Was der Hund sah
jedoch immer davon aus, der Grund für dieses Versagen sei Panik. Was sagen wir Studenten und Sportlern, die hinter ihren Leistungen zurückbleiben? Dasselbe wie Flugschülern und Tauchern: übt, strengt euch an, nehmt die Leistungstests ernster. Doch Steele erläutert, wenn man sich ansehe, wie sich Schwarze und Frauen angesichts der Vorurteilsdrohung verhielten, dann habe das nichts mit panischem Raten zu tun. »Sie sind vorsichtig und zweifeln an sich«, erklärt er. »In Situationen, in denen sie von einem Vorurteil bedroht werden, sagen sie sich: ›Mach lieber langsam und vermassel dir nichts.‹ Damit beruhigen sie sich und bearbeiten den Test. Aber damit hat man bei diesen Standardtests keinen Erfolg. Man verliert die nötige Intuition und Geschwindigkeit. Sie meinen, dass sie gut waren und ihr Bestes gegeben haben, aber das stimmt nicht.« In diesem Fall handelt es sich um eine Blockade, nicht um Panik. Garcias Sportler und Steeles Studenten verhalten sich wie Novotna nicht wie Kennedy. Sie versagen, weil sie gut sind: Nur wer gute Leistungen bringen will, spürt das drohende Vorurteil. Das übliche Rezept gegen das Versagen - tu mehr und nimm den Test ernst - verschlimmert das Problem nur.
Diese Lektion ist vermutlich schwer zu schlucken. Noch schwieriger zu verstehen ist die Tatsache, dass die Blockade weniger mit der Person zu tun hat, die versagt, als mit der Umgebung, in der sie versagt. Novotna konnte nichts tun, um in ihrem Spiel gegen Graf die Katastrophe zu verhindern. Im entscheidenden Moment im dritten Satz hätte sie sich nur retten können, wenn die Fernsehkameras abgeschaltet worden, der Duke und die Duchesse nach Hause gegangen und die Zuschauerränge geräumt worden wären. Das ist im Sport natürlich unmöglich. Blockaden sind Teil des sportlichen Wettstreits, denn die Zuschauer müssen dabei sein, und echte Champions zeichnen sich dadurch aus, dass sie dem Druck durch das Publikum standhalten. Doch das ist kein in Stein gemeißeltes Gesetz, das für sämtliche Lebensbereiche gilt. Wir müssen verstehen, dass schlechte Leistungen manchmal eben nicht mit den Fähigkeiten der Getesteten, sondern mit der Hautfarbe der Zuschauer zusammenhängen, und dass schlechte Testergebnisse manchmal nicht auf schlechte, sondern auf gute Schüler schließen lassen.
5.
In den ersten drei Runden des Masters Turniers des Jahres 1996 hatte Greg Norman einen scheinbar uneinholbaren Vorsprung gegenüber dem Zweitplatzierten Nick Faldo herausgespielt. Norman war der beste Golfspieler der Welt. Sein Spitzname war »the Shark«, der Hai. Der breitschultrige Blonde schlenderte nicht, sondern eilte zielstrebig und mit großen Schritten über den Fairway, sodass sein Caddy Mühe hatte, nachzukommen. Doch dann kam das neunte Loch am letzten Tag des Turniers. Norman trat direkt gegen Faldo an, und beide hatten sich bis dahin gut geschlagen. Sie standen vor einem steilen Abhang. Wenn der Ball zu kurz geschlagen wurde, blieb er am Hügel hängen und rollte ins Nichts. Faldo schlug zuerst. Sein Ball landete sicher auf dem Grün, in einiger Entfernung zum Loch.
Dann kam Norman an die Reihe. Er stand über den Ball gebeugt. »Er darf jetzt nur keinen kurzen Ball schlagen«, verkündete der Sprecher, als wäre das nicht offensichtlich gewesen. Norman schlug und blieb wie angewurzelt stehen. Den Schläger noch in der Luft, blickte er dem Ball hinterher. Er war zu kurz. Mit starrem Blick sah Norman zu, wie sein Ball dreißig Meter den Hügel hinunterrollte. In diesem Moment zerbrach irgendetwas in ihm.
Am zehnten Loch schlug er den Ball zu weit nach links, den dritten Schlag setzte er weit neben das Loch und benötigte zwei weitere, um zu putten. Am elften musste er aus einem Meter Entfernung einlochen, wie er es schon die ganze Woche über gemacht hatte. Er schüttelte die Arme und Beine aus, nahm den Schläger in beide Hände und versuchte, sich zu entspannen. Der Schlag ging daneben, zum dritten Bogey in Folge. Am zwölften Loch schlug Norman den Ball ins Wasser. Am dreizehnten setzte er ihn in einen Haufen Tannennadeln. Am sechzehnten bewegte er sich derart mechanisch und ungelenk, dass sich beim Schlag die Hüfte vor dem Körper drehte und der Ball ein zweites Mal im Teich landete. Norman nahm seinen Schläger und säbelte frustriert über den Rasen. Was sich in den vergangenen zwanzig Minuten abgezeichnet hatte, war nun amtlich: Er hatte die größte Chance seines Lebens versiebt.
Am Morgen hatte Faldo noch sechs
Weitere Kostenlose Bücher