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Was Die Liebe Naehrt

Was Die Liebe Naehrt

Titel: Was Die Liebe Naehrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Gruen
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Religionen sprechen. In ihm öffnet sich der Mensch für das Göttliche, das ihn erfüllt und verwandelt. In der Einheit mit dem Heiligen Geist geht esnicht um Auflösung der Person, sondern um Sich-Öffnen und Sich-durchdringen-Lassen vom Geist Gottes. Das geschieht nicht nur in der
     Begegnung, sondern auch im reinen Sein, im Durchlässigsein für den Geist Gottes.
Konkrete Folgen
    Wenn wir vor diesem Hintergrund wieder zu den konkreten Fragen von Verhalten und Menschenbild, von therapeutischer Praxis und
     Spiritualität zurückkehren, so stellen wir fest: Es besteht die Gefahr, die eigenen neurotischen Lebensmuster zu überspringen, indem man sich nur auf den
     spirituellen Weg konzentriert und nur meditiert. Meditation ist ein guter Weg, nicht nur in der östlichen Spiritualität, sondern auch in der
     westlichen. Im Christentum haben die Mönche schon im 3. Jahrhundert – in Anlehnung an Meditationsformen in ägyptischen Priesterkreisen und an Kreise, die
     sich auf Pythagoras berufen – die Meditation geübt, in der man den Atem mit einem Wort aus der Bibel oder mit dem Jesusgebet verbindet. Die Meditation
     möchte uns in den inneren Raum der Stille führen, in dem Gott in uns wohnt. Aber wenn ich die Meditation benutze, um meine Probleme zu überspringen, wird
     sie nicht zu einem Weg der Verwandlung, sondern der Flucht. Die Psychologie spricht hier von Kompensation. Ich löse das Problem nicht, sondern gleiche es
     mit etwas anderem aus.
    Heute gibt es gute Meditationslehrer – auch solche der östlichen Tradition –, die gerade davor warnen. Jack Kornfield, selbst buddhistischer Mönch
     und Meditationslehrer,erlebte in seiner Zeit in Asien, dass viele aus dem Westen kamen, um durch Meditation ihre Probleme zu lösen. Doch
     für die meisten war, wie er sagt, »die Meditation in wesentlichen Bereichen ihres Lebens keine Hilfe. Viele hatten tiefe innere Wunden, waren neurotisch,
     voller Ängste oder traurig, und sie gebrauchten die spirituelle Praxis häufig, um problematische Teile ihrer selbst vor sich zu verbergen oder ihnen
     auszuweichen« (Kornfield 98). Richard Stiegler, transpersonaler Psychologe und Meditationslehrer, macht ähnliche Beobachtungen. Es ist immer eine
     Versuchung, die eigenen Defizite zu überspringen und sich sofort in die Leere des Bewusstseins zu flüchten. »Das kann jedoch in eine Sackgasse führen, die
     ich immer wieder bei Meditierenden beobachte. Eine Person, die beispielsweise sehr kontaktscheu ist, könnte für sich lieber eine schweigende
     Meditationspraxis wählen als Selbsterfahrungsgruppen, die mit Begegnung arbeiten. Das hat jedoch zur Folge, dass ihr problematisches Lebensmuster sich
     durch die Kompensation immer weiter verfestigt. Die Isolation nimmt zu statt ab und die Person verhärtet zunehmend.« Kompensation der
     Beziehungsunfähigkeit hilft nie weiter. Und so viel ist sicher: Der spirituelle Weg, der die Beziehungsprobleme überspringen möchte, führt nicht ans
     Ziel.

Menschliche Liebe und göttliche Liebe
Was Liebe ist
    Jeder Mensch sehnt sich danach, zu lieben und geliebt zu werden. Und jeder macht auf diesem Weg der Liebe Erfahrungen von Erfüllung
     und Enttäuschung, von Verzauberung und Verletzung, von Weite und Enge, von beglückender Ekstase und von leidvollem Aneinanderkleben. Das Ziel dieser
     Erfahrungen ist nicht, dass jemand kommt, der uns so liebt, dass unsere Sehnsucht nach Liebe für immer gestillt ist. Vielmehr wird jede Erfahrung einer
     großen Liebe die Sehnsucht nach Liebe neu anstacheln. Das Ziel unserer erfüllenden und enttäuschenden Liebeserfahrungen ist, dass wir Liebe sind, dass wir
     an die Quelle der Liebe gelangen, die in uns sprudelt und die uns niemand nehmen kann. Diese Liebe, die auf dem Grund unserer Seele da ist, ist mehr als
     Gefühl. Sie ist eine Qualität des Seins. Letztlich ist es die göttliche Quelle der Liebe, von der Johannes im ersten Brief schreibt: »Gott ist Liebe, und
     wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott, und Gott bleibt in ihm« (1 Joh 4,16).
    Diese Liebe, die mehr ist als das Gefühl des Verliebtseins, nennt Johannes agape . Es ist eine reine Liebe, eine Liebe, die wie eine Macht
     ist, wie eine Kraft, die uns geschenkt wird, und wie eine Quelle, aus der wir schöpfen. Manchmal dürfen wir diese Liebe auf dem Grund unsererSeele erfahren. Eine Frau erzählte mir, wie sie am Strand entlangging. Auf einmal war sie von einer ganz tiefen Liebe erfüllt. Aber diese
     Liebe bezog sich nicht auf

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