Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)
Fensterladen ließ sie zusammenzucken. Das musste Sofía sein, die sie oft zu einem Spaziergang durch den Park abholte, um dort die Ruhe zu suchen, die sie in der Villa nicht fand. Sie stieß die Läden auf, und das Lächeln gefror ihr auf den Lippen: Vor ihr stand Aldo und sah sie innig an. Sie machte Anstalten, das Fenster zu schließen, doch Aldo riss es wieder auf.
»Lass mich rein«, befahl er unwirsch.
»Dies ist Ihr Haus, Sie können reinkommen, wenn Sie wollen«, entgegnete Francesca. »Aber vorher gehe ich raus.«
»Francesca, bitte«, sagte Aldo, nun weniger herrisch. »Wir müssen reden.«
»Wir haben uns nichts mehr zu sagen, Señor. Die Sache zwischen Ihnen und mir ist zu Ende.«
»Verdammt, Francesca!«, fuhr Aldo auf und schlug mit der Faust gegen den Fensterladen. »Sei nicht so stolz. Lass mich es dir erklären. Ich komme jetzt rein«, kündigte er dann an und schwang sich aufs Fensterbrett, um ins Zimmer zu springen.
»Also gut«, gab Francesca nach. »Ich komme raus. Aber bitte bleib draußen.«
Francesca warf den Morgenmantel über und schlüpfte in die Pantoffeln. Dann stieg sie aufs Bett und von dort aufs Fensterbrett. Sie wies Aldos Hilfe zurück, der ihr die Arme entgegenstreckte, hielt den Morgenmantel und das Nachthemd fest und sprang. Unten auf dem Rasen angekommen, strich sie ihr Haar zurecht und zog den Gürtel des Morgenmantels fest.
»O Francesca, Liebling!«, sagte Aldo und drückte sie gegen die Hauswand.
Dann küsste er sie leidenschaftlich, ohne ihr Zeit zum Reagieren zu lassen. Seine Hände wanderten unter ihren Morgenmantel und fassten sie um die Taille. Francesca stöhnte vor Lust und gab sich seinem Kuss hin, als hätte es die düsteren Gedanken von vorhin nie gegeben. Sie hatte sich so nach Aldo gesehnt, nach seinen Lippen auf den ihren, nach den leidenschaftlichen Worten, die er ihr ins Ohr hauchte, nach seinen Liebesschwüren, dass sich die Enttäuschung und die Wut in Nichts auflösten.
Aldo sank vor ihr nieder, zog sie sanft zu sich ins Gras und beugte sich über sie. Wie in Trance folgte das Mädchen den Anweisungen, die Aldos Hände ihr gaben. Es war ein so schönes und berauschendes Gefühl, dass ihre Muskeln ihr nicht mehr gehorchten und sie wie Wachs in seinen Händen war. Francesca konnte nur denken: »Aldo liebt mich noch genauso wie in Arroyo Seco. Er liebt mich noch immer, obwohl er Dolores heiraten wird.«
Der Satz hallte wie ein Schrei in ihrem Kopf wider und riss sie jäh aus ihrer Verzückung, als hätte man ihr einen Eimer kaltes Wasser übergeschüttet. Sie begann verzweifelt nach Luft zu schnappen und sich zu winden, um sich von ihm loszumachen. Aldo jedoch bemerkte nichts von der Veränderung, die in Francesca vorging, und küsste und streichelte sie weiter, wie benommen von Leidenschaft, wie er sie noch für keine andere Frau empfunden hatte.
»Genug! Lass mich los! Genug!«, brüllte Francesca schließlich.
Aldo löste sich ein wenig von ihr und sah sie verstört an. Francesca nutzte die Gelegenheit, um ihn von sich wegzuschieben und aufzustehen.
»Wie hast du dir das vorgestellt?«, warf sie ihm vor, während sie ihre Blöße bedeckte. »Wolltest du mich hier im Garten nehmen wie ein billiges Flittchen?«
»Francesca, bitte …« Aldo versuchte sie am Arm festzuhalten, aber sie machte sich wütend los.
»Fass mich nicht an! Versuch das nie wieder! Du hast nicht mal das Recht, mich anzusehen. Das mit uns war an dem Tag vorbei, als ich erfahren habe, dass du Dolores heiraten wirst.«
»Ich liebe sie nicht. Ich bin verrückt nach dir, Francesca«, beteuerte er. »Ich will mit dir schlafen, um es dir zu beweisen. Hier und jetzt.«
Francesca schnaubte verächtlich und wandte sich ab. Bevor sie aufs Fensterbrett klettern konnte, fasste Aldo sie um die Taille und drehte sie zu sich um. Für einen Moment verrauchte ihre Wut, als sie in seine himmelblauen Augen blickte und sah, dass er nicht log. Er liebte sie wirklich. Er wirkte traurig und verzweifelt.
»Aldo«, sagte sie sanft, »mach es nicht noch schwerer. Lass mich in mein Zimmer zurück. Du wirst eine andere heiraten und nicht mich.«
»Aber ich liebe dich, Francesca. Ich liebe dich wie von Sinnen!« Er umfasste ihren Nacken und küsste sie erneut.
Francesca ließ ihn gewähren und leistete keinen Widerstand, aber sie blieb reglos und kalt. Aldo ließ sie los und sah sie fragend an.
»Was ist? Liebst du mich denn nicht?«
»Ich habe unsere Beziehung nicht beendet, Aldo«, erklärte
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