Was der Hund sah
Schläge zurückgelegen. Als die beiden durch das Publikum zum achtzehnten Loch gingen, lag Faldo mit vier Schlägen vorn. Doch er ging ruhig, nickte nur ein wenig nach rechts und links und sah zu Boden. Er wusste, was passiert war. Und er wusste, dass das, was er geschafft hatte, kein richtiger Sieg war, und das, was Norman erlitten hatte, keine richtige Niederlage.
Nachdem alles vorbei war, schloss Faldo Norman in die Arme. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll - ich will Sie einfach umarmen«, flüsterte er ihm zu. Und dann sagte er das einzige, was man nach einer Blockade sagen kann: »Es ist schrecklich. Es tut mir so leid.« Und dann weinten die beiden Männer.
21. und 28. August 2000
Blow-up
Wer ist Schuld an der Challenger-Katastrophe? Niemand. Wir sollten uns an solche Unglücke gewöhnen
1.
Das Technologiezeitalter hat sein eigenes Katastrophenritual. Nach jedem Flugzeugabsturz, nach jeder Explosion in einer Chemiefabrik wird jedes Wrackteil - ob verbeultes Metall oder geborstener Beton - zu einer Art Fetischobjekt, das akribisch gesucht, markiert, nummeriert und analysiert wird. Die Ergebnisse werden schließlich einem Untersuchungsausschuss vorgelegt, der forscht, befragt und nüchtern seine Schlussfolgerungen zieht. Das Ritual dient in erster Linie der Beruhigung, denn es versichert uns, dass wir aus einem Unfall lernen können, um weitere zu vermeiden. Wie gut es funktioniert, beweist die Tatsache, dass die Vereinigten Staaten nach dem Reaktorunfall von Harrisburg nicht ihr gesamtes Kernenergieprogramm eingestellt haben, und dass sie nicht nach jedem Flugzeugabsturz die gesamte Luftfahrt abschaffen wollen. Doch nach keinem Unglück wurde dieses Ritual derart dramatisch zelebriert wie nach dem Absturz der Raumfähre Challenger, die am 28. Januar 1986 über Südflorida explodierte.
Nur 55 Minuten nach der Explosion, die letzten Trümmerteile waren kaum im Meer versunken, trafen die ersten Rettungsschiffe am Unglücksort ein. Sie blieben drei Monate und durchkämmten im Rahmen der größten maritimen Rettungsaktion der Geschichte eine Fläche von einer halben Million Quadratkilometer nach schwimmenden Wrackteilen, während der Meeresboden um die Absturzstelle von U-Booten abgesucht wurde. Mitte April 1986 fand das Rettungsteam einige rußgeschwärzte Metalltrümmer, die bestätigten, was bis dahin nur vermutet wurde: Ursache der Explosion war eine fehlerhafte Dichtung an einer der Antriebsraketen der Raumfähre, durch die Flammen ausgetreten und den äußeren Brennstofftank zur Explosion gebracht hatten.
Gewappnet mit dieser Erkenntnis kam im Juni eine Untersuchungskommission zu dem Schluss, die fehlerhafte Dichtung sei ein Beleg für die schlampige Arbeit und das fahrlässige Management der NASA und deren Zulieferer Morton Thiokol. Derart gerüffelt kehrten die Ingenieure der NASA an ihre Zeichentische zurück und präsentierte 32 Monate später eine neue Raumfähre, die Discovery, die unter Einbeziehung sämtlicher Lektionen aus dem Unfall vollkommen umgestaltet worden war. Vor dem Start des ersten Spaceshuttles nach der Challenger hielt ganz Amerika den Atem an, und die Mannschaft der Discovery legte eine Gedenkminute ein. »Liebe Freunde«, wandte sich Frederick H. Hauck, der Kommandant der neuen Mission, an die sieben getöteten Astronauten der Challenger, »euer Verlust gibt uns die Möglichkeit, voller Zuversicht neu zu beginnen.« Damit war das Ritual abgeschlossen. Die NASA war wieder da.
Aber was wäre, wenn die Annahmen, die diesem Ritual zugrunde liegen, falsch wären? Wenn diese öffentliche Leichenschau uns nicht hilft, künftige Unfälle zu vermeiden? Seit einigen Jahren vertreten immer mehr Wissenschaftler die beunruhigende These, dass es sich bei den Ritualen nach Flugzeugabstürzen oder Reaktorunfällen um nichts als Selbstbetrug und Selbstberuhigung handelt. Nach Ansicht dieser Querdenker haben die Katastrophen der Hochtechnologie keine eindeutigen Ursachen mehr. Sie sind vielmehr in den komplexen technologischen Systemen, die wir geschaffen haben, von vorneherein angelegt.
Mit dem Buch The Challenger Launch Decision der Soziologin Diane Vaughan, der ersten umfassenden Analyse der Ereignisse vor dem und am 28. Januar 1986, hat diese Skepsis nun auch das Challenger-Unglück erreicht. Nach der herkömmlichen Lesart war die Explosion des Shuttles eine Abweichung von der Norm und wurde durch die Nachlässigkeit der NASA-Mitarbeiter verschuldet. Doch Vaughan kommt zu dem gegenteiligen
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