahr gekommen ist und über Euch, weil Ihr Euch so einfach in Gefahr begeben habt.«
Sie sah in unverwandt an, aber ihre Hände waren verkrampft. »Es war schwer für uns beide. Ich hatte Angst, Ihr wart verärgert. Niemand war wirklich schuld.«
Nick schüttelte den Kopf. »Ich habe die Situation ausgenutzt. Was zwischen uns geschehen ist, hätte nicht Vorkommen dürfen. Ich bin Euer Vormund. Ich bin älter, und es ist ganz offensichtlich, daß ich -«
»Soviel älter seid Ihr auch wieder nicht, Mylord. Und wenn Ihr glaubt, ich sehe Euch als eine Art Vaterfigur, dann seid Ihr im Irrtum.«
Eine ganze Weile blieb er stumm und fragte sich unwillkürlich, als was ihn Elizabeth Woolcot wohl sehen mochte.
»Ihr seid mir genau im richtigen Augenblick zu Hilfe gekommen, habt Euch mutig eingesetzt, und ich möchte Euch dafür danken.«
»Mir danken? Ihr seid mir keinen Dank schuldig. Ich möchte nur, daß Ihr vergeßt, was zwischen uns geschehen ist.«
Sie sah nach unten auf die vielen Sommersprossen auf ihren schmalen Händen. »Noch nie hat mich jemand so geküßt«, flüsterte sie. »Ich glaube kaum, daß ich das je vergessen werde.«
Nick spürte plötzlich Hitze in seinem Nacken aufsteigen. Sie durchzog seine Glieder und machte sich tief unten in den Lenden breit. Er glaubte ebensowenig, daß er es vergessen würde. »Ich habe überall um den Garten und Park Wachen aufgestellt. Von jetzt an seid Ihr dort sicher und könnt Euch an den Vögeln erfreuen, ohne Angst haben zu müssen, daß jemand irgendwo hinter einem Busch hockt.«
Sie lächelte mit so offensichtlicher Freude, daß es ihm eng in der Brust wurde. »Vielen Dank, Mylord. Ich gebe zu, daß es mir sehr gefehlt hat.«
Nicholas nickte. »Das Gewächshaus war völlig verwildert. Ich bin Euch sehr dankbar für Eure Initiative. Wenn
Ihr irgend etwas braucht, laßt es mich wissen.« Er stand auf und sie ebenso, doch sie bewegte sich nicht weiter. Mit ihrem leicht verknautschten Kleid und dem schmutzigen Saum sah sie viel begehrenswerter aus als jede andere Frau, der er je begegnet war.
Er flüchtete in sein Arbeitszimmer direkt zu einer Karaffe Gin. Morgen würden ein paar seiner Freunde anreisen, die ihm versprochen hatten, etwas mitzubringen, was ihn »garantiert unterhalten« würde.
Er war noch nie dankbarer darüber gewesen als jetzt.
Elizabeth lag wach in ihrem Schlafzimmer und starrte zur Decke. Sie dachte an den Grafen und seine Entschuldigung am Nachmittag, die sie wirklich nicht erwartet hatte.
Doch andererseits nahm der Graf seine Pflichten sehr ernst, wie sie herausgefunden hatte, egal wie draufgängerisch und wüst er sonst sein mochte. Was sie dabei am meisten überraschte, war, daß ein Mann, der von einer Frau normalerweise nahm, was er wollte, sich wohl kaum entschuldigt hätte.
Und genaugenommen hatte sie die Entschuldigung nicht verdient. Nach den ersten Schrecksekunden hatte ihr der Kuß Spaß gemacht. Sosehr sie auch wußte, daß sie sich eigentlich schämen müßte - es war nicht so.
Er ist verheiratet, sagte die Stimme ihres Gewissens.
Er ist einsam, wandte sie ein. Er ist verlassen worden. Ein dummer Gedanke, das wußte sie, der nur dazu diente, ihr Schuldgefühl zu verringern. Aber sie glaubte es auch wirklich: Rachael Warring war keine Ehefrau. Der Graf von Ravenworth hatte keine Frau, nur einen Namen, der neben dem seinem im Kirchenregister eingetragen war. In den Augen Gottes war er allein.
Elizabeth fragte sich erneut, was er wohl für ein Mann geworden wäre, wenn er eine Frau gehabt hätte, die ihn
liebte, die an seiner Seite geblieben wäre, als er sie gebraucht hätte.
Und sie konnte nicht aufhören, an jenen Kuß zu denken.
Elizabeth knöpfte ihr Nachthemd auf, denn
Weitere Kostenlose Bücher