Was Die Liebe Naehrt

der göttlichen Liebe in uns versiegt nie. Wer sich dieser Quelle dankbar zuwendet wird auch fähig, wieder zu lieben. Die Liebe in der
     Partnerschaft gelingt mir leichter. Ich erwarte vom anderen keine absolute Liebe. Seine – begrenzte – Liebe verweist mich auf die grenzenlose Liebe auf
     dem Grund meiner Seele. Ich erwarte vom anderen nicht, dass er alle meine Sehnsucht erfüllt, sondern dass er mit dem, was er mir an Liebe erweist, in mir
     die Sehnsucht nach der Quelle der Liebe weckt, die in mir selber sprudelt. Diese Quelle der Liebe ist letztlich Gott.
In Berührung kommen mit der Quelle
    Oft ist die Liebe wie eine Quelle in uns, die versiegt scheint. Doch es gibt Möglichkeiten, mit ihr in Berührung zu kommen. Dann
     steigt diese Quelle in uns hoch, so dass sie auch unser Bewusstsein durchdringt, unser Reden, Denken und Handeln prägt. Der Zugang zu ihr geht über die
     konkrete Erfahrung menschlicher Liebe. Wenn wir den manchmal verschlossenen Bruder, die schwierige Schwester, den unsympathischen Mitmenschen lieben,
     kommen wir in Berührung mit der göttlichen Quelle. Und wir kommen zu dieser Quelle durch die alltägliche Erfahrung unserer Liebe zum Ehepartner und seiner
     Liebe zu uns. Auch die begehrliche Liebe, in der wir uns vom anderen abhängig fühlen, in der wir immer um den anderen und seine erotische und sexuelle
     Liebeserfahrung kreisen, kann uns mit dieser Quelle der göttlichen Liebe in Berührung bringen.
    Ein anderer Weg geht über die Erfahrung der Natur. Die Indios in Peru etwa sind davon überzeugt, dass uns auch durch einen Baum die Liebe Gottes
     zuströmen kann. Manche Menschen dürfen diese Erfahrung machen: Sie legen sich auf eine Wiese und fühlen sich von Liebe durchdrungen. Sie spüren, dass
     ihnen in den Blumen der Wiese, im zärtlichen Rauschen des Windes und im wärmenden Sonnenschein Gottes Liebe begegnet. Sie spüren, wie Gottes Liebe sie
     berührt und durchdringt.
    Auch über die Worte der Bibel, die uns tief berühren, können wir an die Quelle der Liebe in der eignen Seele gelangen. Manchmal treffen sie uns im
     Herzen, so dass inuns die Liebe aufgeweckt wird, die auf dem Grund der Seele schlummert. Ich lasse das Wort aus Jesaja 43,4 in mein Herz
     dringen: »Weil du in meinen Augen teuer und wertvoll bist und weil ich dich liebe, gebe ich ganze Länder und für dein Leben ganze Völker.« Ein solches
     Wort lässt die Quelle der Liebe ins Bewusstsein dringen. Jesus hat offensichtlich so gesprochen, dass die Menschen durch seine Worte mit der Liebe in
     Berührung kamen, die schon immer in ihnen wohnte. Das wird für mich deutlich aus einem Wort aus Johannes 15,11: »Dies habe ich zu euch gesagt, damit meine
     Freude in euch ist und damit eure Freude vollkommen wird (wörtlich: angefüllt, aufgefüllt wird).« Oft genug droht diese Quelle jedoch zu versickern, weil
     wir so viel anderes auf sie gelegt haben: unsere Sorgen und Ängste, unsere alltägliche Oberflächlichkeit. Wenn nun das Wort Jesu uns trifft, dann lässt es
     diese Quelle, die nur auf dem Grund unserer Seele strömt, aufsteigen, so dass sie unser Denken und Fühlen verwandelt und mit Liebe erfüllt.
Das spirituelle Potenzial entdecken
    Wir brauchen spirituelle Erfahrungen von Liebe, damit unsere menschliche Liebe gelingt. Denn wenn wir alles von der Liebe eines
     Menschen erwarten, dann wird unsere Sehnsucht nie gestillt. Wir werden dann unzufrieden, unglücklich oder fordernd. Wir machen unserem Partner Vorwürfe,
     dass er uns zu wenig liebt, wir werfen ihm vor, dass wir seine Liebe nicht mehr spüren. Und je mehr wirihm Vorhaltungen machen, desto
     weniger spürt er auch in sich noch Liebe. Denn Vorwürfe wecken die Liebe nicht auf, im Gegenteil, sie vertreiben sie. Es gilt, sich einverstanden zu
     erklären mit der Durchschnittlichkeit der eigenen Liebe und der Liebe des Ehepartners. Wenn ich die Durchschnittlichkeit betrauere, dann führt mich das
     Betrauern in den Grund meiner Seele. Und dort entdecke ich das große Potenzial an Liebe, das Gott mir geschenkt hat. Dann kann ich auf einmal die
     positiven Seiten der Liebe entdecken: Wir gehen fair miteinander um. Wir achten einander. Wir stützen einander. Wir sind einander treu. Das alles ist
     Ausdruck unserer Liebe. Wir können sie nicht immer in Gefühlen ausdrücken. Die Gefühle kommen und gehen. Doch die Liebe, die jenseits der Gefühle ist, die
     göttliche Liebe, die als Quelle unsere menschliche Liebe speist, bleibt immer. Von ihr