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Was der Winter verschwieg (German Edition)

Was der Winter verschwieg (German Edition)

Titel: Was der Winter verschwieg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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anspruchsvollere Verabredungen auf dem College ersetzt worden – Verbindungspartys und Feten. Und dann war Greg gekommen. Sie hatten geheiratet, bevor sie überhaupt wussten, wer sie waren. Es war wie der Versuch gewesen, zwei nicht miteinander kompatible Bäume zu veredeln – anfangs erträglich, aber irgendwann waren die Differenzen einfach nicht mehr zu ignorieren gewesen. Hatte sie ihn geliebt? Alle liebten Greg. Er war der liebenswerte, charmante, gut aussehende Jüngste der vier Bellamy-Geschwister. Wie könnte man ihn nicht lieben? Dieses Gefühl, dass sie ihn lieben
sollte
, hatte ihre Ehe sechzehn Jahre über Wasser gehalten – lange genug für Sophie, um sich absolut sicher zu sein, dass die Liebe verschwunden war. Danach war sie mehrere Monate wie unter Schock durchs Leben geirrt.
    Erst im letzten Herbst hatte sie es gewagt, ihren Zeh wieder ins Datingwasser zu stecken. Als sie ein Mann das erste Mal um eine Verabredung bat, hatte sie ihn angeschaut, als spräche er eine ihr unbekannte Sprache. Ausgehen? Eine Verabredung? Das war ja eine ganz neue Vorstellung.
    Damit begann ihre Datingphase, die der Schockstarre nach der Scheidung eindeutig vorzuziehen war. Ihr erster Galan war ein Sicherheitsagent des diplomatischen Dienstes, der mehr daran interessiert war, seine 007-Spielzeuge vorzuführen – einen in seinem Revers versteckten Alarmgeber und eine Zigarettenpackung, die Zyanid in Gasform ausstoßen konnte –, als zu erkunden, wer Sophie wirklich war. Trotz ihrer Ernüchterung versuchte sie, nahtlos in die Sex-Phase überzugehen, während der eine frisch geschiedene Frau all ihre Fantasien ausleben konnte. Frauen, die durch alle Betten tobten, schienen immer so viel Spaß zu haben. Doch Sophie fand es enttäuschend und anstrengend und wandte sich schnell wieder harmlosen Verabredungen zu. Sie nahm sich vor, der Möglichkeit offen gegenüberzustehen, dass eines Tages einer der Attachés oder Diplomaten oder anderen Männer, mit denen sie ausging, unerwartet ihre Leidenschaft entflammen würde. Bis jetzt war das allerdings noch nicht geschehen.
    Sie musterte Brooks und fragte sich, ob er derjenige war, bei dem sie ihre natürliche Zurückhaltung aufgeben würde. Bei dem sie sich daran erinnern könnte, wie es war, von jemandem im Arm gehalten zu werden. Aber nicht heute Abend, beschloss sie.
    „Wenn Sie mich dann jetzt entschuldigen würden“, sagte sie und begab sich zum Podium.
    Sie schaute sich nach einem Platz um, wo sie ihr Champagnerglas abstellen könnte, und erblickte einen Kellner, der sie jedoch nicht zu sehen schien.
    „Pardon“
, sprach sie ihn an.
    Der Mann zuckte zusammen. Ein Glas fiel von seinem Tablett und zersplitterte auf dem Marmorfußboden. Im direkten Umfeld verstummten die Leute und drehten sich zu ihnen um. Die Agenten am Rand des Saals waren sofort in Alarmbereitschaft.
    „Tut mir leid“, murmelte Sophie. „Ich wollte Sie nicht erschrecken.“
    „Kein Problem,
madame
.“ Der Kellner hatte einen sehr starken Akzent. Sophie wollte ihn gerade fragen, wo er herkam, als sie den Blick in seinen Augen sah – eine glitzernde, brennende Wut, die für ein zerbrochenes Glas vollkommen übertrieben war.
    Sophie hob eine Augenbraue und übermittelte ihm damit eine wortlose Warnung, so, wie sie es vielleicht bei einem Hauptzeugen tun würde. Der Kellner ging einen Schritt zur Seite, und mit einem Mal fiel das Licht so auf sein Gesicht, dass zwei dünne, parallel verlaufende Narben auf seiner ebenholzfarbenen Haut aufschimmerten. Dieses traditionelle Muster kam Sophie irgendwie bekannt vor. Sie nahm an, dass der Mann aus Umoja stammte. Ihn für heute zu engagieren, war ein netter Zug vom Caterer und erklärte auch seine Unerfahrenheit.
    Der Kellner wollte weitergehen.
    „Entschuldigen Sie bitte“, sagte Sophie.
    Er drehte sich um und wirkte noch erregter als gerade zuvor.
    Du bist ein Kellner, dachte Sophie, krieg dich wieder ein. Sie hielt ihm ihr Champagnerglas hin. „Können Sie das bitte mitnehmen? Wir wollen gleich anfangen.“
    Er riss ihr das Glas förmlich aus der Hand und stakste davon. Was für ein empfindlicher Kerl, dachte sie. Wir haben gerade dein Land befreit, da könntest du ein bisschen fröhlicher sein. Doch dann ermahnte sie sich, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Immerhin würde sie in wenigen Minuten eine Königin treffen.

4. KAPITEL
    D ie Gruppe auf dem erhöhen Podest am Ende des Ballsaals bestand aus drei Richtern vom Internationalen

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