Was die Nacht verheißt
wünschte noch einmal, sie wäre nicht gekommen. Sie wünschte, sie könnte gehen, wollte es aber noch nicht wirklich. Sein Mund war nur Zentimeter von dem ihren entfernt. Sie wusste, dass er sie küssen würde, wusste, dass sie kehrtmachen und davonlaufen müsste, aber ihre Beine fühlten sich wie festgefroren an, sie konnte sich einfach nicht bewegen.
Er nahm ihr Gesicht zwischen seine Handflächen, beugte den Kopf und streifte ihre Lippen mit einem federleichten Kuss. Dann legte er seinen Mund mit einer Sicherheit auf den ihren, dass ihr Herz wie wild zu schlagen begann und die Welt langsam verblasste. Hitze durchströmte sie und ein tiefer, erfüllender Genuss. Sie spürte den warmen Druck seiner Zunge, die wie Seide über ihre Unterlippe strich, und öffnete sich, um ihm Einlass zu gewähren.
Langsame, lange Küsse, die ihren Verstand und ihren Körper betäubten. Weich und sinnlich, wurden sie bald heiß und hungrig, sein Mund ergriff Besitz von ihr, seine starken Hände drückten sie fester an sich. Sie spürte seine Schwere an ihren Schenkeln und Brüsten, und ihr Körper sank an seinen. Seine Zunge glitt in ihren Mund, streichelte sie, beanspruchte sie in einer Weise für sich, wie er es noch nie zuvor getan hatte.
Einen Anspruch, zu dem er einfach kein Recht mehr hatte.
Sie spürte seine Hände auf ihren Brüsten, die sie sanft umfassten, durch den Stoff ihre Brustwarzen neckten, sodass sie sich ausdehnten. Seine Finger glitten über ihren Körper zur Rückseite ihres Kleides und begannen, die kleinen Goldknöpfe zu öffnen.
Mein Gott, er versuchte, sie zu verführen! Die schützende Wand zu zerstören, die sie so vorsichtig um sich errichtet hatte, und ihr Herz noch einmal mit Beschlag zu belegen. Durch den dichten Nebel der Leidenschaft schrie ihr Verstand eine Warnung. Bremse ihn - bevor du Richard verlierst! Jetzt - bevor es zu spät ist!
Marcus vertiefte den Kuss, und ihr Körper begann zu zittern. Wärme breitete sich in ihr aus, das Begehren drang bis in ihre Knochen vor. Dann erschien ein schmerzliches Bild vor ihrem inneren Auge. Sie stand auf dem Kai, und Marcus war dabei, an Bord seines Schiffes zu gehen. Er verließ sie, ging fort, genau wie immer. Der Kummer durchfuhr sie scharf, eine harte Erinnerung daran, was sie früher für einen Schmerz erlebt hatte.
Mit zitternden Händen und eisernem Willen löste sie sich von ihm, schwer atmend. »Nein - dies wird nicht geschehen. Weg von mir, Marcus - fass mich nicht an! Wage es nicht!«
»Brianne... Liebste.«
Ihre Stimme zitterte. »Darum hast du mich eingeladen, stimmt’s? Damit du mich verführen kannst, Richard zu betrügen.«
»Ich musste herausfinden, wie deine Gefühle sind, ob du dir immer noch etwas aus mir machst. Ich musste die Wahrheit erfahren.« Er trat einen Schritt auf sie zu, seine Hand in einer Geste der Beruhigung ausgestreckt, aber Brandy wich zurück.
»Ich lasse nicht zu, dass du dies alles mit mir machst, Marcus. Nicht noch einmal.« Tränen brannten in ihren Augen. »Ich lasse mich nicht noch einmal von dir verletzen.«
»Brianne, bitte, du musst mir zuhören. Wenn du nur -«
»Nein! Ich will dir nicht zuhören! Kein einziges Wort mehr.« Sie schluckte und lief auf die Balkontüren zu, die hinaus in den Garten führten. Ohne sich um das Gewitter zu kümmern, riss sie sie auf und rannte hinaus in die Nacht.
»Brianne, nein! Um Himmels willen, komm zurück!«
Aber Brandy rannte weiter durch den Garten auf den Pfad zu, der an der Klippe entlangführte, der Sicherheit ihres Hauses entgegen. Tränen strömten über ihre Wangen, sodass sie die vorüberfliegende Welt kaum sehen konnte. Ihre Beine zitterten, und ihre Brust schmerzte bei jedem tiefen Atemzug. Der warme Regen hatte den Boden in Schlamm verwandelt, und nach wenigen Minuten schon waren ihre Schuhe aufgeweicht und der Saum ihres Kleides zerrissen und schmutzig. Sie hob ihre Röcke und rannte weiter.
Sie konnte Marcus hinter sich rufen hören, er versuchte, sie einzuholen, doch sie rannte weiter. Sie musste entkommen, weg von hier. Marcus zu lieben bedeutete nur noch mehr Kummer. Selbst wenn er sie heiratete, würde er sie wieder verlassen. Die See war seine Heimat - sie war sein Leben und würde es auch immer bleiben.
»Brianne! Warte! Mein Gott, bitte komm zurück, bevor du dich verletzt!«
Doch sie rannte weiter, bis sich ihr Haar gelöst hatte und ihr in nassen Locken um die Schultern hing, bis das smaragdgrüne Kleid durchweicht an ihrem Körper
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