Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)
Deine Augen verraten dich. Was sie mir heute sagen, ist das genaue Gegenteil von dem, was deine Worte mir weismachen wollen.«
»Ich werde meine Meinung nicht ändern. In zwei Tagen reist du ab.«
»Du bist herzlos und stur. Vielleicht gibt es ja doch etwas, das du mehr liebst als alles andere: Saudi-Arabien. Dein Volk ist der Grund, warum du mich verlässt. Du weißt, dass deine Familie niemals einen König akzeptieren wird, der mit einer Frau aus dem Westen verheiratet ist – einer Ungläubigen!, denn nichts anderes bin ich für sie –, und du bist bereit, mich zu opfern, wenn du damit deine Herrschaft sichern kannst.«
»Sei still! Du weißt ja nicht, was du da sagst. Du bist ungerecht, und deine Worte verletzen mich zutiefst. Ja, ich schicke dich fort, und nur ich weiß, wie schwer mir das fällt. Ich will dir nicht weiter wehtun und irgendwie wiedergutmachen, was ich dir angetan habe. Ich weiß nicht, welcher Teufel mich an jenem Abend geritten hat, als ich beschloss, dich aus deiner Welt zu reißen und dich zu zwingen, in meiner zu leben. Wie kannst du glauben, dass du an der Seite eines Arabers leben könntest, mit völlig anderen Sitten und Gebräuchen, ohne die Freiheit, an die du gewöhnt bist? Denn nichts anderes bin ich, Francesca: ein Araber. Jetzt redest du so, aber der Tag wird kommen, an dem du mich hasst, und das könnte ich nicht ertragen. Es würde mich umbringen.«
Kamal ging und ließ sie mit einer Leere zurück, in der nur das Knirschen seiner Schritte auf dem Kies zu hören war. Er ging, sie hatte ihn verloren, sie hatte ihn nicht zurückhalten können. Francesca kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass es endgültig war. Zwischen ihnen war alles aus, und nichts würde Kamals Meinung ändern. Merkte er denn nicht, dass er sie mit diesem Entschluss umbrachte? Sie ließ sich auf die Bank sinken. Dort saß sie, den Blick in die Kronen der Palmen gerichtet, bis sich die Nacht über den Park senkte und ein Wachmann sie bat, ins Haus zu gehen. Mit müden Schritten ging sie auf ihr Zimmer, schloss die Tür hinter sich und blickte sich um, ohne zu wissen, was sie tun sollte. Die Perlenkette, die Kamal ihr an jenem fernen, glücklichen Abend geschenkt hatte, lag in ihrem Kästchen. Sie nahm sie in die Hand und betrachtete sie lange, während so viele schöne Erinnerungen auf sie einstürmten. Wütend zerrte sie an der Kette, bis sie zerriss und die Perlen über den Parkettboden rollten und sich im ganzen Zimmer verteilten.
»Perlen bringen Tränen!«, schluchzte sie.
Sara fand sie auf dem Boden kauernd, den Rücken an die Wand gelehnt. Sie sammelte die Perlen ein und half ihr, aufzustehen. Francesca ließ sich willenlos ausziehen und das Nachthemd überstreifen. Saras Dienstfertigkeit und ihre sanften Hände erinnerten sie an Zobeida und die Tage in der Oase von Scheich al-Kassib.
Francesca legte sich ins Bett, und Sara deckte sie zu. Sie dachte an ihre Mutter und wünschte, sie wäre bei ihr. Sie brauchte sie so sehr. Es wäre gut, nach Argentinien zurückzukehren. Nein, sagte sie sich dann, noch besser wäre es, die Augen zu schließen und nie mehr aufzuwachen.
***
Jacques Méchin wusste, dass er Kamal auf dem Anwesen in Dschidda finden würde. Kamal suchte immer dort Zuflucht, wenn er nachdenken wollte. Während er durch die Wüste zum Roten Meer fuhr, rief er sich das letzte Gespräch mit Kamal in Erinnerung.
»Ich werde sie verlassen, Jacques.«
»Warum? Liebst du sie nicht mehr?«
»Doch, das weißt du genau.«
»Warum dann?«
»Du hattest recht. An meiner Seite wäre sie in ständiger Lebensgefahr. Sie würde niemals glücklich werden, und ich hätte keine Ruhe mehr. Ich will Francesca nicht noch einmal in Gefahr bringen, auch wenn es ist, als risse man mir einen Arm ab. Außerdem ist bei dem, was die Zukunft für mich bereithält, kein Platz für Francesca.«
»Ehrlich gesagt bin ich mir gar nicht mehr sicher, ob es so klug ist, dich von dem Mädchen zu trennen, wie ich dir damals geraten habe. Die Rache macht dich blind. Der Verdacht, dass es Saud war, der das Komplott gegen Francesca geschmiedet hat, raubt dir schier den Verstand, und an die Stelle der Liebe, die du für sie empfindest, tritt der Hass auf deinen Bruder.«
»Du weißt genau, dass es nicht nur ein Verdacht ist. Saud und Tariki wollen mich loswerden. Sie haben ihr Spiel gespielt und versucht, mich auszuschalten. Jetzt bin ich an der Reihe, und du kannst dir sicher sein, dass ich den richtigen Spielzug machen
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