Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)
erklären, warum. Ein solches Schicksal hat sie nicht verdient. Es würde mir wehtun, wenn aus Francesca eine zweite Rosalía würde.«
»Francesca würde sich ohnehin nicht darauf einlassen.«
»Da wäre ich mir nicht so sicher.«
»Was erlaubst du dir!«, fuhr Alfredo ihn an. »Francesca ist ein anständiges junges Mädchen mit Prinzipien.«
»Das glaube ich gern, aber sie ist auch verliebt. Und gegen die Liebe, mein Freund, kommen keine Prinzipien an.«
Alfredos Schweigen war eine stumme Zustimmung. Er kannte die Liebe.
»Weshalb hat Aldo Francesca verlassen?«, wollte er wissen.
»Die Hochzeit von Aldo und Dolores wurde in Arroyo Seco beschlossen, während ich in der Stadt war. Ich will ihn nicht verteidigen, aber ich weiß, dass mein Sohn Dolores auf Druck meiner Frau und von Dolores’ Mutter Carmen geheiratet hat.«
»Ach, komm mir nicht damit!«, ereiferte sich Alfredo. »Dein Sohn ist alt genug, um selbst über sein Leben zu bestimmen. Das Mittelalter ist schon lange vorbei, mein Freund.«
Esteban sah seinen Freund resigniert an. Er mochte versuchen, seinen Sohn zu verteidigen, aber fest stand, dass Aldo sich wie ein Feigling verhalten hatte.
»Vielleicht hat Dolores gespürt, dass Aldo die Beziehung zu ihr beenden wollte, und hat deshalb ihrer Mutter gebeichtet, dass sie miteinander geschlafen haben. Celia und Carmen gaben nicht eher Ruhe, bis Aldo einen Termin festsetzte. Im Grunde ist das alles nur passiert, um Dolores’ Ehre zu retten.«
»Wenn du findest, dass die falsch verstandene Ehre eines scheinheiligen jungen Fräuleins mehr wert ist als das Glück deines Sohnes, dann nur zu. Dein Sohn und wessen Ehre auch immer interessieren mich einen feuchten Dreck. Ich will nur meine Francesca vor weiterem Kummer bewahren.«
»Genau deshalb bin ich hier.«
»Ich höre«, sagte Fredo.
»Ich glaube, es ist das Beste, wenn Francesca aus Córdoba fortgeht. Warte, lass mich ausreden. Ich kenne meinen Sohn. Aldo wird sie nicht in Ruhe lassen, das versichere ich dir. Heute Nacht habe ich über eine Lösung nachgedacht, und da ist mir eingefallen, dass du gute Verbindungen zum Außenministerium hast.«
»Der Minister und ich sind gute Freunde«, bestätigte Fredo, der ahnte, was Martínez Olazábal vorschlagen wollte.
»Francesca ist ein gebildetes Mädchen, sie spricht perfekt Französisch und Italienisch …«
»Und Englisch«, ergänzte Fredo.
»Das wusste ich nicht«, sagte Esteban überrascht. »Umso mehr glaube ich, dass sie ohne Probleme in jeder argentinischen Botschaft arbeiten könnte.«
»Francesca ins Ausland schicken? Ich soll mich von ihr trennen, wegen eines Muttersöhnchens, das keinen Mumm in den Knochen hat?« Allerdings waren Martínez Olazábals Befürchtungen nicht von der Hand zu weisen. Er kannte das leidenschaftliche Naturell seiner Patentochter und musste zugeben, dass es nicht so abwegig war, dass sie die Geliebte des jungen Martínez Olazábal wurde. Andererseits würde ihr Leben zur Hölle werden, wenn sie gegen ihre eigenen Gefühle ankämpfen und sich Aldos Drängen erwehren musste.
»Ich werde meinerseits alle Kontakte spielen lassen, um Francesca einen Posten in einer Botschaft oder einem Konsulat zu besorgen«, fuhr Esteban fort. »Aber deine Freundschaft mit dem Minister ist die beste Karte, auf die wir setzen können.«
»Lass mich darüber nachdenken«, bat Fredo und stand auf, um Esteban hinauszubegleiten.
»Wir haben nicht viel Zeit«, erklärte Esteban, als er in der Tür stand. »Dolores und Aldo reisen heute Nachmittag nach Rio de Janeiro, wo sie einen Monat bleiben wollten. Aber so wie die Dinge stehen, denke ich, dass sie wesentlich früher zurück sein werden.«
Als Esteban, erschöpft von der Unterhaltung mit Alfredo, nach Hause kam, traf er Celia in seinem Arbeitszimmer an, die über einige Schriftstücke gebeugt war.
»Was machst du da?«, fragte er unwirsch. Er mochte es nicht, wenn man seinen Schreibtisch benutzte.
Celia sah auf und zögerte. Dann sagte sie: »Ich mache die Lohnabrechnung für Antonina.«
Esteban nahm den Hut ab, hängte ihn an den Haken und trat mit gerunzelter Stirn an den Schreibtisch.
»Welche Lohnabrechnung? Hast du sie nicht zusammen mit dem übrigen Personal bezahlt?«
»Die Abfindung meine ich«, erklärte Celia und beobachtete die Reaktion ihres Mannes. »Ich möchte, dass sie und ihre Tochter noch heute dieses Haus verlassen«, setzte sie dann hinzu.
Esteban sah sie ruhig an, ohne irgendeine Regung zu zeigen. In
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