Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)

Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)

Titel: Was deine Augen sagen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florencia Bonelli
Vom Netzwerk:
auf der Rückfahrt von einer Tagung in Monaco einen Autounfall gehabt. Er selbst hatte sich lediglich den Arm gebrochen, aber seine Sekretärin war tödlich verunglückt. Das Konsulat brauchte sofort Ersatz.
    »Wahrscheinlich überrascht dich dieser plötzliche Vorschlag«, sagte Fredo. »Schließlich war es mein Plan, dass du bei mir in der Zeitung arbeitest.«
    »Du weißt, was zwischen Aldo und mir war«, stellte Francesca fest und sah ihn an. »Das Angebot hat damit zu tun, oder?«
    »Ich will nicht, dass du leidest«, erklärte Alfredo.
    »Deshalb nehme ich es an.«
    Für Francesca war das Stellenangebot in Genf eine Möglichkeit, ihrem Kummer ein Ende zu machen. Sie hatte sich oft gefragt, wie es sein würde, wenn Aldo und Dolores aus Rio de Janeiro zurückkamen. Sie würde schwach werden, das wusste sie. Nicht lange, und sie würde sich ihm hingeben. Sie begehrte ihn so sehr, dass sie bei der ersten Berührung seiner Hände, der ersten Umarmung in seinem Bett landen würde. Und dann? Was für eine Zukunft erwartete sie? Mit Sicherheit eine nicht viel bessere als die von Rosalía. Wenn Aldo nicht den Mut gehabt hatte, sich seiner Mutter und der Gesellschaft entgegenzustellen und auf ein Leben im Luxus zu verzichten, weshalb sollte er den Mut haben, sich scheiden zu lassen?
    Sie wollte sich nicht von den Menschen trennen, die sie liebte, aber sie musste es tun. Sie würde es nicht ertragen, dass sie sich für sie schämten. Letztlich sah sie ihren Umzug nach Genf als verdiente Verbannung dafür an, dass sie ein Auge auf jemanden geworfen hatte, der so viel höher stand als sie.
    Obwohl Antoninas Augen feucht glänzten und ihre Stimme versagte, nahm sie die Abreise ihrer Tochter gefasst und sogar erleichtert auf. Bevor ihr kleines Mädchen die Gespielin dieses feigen Nichtsnutzes wurde, hatte sie in Erwägung gezogen, gemeinsam mit Francesca das Haus der Martínez Olazábals zu verlassen. Doch in ihrem Alter und mit ihren bescheidenen Ersparnissen raubte ihr eine Entscheidung von solcher Tragweite den Schlaf.
    Sofía hingegen brach in bittere Tränen aus. Sie schloss sich in ihrem Zimmer ein und kam weder zum Mittagessen noch zum Abendessen heraus. Francesca gab es irgendwann auf, durch die Tür hindurch mit ihr zu reden, und entschied sich, bis zum nächsten Tag zu warten. Als Esteban am Abend nach seiner Jüngsten fragte, erfuhr er von dem Grund ihres Kummers. Angesichts der gebieterischen Stimme ihres Vaters schob das Mädchen den Riegel zurück und ließ ihn herein. Eine halbe Stunde lang redete Esteban auf sie ein, wobei er sich hütete, Aldos Namen zu erwähnen. Die unglaubliche Chance, die das Leben »der armen Francesca« bot, erwies sich als sein bestes Argument. Einem aufgeweckteren, reiferen Mädchen wäre es verdächtig vorgekommen, dass sich der Hausherr so sehr um das Schicksal der Tochter der Köchin sorgte. Doch Sofía kam dieser Gedanke nicht. Getröstet von dem Versprechen, dass sie schon bald nach Genf reisen könne, um Francesca zu besuchen, kam sie zum Essen nach unten.
    Die Tage vergingen, und je näher der Abschied rückte, desto länger wurde die Liste von Francescas Sorgen. Am meisten bedrückte sie, dass ihre Mutter alleine zurückblieb. Sicherlich, sie hatte viele Freunde, die sie schätzten, aber es fehlte ein Mann, der sie beschützte. Als sie Alfredo bat, sich um ihre Mutter zu kümmern, bemerkte sie einen seltsamen Glanz in seinen Augen und einen unbekannten Zug um seine Lippen.
    »Das hätte ich auch getan, wenn du mich nicht darum gebeten hättest«, versicherte er.
    In dem ganzen Treiben hatte sie gar nicht an Cívico, Jacinta und Rex gedacht. Vielleicht würde sie sie nie wiedersehen. Voller Bitterkeit dachte sie an ihre Gedanken zu Beginn des Sommers zurück, die sich als prophetisch erweisen sollten: »Ich werde diesen Ort immer lieben, wie viele Jahre auch vergehen mögen. Selbst wenn ich ihn nie wiedersehen sollte.« Es erschien ihr unglaublich, dass sie in so kurzer Zeit sowohl die Liebe als auch die Enttäuschung kennengelernt hatte. Ihr Leben war völlig auf den Kopf gestellt worden, und nun musste sie das Haus verlassen, das sie als ihr Zuhause empfand.

6. Kapitel
    Francesca landete Mitte April in Paris und reiste von dort mit dem Zug weiter nach Genf. Die wunderbare, von den Alpen umrahmte Landschaft, die sattgrünen Weiden und die Blumenwiesen am Fuß der Berge brachten für Momente ihr auf Hochtouren arbeitendes Gehirn zum Schweigen. Kurz lenkte sie die Schönheit

Weitere Kostenlose Bücher