Was Die Liebe Naehrt
und er an mir.
Innerer Freiraum
Damit wir ein gutes Verhältnis von Nähe und Distanz finden, braucht es in der Ehe die Kunst, auf gute Weise Grenzen zu setzen und die
Grenzen des anderen zu achten. Wir meinen, die Liebe überspringe alle Grenzen und vereine uns miteinander. Das stimmt. Aber wir können nicht immer in der
Vereinigung leben. Auch in dem engen Miteinander der Ehe braucht es die Kunst, sich vom anderen abzugrenzen. Sonst ersticken wir. Oder aber unsere Grenzen
zerfließen. Die Psychologie spricht von konfluenten Persönlichkeiten. Sie wissen nicht, wo sie anfangen und aufhören. Sie gehen so in den anderen über,
dass sie gar nicht mehr merken, wer sie selbst sind. So kann aber keine Begegnung stattfinden. Auch in der Partnerschaft braucht es immer wieder die
Begegnung. Das deutsche Wort Begegnung meint aber, dass wir dem anderen entgegengehen. Das setzt voraus, dass wir nicht immer zusammenkleben. Die
Begegnung verwandelt.
Das Urbild von Begegnung ist für mich die Geschichte von Maria und Elisabeth. Die beiden schwangeren Frauen begegnen sich. Maria macht sich auf den
Weg, sie brichtaus ihrem Zuhause auf. Sie bricht die eigenen Zelte ab, um über das Gebirge ihrer inneren Blockaden und Vorurteile auf
Elisabeth zuzugehen. Und als sie sich begrüßen, hüpft das Kind in Elisabeth auf. Sie wird lebendig. Sie kommt durch die Begegnung mit Maria in Berührung
mit dem Kind in sich, mit dem unverfälschten und ursprünglichen Bild, das Gott sich von ihr gemacht hat. Und sie erkennt in Maria die Mutter ihres
Herrn. In jeder Begegnung geht es darum, im anderen den zu sehen, der Christus in sich trägt. Und Elisabeth preist Maria selig. Sie spricht ihr das Glück
zu. Vom Heiligen Geist erfüllt verheißt sie ihr, dass ihr Leben gelingt, weil sie geglaubt hat. Damit eine solche beglückende Begegnung auch in der Ehe
immer wieder geschehen kann, braucht es ein gutes Verhältnis von Nähe und Distanz und das gesunde Setzen und Achten von Grenzen.
Viele haben Angst, dem Partner eine Grenze zu setzen. Sie haben Angst, der andere könnte sie nicht mehr lieben oder er könnte verletzt werden. Doch vor
lauter Rücksicht auf die Reaktion des anderen übersehen sie die eigenen Bedürfnisse. Sie verlieren ihre Grenzen und damit letztlich sich selbst. Damit das
Miteinander in der Ehe gelingt, braucht es Grenzen. Manche Paare meinen, sie müssten alles zusammen machen. Eine Frau, die während der Woche die Kinder
allein hatte und für sie sorgte, nahm sich das Recht, am Sonntagmittag eine Stunde zu schlafen. Der Vater meinte, es sei doch viel schöner, wenn sie
gemeinsam mit den Kindern spazieren gingen. Die Frau bekam ein schlechtes Gewissen, ob sie nicht zu egoistisch sei, ob sie da ihre Grenze nicht zu eng
gezogen habe. Aberim Gespräch wurde ihnen klar, dass diese Grenze für beide heilsam ist. Für die Kinder ist es gut, den Vater mal
allein für sich zu haben. Der Mutter tut es gut, mit gutem Gewissen Zeit für sich allein zu haben. Die Grenze zu ziehen und sie zu beachten, tat der
ganzen Familie gut.
In der eigenen Mitte bleiben
Es geht aber nicht nur darum, äußere Grenzen zu setzen, um den nötigen Freiraum für sich selbst zu gewinnen. Die Ehe gelingt nur, wenn
ich mich vom Partner und von der Partnerin auch innerlich abgrenze. Ich darf nicht jedes verletzende, kränkende und abwertende Wort auf mich beziehen. Ich
brauche eine gesunde Grenze, um zu unterscheiden, wann ich das kritische Wort des anderen beherzigen und wann ich es besser bei ihm lassen soll. Manchmal
ist es hilfreich, dem anderen nur zuzuschauen, wie er seine eigene Unzufriedenheit oder seinen Ärger im Beruf daheim ausagiert. Ich bleibe dann wie ein
Zuschauer im Theater. Ich schaue zu, aber ich spiele sein Spiel nicht mit. Ich verurteile ihn nicht, weil er jetzt dieses Spiel aufführt. Ich beobachte es
vielmehr und bleibe dabei gut bei mir. Ich überlege, wie sehr ihn die Enttäuschung trifft, dass er sie jetzt hier so darstellen muss. Wenn ich Zuschauer
bleibe, kann ich nüchterner und hilfreicher reagieren. Wenn ich sofort jedes Wort auf mich beziehe, fühle ich mich tief verletzt. Dann verletze ich den
anderen, indem ich ihm alles Mögliche an den Kopf werfe. Die spirituelle Übung, bei sich in seiner Mitte zu bleiben, ist hilfreich, damitwir mit den alltäglichen Konflikten und Reibereien besser zurechtkommen. Ich kann dann besser entscheiden, wo ich etwas an mich
heranlassen muss und
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