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Was die Nacht verheißt

Titel: Was die Nacht verheißt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Martin
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elend, als dass sie diese Informationen hätte begreifen können.
    »Jesus, Maria und Josef!« Der Mann riss sich die Mütze vom Kopf und kratzte sich sein lichter werdendes graubraunes Haar. »Ein blinder Passagier. Haben wir schon seit Jahren nicht mehr gehabt. Was, in Teufels Namen, tust du denn hier?«
    Brandy stöhnte wieder, diesmal eher aus Ärger über sich selbst, weil sie nicht vorsichtiger gewesen war. Sie kannte den kleinen Mann, der da neben ihr stand, mit den langen Koteletten und dem dünnen mausgrauen Haar. Joshua Dobbs, einer der Männer der Seehabicht, die öfter in ihr Wirtshaus kamen.
    Sie wandte den Kopf und sah zu ihm auf. »Wie viele ... wie viele Tage sind wir schon auf See?«
    Der Mann holte tief Luft. »Aber dich kenne ich doch! Du -Ihr seid Miss Brandy - vom Wirtshaus Weißes Pferd!«
    »Wie viele Tage, Mr. Dobbs?«
    Er kratzte sich den Kopf. »Drei Tage, Miss.«
    Brandy stöhnte. Sie war sicher gewesen, dass es mindestens fünf hätten sein müssen.
    »Käpt’n Delaine wird wirklich böse sein, wenn er herausfindet, was Ihr gemacht habt.«
    Brandy streckte eine zittrige Hand aus und griff nach dem Arm des kleinen Mannes. »Ihr dürft es ihm nicht sagen, Mr. Dobbs. Bitte... Ihr dürft es ihm auf keinen Fall jetzt schon sagen. Ich will mitfahren zu den Inseln. Ich muss einfach mit.«
    Joshua Dobbs schüttelte den Kopf. »Das kann ich nicht machen, Miss, da wäre der Käpt’n wirklich ärgerlich auf mich, wenn ich ihm nicht sage, dass Ihr hier unten seid.«
    »Bitte, Mr. Dobbs, könnt Ihr nicht einfach so tun, als hättet Ihr mich nicht gesehen ... nur noch für ein paar Tage?« Ihr Griff um seinen Arm wurde fester. »Ich kann Euch auch bezahlen. Ich habe ein wenig Geld gespart. Ich könnte -«
    »Das Geld ist es nicht, Miss. Es ist nur, dass der Käpt’n -«
    Da ließ sie ihn los, beugte sich wieder über den Eimer und würgte elendiglich vor Joshua Dobbs.
    »Ihr seht nicht besonders gut aus.« Er ging einen Augenblick weg und kam dann mit einem Blechbecher voll Wasser zurück. Er befeuchtete sein Taschentuch und gab es ihr.
    Brandy nahm es dankbar entgegen. »Vielen Dank.« Sie wusch sich mit einer zitternden Hand das Gesicht und lehnte sich auf ihre Matte zurück. »Nur noch einen Tag, Mr. Dobbs. Bitte ... gebt mir nur noch einen Tag.« Das Schiff hob sich auf die nächste Welle, und Brandys Augen schlossen sich. Sie war so müde ... so unerträglich müde.
    Joshua Dobbs stand über ihr. Armes kleines Ding. So zart. So blass. Er erinnerte sich gut an sie. Brandy Winters hatte ihn oft im Wirtshaus bedient. Sie hatte immer ein Lächeln für ihn übrig, immer Zeit, einer seiner Geschichten zuzuhören. Er erinnerte sich daran, wie ihre Augen jedes Mal aufgeleuchtet hatten, wenn er von einem seiner Abenteuer erzählte. Sie hatten ein hübsches Braun, diese Augen, und glänzten so lebendig, dass sie beinah golden wirkten.
    Sie hatte ihm immer Leid getan, so wie ihr Vater sie behandelte, als wäre sie nicht besser als eine Bedienstete. Josh erinnerte sich auch, dass er sie einmal geschlagen hatte, weil sie zu lange draußen geblieben war und einer seiner Geschichten zugehört hatte.
    Armes kleines Ding. Was würde es schon ausmachen, wenn er ihr nur dies eine Mal half? Wem würde es schaden?
    Josh sah sich um. Niemand war in der Nähe. Wenn er ihr ein wenig Brühe und Zwieback brachte, würde sie sich besser fühlen. Dann konnte sie auch dem Käpt’n entgegentreten, und wie sie schon gesagt hatte - vielleicht wäre es bis dahin zu spät, um sie zurück nach Hause zu bringen. Er fragte sich, ob sie wohl vor ihrem Vater davonlief. Falls es so war, konnte Josh es ihr nicht übel nehmen. Und er beschloss, ihr so lange zu helfen, wie er konnte.
    Brandy brachte ein schwaches Lächeln auf für den Mann, der ihr durch einen weiteren elenden Tag geholfen hatte. Der Sturm war schlimmer geworden, doch dank seiner Hilfe fühlte sie sich etwas besser. Durch den Zwieback, den Josh gebracht hatte, hatte sich ihr Magen etwas beruhigt, allerdings wagte sie noch nicht, mehr als das zu essen.
    Er winkte ihr zu, als er davonhuschte, blieb jedes Mal nur ein paar Minuten, weil er befürchtete, jemand könnte ihn sehen. Um ihm einen Gefallen zu tun, hatte sie versucht, auch ein wenig Brühe zu essen, doch die war gleich wieder hochgekommen. Bis morgen würde der Sturm sicher nachlassen, und sie würde wieder essen und ein wenig Kraft wiedergewinnen können. Sie lehnte sich an den Schiffsrumpf und kuschelte sich in

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