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Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)

Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)

Titel: Was deine Augen sagen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florencia Bonelli
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Mischung aus Angst vor dem Unbekannten und erwartungsvoller Neugier, die ihr ein Kribbeln in der Magengegend verursachte. »Wie bin ich bloß in Arabien gelandet?«, fragte sie sich und wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Als sie sich umschaute, fiel es ihr schwer, zu glauben, dass die Araber in früheren Zeiten eine Hochkultur gewesen sein sollten. Von dem alten Glanz war nicht viel übrig geblieben.
    Sie nahm den Koffer und folgte den übrigen Passagieren, denn es gab keine Hinweisschilder. Vor ihr tauchte eine große Halle auf, und die Menge zerstreute sich langsam und schweigend. Sie blieb allein zurück und wartete.
    »Mademoiselle de Gecco?«
    Die sanfte Stimme kam von hinten. Sie drehte sich um und sah sich einem dunklen Augenpaar gegenüber, das sie von oben bis unten musterte. Sie hatte ihre Kleidung sorgfältig ausgewählt, doch das schien diesem Mann nicht zu genügen, der ein weißes Baumwollgewand trug und auf dem Kopf ein Tuch im gleichen Farbton, das von einer breiten Kordel gehalten wurde. Sein Gesicht war schmal und dunkel. Es fiel Francesca schwer, sein Alter zu schätzen, aber sie vermutete, dass er um die vierzig sein musste.
    »Ja, ich bin Francesca de Gecco«, bestätigte sie und streckte ihm die Hand entgegen.
    Der Araber hingegen führte die seine zum Herzen, an die Lippen und an die Stirn, dann streckte er sie aus und machte eine leichte Verbeugung. Francesca erinnerte sich an das, was sie gelesen hatte: Es war die traditionelle Begrüßung der Beduinen, die nach wie vor einen Großteil der Bevölkerung der Arabischen Halbinsel ausmachten – Männer ohne Staatsoberhaupt und Regierung, Söhne der Wüste, die Allah und seinen Propheten Mohammed fürchteten und nur die Autorität der Stammesführer und die Gesetze der Wüste anerkannten, deren Unbarmherzigkeit ihre Wege bestimmte und sie zu rastloser Wanderschaft im Wandel der Jahreszeiten zwang. Auch im 20. Jahrhundert noch prägten sie mit ihren Karawanen die unveränderliche Landschaft.
    »Ich bedaure, dass Ihr Flug sich verspätet hat«, sagte der Mann in untadeligem Französisch, jedoch mit starkem Akzent. »Sie müssen müde sein. Mein Name ist Malik bin Kalem Mubarak. Ich bin von nun an Ihr Fahrer und stehe zu Ihrer persönlichen Verfügung.« Er nahm Francescas Gepäck und setzte hinzu: »Wir müssen noch durch die Abfertigung. Dauert nur ein paar Minuten.«
    In dem Büro unterhielten sich drei Männer in khakifarbenen Hemden und Hosen sowie der unvermeidlichen Kopfbedeckung angeregt auf Arabisch. Als sie Francesca bemerkten, verstummten sie augenblicklich. Malik ergriff das Wort, und einer der Araber antwortete ihm unwirsch. Sie diskutierten, und Francesca befürchtete, dass es Probleme mit ihrem Visum gab.
    »Sie wollen Ihr Gepäck überprüfen, Mademoiselle«, erklärte Malik. »Ich kann ihnen nicht begreiflich machen, dass Sie der Botschaft angehören. Sie stehen noch nicht auf der Personalliste. Es ist nur eine Routineuntersuchung.«
    Francesca stellte die Handtasche auf den Tisch, und Malik tat das Gleiche mit dem Koffer. Zwei Beamte begannen, die Taschen zu durchsuchen; der, der wie der Vorgesetzte aussah, vertiefte sich in ihren Pass. Die Männer durchwühlten ihre Wäsche, untersuchten die Parfüms, Cremes und die anderen Kosmetika. Francesca musste sich beherrschen, um ruhig zu bleiben und nicht an ihrem ersten Tag in Saudi-Arabien eine Szene zu machen. Schließlich nahm einer der Männer den Bildband über klassische Malerei aus dem Koffer, der ein Abschiedsgeschenk von Marina war, blätterte ihn flüchtig durch und wandte sich dann streng an Malik.
    »Mademoiselle de Gecco«, erklärte Malik, »Sie können nicht mit diesem Buch in die Stadt. Der Koran erlaubt keine figürlichen Darstellungen.«
    Das geht ja gut los, dachte Francesca sarkastisch und ballte die Fäuste, um dem Kerl das Buch nicht aus den Händen zu reißen.
    »Ist das unbedingt nötig?«, fragte sie dann unwillig.
    »Der Koran verbietet es«, insistierte Malik.
    Schließlich gab sie nach und sah, wie ihr schönes Buch in den Tiefen einer Schublade verschwand. Die Zöllner gaben ihr ihre durchwühlte Habe zurück, und Malik deutete zum Ausgang, ohne sie dabei anzusehen.
    Auf der Fahrt zur Botschaft saß Francesca bequem im Fond des Mercedes-Benz und konzentrierte sich auf die Umgebung. In Riad war tatsächlich die Zeit stehengeblieben. Ein Labyrinth aus engen, zumeist geschotterten oder grob gepflasterten Straßen führte an schmucklosen, alten,

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