Was der Nachtwind verspricht
wurde, aber als sie sich umdrehte, sah sie Christopher, der mit offenen Armen auf sie zuging. Sein Gesichtsausdruck ließ erkennen, wie sehr er sich freute. Er hatte sich in all den Jahren kaum verändert, obwohl er jetzt fünfunddreißig Jahre alt sein muss te. Er sah vielleicht sogar noch etwas besser als in ihrer Erinnerung aus, war etwas fülliger im Gesicht und am Körper, was ihm gut stand. Damals war er viel zu schlank gewesen. Mit seinem braunen Haar, den dunklen Augen und seinem schwarzen Abendanzug sah er so vornehm aus, wie sie ihn in Erinnerung hatte. Aber seine Einsachtzig kamen ihr jetzt gar nicht mehr so groß vor, und ...
Er umarmte sie, viel zu fest. Und bevor sie wieder Luft holen konnte, küsste er sie. Plötzlich wollte sie nur noch weg von ihm. Was stimmte nicht mit ihr? Dieser Mann war Christopher, der Mann, den sie liebte. Er war offensichtlich ganz überwältigt von ihrem plötzlichen Erscheinen, also lief doch alles bestens. Warum freute sie sich dann nicht darüber? Früher hatten seine Küsse sie immer elektrisiert, aber jetzt regte sich nichts in ihr, nicht einmal ein Bruchteil des Verlangens, das Wassili in ihr ausgelöst hatte. Aber sie würde nicht an ihn denken, nicht jetzt.
Sie konnte sich gerade lange genug von seinen Lippen freimachen, um zu fragen: »Du liebst mich also immer noch?«
»Aber natürlich liebe ich dich immer noch, Darling. Wie konntest du jemals daran zweifeln?«
Sie hätte ihm mehrere Gründe dafür nennen können, be schloss aber, dass Sarkasmus jetzt fehl am Platze wäre. Dagegen war Direktheit nun wohl angebracht, daher stellte sie ihm die Frage, die sie ihm schon vor vielen Jahren hätte stellen sollen. »Dann willst du mich also heiraten?«
Überrascht ließ er sie los, aber dann lachte er. »Du hast dich überhaupt nicht verändert. Du sagst immer noch genau das, was du denkst, ungeachtet der Konsequenzen.«
Sie hätte ihm sagen können, dass das nicht mehr so ganz stimmte. Bei einigen Dingen war es ihr gelungen, sie ganz für sich zu behalten. Die Razins wusste n noch immer nichts von dem Baby. Und Wassili hatte nie erfahren, was sie wirklich für ihn empfand - o nein, sie würde nicht schon wieder an ihn denken, nicht ausgerechnet jetzt.
»Du hast meine Frage nicht beantwortet, Christopher.«
»Aber das meinst du doch nicht ernst«, sagte er mit leicht spöttischer Stimme. »Ich hatte gehofft, du würdest mir sagen, dass du verheiratet bist, damit wir endlich Zusammensein könnten.«
Da dies überhaupt keinen Sinn für sie ergab, muss te sie ihn fragen: »Wie meinst du das?«
»Aber Alexandra, du weißt doch, dass Liebe und Ehe kaum vereinbar sind. Und ich habe damals aus erster Hand erfahren, wie zügellos und unmoralisch ihr russischen Damen seid. Ich hatte gehofft, du würdest heiraten, damit wir eine Affäre miteinander haben könnten. Ich dachte, du hättest verstanden, dass es nur darum ging.«
Er brauchte ihr nichts weiter zu erklären, da alles vollkommen klar war, aber weil seine Worte sie doch etwas schockiert hatten, entschlüpfte ihr die Bemerkung: »Eigentlich dachte ich, dass wir heiraten würden.«
»Gütiger Himmel, du kannst doch nicht so dumm sein.«
Sie zuckte zusammen. »Oh, aber das ... war ich offensichtlich.«
»Aber, aber, meine Liebe, du muss t doch wissen, dass du viel zu unkonventionell bist. Deine Angewohnheit, immer genau das zu sagen, was du denkst, würde meine Karriere ruinieren.«
»Ich muss wohl immer noch ziemlich dumm sein, denn ich verstehe nicht, warum du mir dann immer noch geschrieben, warum du mir Gedichte und Liebeserklärungen geschickt hast.«
Er war so anständig zu erröten. »Ich bin der Meinung, dass es ein Fehler ist, alle Brücken hinter sich abzubrechen, Darling. Ich habe immer noch gehofft, dass wir eines Tages miteinander schlafen würden.«
Warum war sie nicht wütend, warum ohrfeigte sie ihn nicht, warum weinte sie nicht? »Das hättest du mir sagen sollen«, entgegnete sie mit ausdrucksloser Stimme. »Ich wäre damals wahrscheinlich sogar bereit dazu gewesen.«
»Aber du warst doch noch Jungfrau, und ich wollte nicht ...«Er brach ab. Er sah sie mit einer Mischung aus Neugierde und neu erwachter Hoffnung an. »Bist du es immer noch?«
Alexandra be schloss , dass eine kleine Lüge jetzt angebracht war. »Ja.«
»Wie schade.« Er seufzte. »Aber sag mir, was machst du denn überhaupt in London? Ich hoffe, du hast diese weite Reise nicht nur wegen mir gemacht.«
Noch eine Lüge, ihres
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