Was dein Herz verspricht
den Zorn in ihm hochkochen. Als er sie auf der Lichtung angebunden entdeckt hatte, hätte er die Männer zu Brei schlagen wollen. Vielleicht hatte ihn nur die Sorge um Elizabeth von blutrünstigeren Maßnahmen abgehalten.
Er glättete ihr Harr und spürte den ruhigen Rhythmus ihres Atems. Ihre Schultern lagen an seiner Brust, und ihr Hinterteil preßte sich an seine Lenden. So erschöpft er auch sein mochte, er begehrte sie trotzdem.
Er war hart vor Verlangen nach ihr, die Reibung an seiner Hose bewirkte ein ständiges lustvolles Ziehen. Er wußte, daß er sie nicht haben konnte, daß sie in weniger als zwei Wochen aus seinem Leben verschwunden sein würde.
Mein Gott, er würde sie vermissen.
Er hielt sie eng an sich gedrückt, genoß ihren Duft, die nachgiebige Weichheit ihres Körpers. Er konnte sie nicht haben. Elizabeth konnte niemals die Seine werden. Das Beste, was er tun konnte, war, sie gut zu verheiraten, so daß sie vor Oliver Hampton geschützt war.
Bei dem Gedanken versank er in Trostlosigkeit.
Elizabeth wurde wach, als sie Stimmen hört. Sie spürte Nicholas’ Hände um ihre Taille, er hob sie sanft vom Pferd, und ihre bloßen Füße berührten den gepflasterten Hof eines Wirtshauses.
Er gab die Zügel des Hengstes einem Stalljungen und trug ihm auf, ihn gut zu versorgen. Dann wandte er sich an sie. »Wir werden die Nacht hier verbringen. Nach ein paar Stunden Schlaf werden wir uns beide besser fühlen. Wenn wir früh aufbrechen, sind wir noch vor Einbruch der Dunkelheit in Ravenworth.«
Elizabeth nickte nur. Natürlich würde sie sich freuen, nach Hause zu kommen. Aber am liebsten würde sie einfach immer so weiterreiten. Sie wartete an der Tür, bis Nicholas die Zimmer besorgt hatte. Sie hatten nur einmal in einem Dorf haltgemacht, damit Nicholas die Polizei verständigen konnte, die die beiden Entführer festnehmen sollte.
Elizabeth zog die Steppdecke fester um ihre Schultern und drückte sich tiefer in die Schatten, in der Hoffnung, daß sie niemand sah. Sie hörte Stimmen aus dem Schankraum, Gelächter. Draußen hatte es wieder begonnen, leicht zu regnen, und die Luft war kühl geworden. Ihre Muskeln schmerzten, und sie war froh, daß sie die Nacht im Wirtshaus verbringen konnten, aber vor allem war sie froh, daß sie so noch mehr Zeit mit dem Grafen verbringen würde.
Es war dumm, das wußte sie. Doch in der Sekunde, als sie ihn auf die Lichtung treten sah, hatte sie gespürt, wie ihr Herz vor Freude schneller schlug. Die Vernunft verpuffte einfach im Nichts. Er war gekommen, um sie zu holen, sie hatte gewußt, daß er das tun würde, und dieses Wissen legte sich um sie wie die letzten goldenen Fäden des Netzes, das sie gefangenhielt.
Es war sinnlos, es zu leugnen - sie hatte sich in Nicholas Warring verliebt. Verzweifelt, sinnlos, aber bis über beide Ohren, und sie konnte nichts tun, um das zu ändern.
Sie dachte an ihre hoffnungslose Lage, und eine Erinnerung an ihre Mutter, die nun schon sechs Jahre tot war, tauchte in ihr auf. Elizabeth hatte ihr Haar und ihre Figur geerbt, doch das war die einzige Ähnlichkeit. Denn Elizabeth liebte das Leben und versuchte, aus jedem Tag das Beste zu machen, während Isabel nie glücklich gewesen war.
Ihre Ehe mit Henry Woolcot war arrangiert gewesen. Man hatte sie gezwungen, einen Mann zu heiraten, der zwanzig Jahre älter gewesen war als sie. Isabel hatte die Ehe gehaßt. Seit ihrem sechzehnten Lebensjahr hatte sie einen anderen Mann geliebt.
»Es gibt keinen anderen für mich«, hatte sie Elizabeth einmal erzählt. »Ich habe ihn immer geliebt und werde ihn ewig lieben.«
Elizabeth erinnerte sich noch genau an jenen Tag, ein warmer Sommernachmittag am Ufer eines kleinen Baches hinter ihrem Haus.
»Hör auf dein Herz«, hatte ihre Mutter gesagt und mit tränenerfülltem Blick ins Wasser gestarrt. »Heirate aus Liebe. Das Leben ist nicht lebenswert, wenn du es nicht mit dem Mann teilen kannst, den du liebst.«
Das traf wohl für Isabel genauso zu. Sie hatte sich eines kühlen Herbstmorgens selbst das Leben genommen, an dem Tag, als sie herausfand, daß ihr Geliebter, Captain Blackstone bei den fünften Dragonern, im Krieg auf dem Kontinent gefallen war.
Isabel war tot, und nur Elizabeth hatte sie betrauert. Ihr Vater, der sich verraten gefühlt hatte, war nicht lange danach als einsamer, verbitterter Mann gestorben.
Elizabeth seufzte und dachte daran, daß sie, sosehr sie auch dagegen angekämpft hatte, wohl dem Vorbild ihrer Mutter
Weitere Kostenlose Bücher