Was der Hund sah
sie gestillt hat. Zwei Perioden. Schwanger. Fehlgeburt, dann ein paar Perioden, und wieder schwanger. Diese Frau hatte im ganzen Untersuchungszeitraum drei Perioden.« Auf den Listen waren nicht viele X eingetragen. Die meisten Kästchen waren leer. Sie blätterte zurück zu den beiden unfruchtbaren Frauen, die jeden Monat ihre Regelblutung hatten. »Wenn ich die Studentinnen hier an der Universität untersucht hätte, dann würden alle Reihen so aussehen.«
Strassmann würde nicht so weit gehen zu behaupten, dass ihre Zahlen auf jede vorindustrielle Gesellschaft zutreffen. Doch sie glaubt - und andere anthropologische Untersuchungen bestätigen sie -, dass die Anzahl der Menstruationsblutung, die eine Frau im Laufe ihres Lebens hat, weniger durch Unterschiede der Ernährung, des Klimas oder der Kultur (etwa Sammler oder Bauern) beeinflusst wird. Wichtiger ist die Frage des Stillens oder der Unfruchtbarkeit. Doch sie glaubt, dass eine späte Menarche, zahlreiche Schwangerschaften und lange, menstruationsfreie Zeiten durch intensives Stillen allgemein verbreitet waren, ehe es vor etwa hundert Jahren zu einem demografischen Wandel von hoher zu niedriger Fruchtbarkeit kam. Mit anderen Worten, was wir heute für normal halten - also häufige Menstruation -, ist aus evolutionärer Sicht unnormal. »Es ist schade, dass Gynäkologen meinen, Frauen müssten jeden Monat ihre Blutungen haben«, fährt Strassmann fort. »Sie verstehen die wirkliche Biologie der Menstruation nicht.«
Für Strassmann und andere Evolutionsmediziner ist dieser Anstieg von hundert auf vierhundert Regelblutungen von großer Bedeutung. Das heißt nämlich, dass die Körper von Frauen erheblichen Veränderungen und Belastungen ausgesetzt sind, für die sie von der Evolution nicht geschaffen wurden. In ihrem ebenso genialen wie provokanten Buch mit dem Titel Is Menstruation Obsolete? (Ist die Menstruation überholt?) behaupten Elsimar Coutinho und Sheldon S. Segal, zwei der international führenden Forscherinnen auf dem Gebiet der Verhütung, dieser Wandel hin zu »unablässiger Ovulation« stelle ein ernsthaftes Problem für die Gesundheit der Frauen dar. Was nicht bedeutet, dass Frauen umso weniger gefährdet sind, je weniger Regelblutungen sie haben. Vor allem Frauen mit bestimmten Krankheiten sollten eher besorgt sein, wenn sie nicht menstruieren: Bei stark übergewichtigen Frauen könnte das Ausbleiben der Regel auch ein Hinweis auf ein erhöhtes Risiko eines Eierstockkrebses sein. Bei Leistungssportlerinnen kann es auf ein erhöhtes Osteoporoserisiko hindeuten. Doch in den meisten Fällen hat die unablässige Ovulation nach Ansicht von Couthinho und Segal nur einen Effekt, nämlich die Häufigkeit von Unterleibschmerzen, Migränen, Endometriose, Gebärmutterkrebs und Anämie zu erhöhen; letzteres sei »eines der gravierendsten Gesundheitsprobleme der Welt«.
Die größte Bedrohung geht vom erhöhten Krebsrisiko aus. Krebs entsteht, weil sich bei der Zellteilung und -vermehrung gelegentlich Fehler ergeben, die den Schutzmechanismus gegen unkontrolliertes Wachstum beschädigen. Das ist einer der Gründe, weshalb unser Krebsrisiko mit zunehmendem Alter steigt: Unsere Zellen haben mehr Zeit, Fehler zu machen. Das heißt jedoch auch, dass jede Veränderung, die eine vermehrte Zellteilung zur Folge hat, potenziell das Krebsrisiko erhöht, und Ovulation scheint eine solche Veränderung zu sein. Beim Eisprung bricht die Eizelle buchstäblich durch die Wand des Eierstocks. Um die Verletzung zu heilen, müssen sich die Zellen in der Wand des Eierstocks teilen und vermehren. Mit jeder Schwangerschaft nimmt die Wahrscheinlichkeit um 10 Prozent ab, dass eine Frau an Eierstockkrebs erkrankt. Einer der Gründe könnte sein, dass sie während der neunmonatigen Schwangerschaft und der Stillzeit zwölf Monate lang keinen Eisprung hat und ihre Eierstöcke vor einem neuen Schub der Zellteilung verschont bleiben. Ähnliches trifft auf den Gebärmutterkrebs zu. Bei der Menstruation stimuliert das zusätzliche Östrogen in der Gebärmutter das Wachstum der Schleimhäute und verursacht einen Schub möglicherweise gefährlicher Zellteilungen. Frauen, die weniger häufig menstruieren, haben daher ein geringeres Risiko. Eine Krebserkrankung der Eierstöcke oder der Gebärmutterschleimhaut sind typisch moderne Krankheiten und das Ergebnis eines Jahrhunderts, in dem Frauen vierhundertmal im Leben menstruieren.
In diesem Sinne hat die Pille eine natürliche Wirkung. Weil
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