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Was Die Liebe Naehrt

Was Die Liebe Naehrt

Titel: Was Die Liebe Naehrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Gruen
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gilt, was Paulus im Hohenlied der Liebe gesagt hat: »Die Liebe hört
     niemals auf« (1 Kor 13,8).

Beziehung und der innere Raum der Stille
Was Spiritualität bedeutet
    Vor Jahren lud mich die Caritas ein, einen Kurs für Eheberater mit dem Thema: »Spiritualität in der Eheberatung« zu halten. Die
     Psychologen waren zunächst skeptisch. Einige witterten einen unangemessenen Einfluss der Kirche auf ihre Arbeit. Und sie vermuteten in dem Titel einen
     unterschwelligen Vorwurf, dass sie zu viel Psychologie und zu wenig Spiritualität in ihre Beratung einbrächten. Als ich ihnen jedoch erklärte, was ich
     unter Spiritualität verstehe, erlebte ich eine große Offenheit und ein reges Interesse für dieses Thema. Spiritualität in der Beratung oder – von den
     Paaren her betrachtet – in Ehekonflikten bedeutet nicht, dass die Eheleute mehr beten sollten oder dass sie Gott bitten sollten, ihre Konflikte für sie
     zu lösen. Das wäre nur ein frommes Pflaster, das auf die Konflikte geklebt würde. Spiritualität bedeutet für mich vielmehr, dass jeder der Partner durch
     Gebet und Meditation in den inneren Raum der Stille vordringt, in dem Gott in ihm wohnt, in dem das Reich Gottes in ihm ist. Dort, wo das Reich Gottes in
     uns ist, sind wir frei von der Macht der Menschen, frei von ihren Wertungen und Urteilen, frei von ihren Erwartungen und ihren Vorwürfen. Dort sind wir
     heil und ganz. Dort kann uns niemand verletzen. Die Verletzungen des anderen können in diesen inneren Raumnicht vordringen. Dort sind
     wir ursprünglich und authentisch. Dort lassen wir uns nicht von den Bildern festlegen, die der Partner uns aufdrängt. Wir spüren das ursprüngliche Bild
     Gottes in uns. Das macht uns frei – auch gegenüber den Bildern des Partners. Und dort, wo das Reich Gottes in uns ist, sind wir rein und klar. Da ist der
     innerste Kern in uns nicht von Schuld infiziert. Auch wenn wir manches in unserer Ehe falsch gemacht haben, auch wenn wir schuldig geworden sind an uns
     selbst und am anderen, so gibt es doch einen Kern in uns, der von Schuld frei ist. Dieser Kern ermöglicht es uns, an unserer eigenen Identität
     festzuhalten.
Erfahrung des Heilseins
    Viele Ehepaare haben sich durch ständige Vorwürfe und Verletzungen gegenseitig wund gerieben. Da führt es nicht weiter, wenn sie ihre
     Verletzungen immer wieder durchsprechen und sie zu verstehen suchen. Es ist hilfreicher, wenn sie sich von den Verletzungen auf diesen inneren Raum
     zurückziehen, in dem sie noch heil und ganz sind, zu dem die Verletzungen nicht vordringen. In diesen Raum der Stille kann sich jeder Partner immer wieder
     zurückziehen, um mit sich in Berührung zu kommen. Dann kann er sich von dieser Erfahrung des Heilseins aus dem anderen zuwenden. Er wird dann nicht mehr
     jedes verletzende Wort persönlich nehmen. Er wird es als Ausdruck eigener Verletzungen des Partners anhören können, ohne gleich mit Vorwürfen reagieren zu
     müssen. Wenn ich michselbst spüre, wenn ich in Berührung bin mit dem inneren Raum der Stille, in dem ich frei und heil bin, dann gehe
     ich unabhängiger in die Beziehung zu meinem Partner oder zu meiner Partnerin. Ich entwickle dann ein Gespür für die richtige Reaktion: ob ich mich lieber
     in diesen inneren Raum zurückziehe oder ob ich jetzt die Kraft habe, mich der Auseinandersetzung zu stellen und mit meinem Gegenüber zu klären, was da
     gerade abläuft.
    In manchen Ehen beschuldigen sich die Partner gegenseitig, dass der andere an allem schuld sei. Oft fällt diese Schuldzuschiebung in eine seelische
     Struktur hinein, die schon von Kindheit an durch Schuldgefühle geprägt ist. Eine Tochter hörte von ihrer Mutter, dass die ihren Mann nicht geheiratet
     hätte, wenn sie nicht mit ihr schwanger gewesen wäre. Ihr wurde also die schwierige Ehe der Eltern angelastet. Ein Mann hörte immer wieder von seinen
     Eltern, dass seine Mutter seit seiner Geburt Ohnmachtsanfälle hatte. Ihm wurde also vermittelt, er sei schuld an der Ohnmacht der Mutter. Menschen, die
     mit so etwas konfrontiert werden, neigen dazu, sich für alles schuldig zu fühlen. Wenn nun der Ehepartner sie beschuldigt, wird dies alte Schuldgefühl
     reaktiviert. Man kann sich nicht wehren. Man fühlt sich dann einfach ganz und gar schuldig. Doch wenn ich mich ganz und gar schuldig fühle, lasse ich mir
     alles gefallen. Ich kann nicht für mich kämpfen. Ich bin ja selbst an allem schuld. Solches Schuldgefühl zerfrisst das eigene

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