Was die Nacht verheißt
dich zu besitzen. Ich kann dich nie wieder lieben. Weder dich noch irgendeine andere Frau.«
Brandy biss sich auf die zitternden Lippen.
»Ich sagte dir doch, du solltest fortgehen. Ich flehte dich an, mich in Frieden zu lassen, aber du wolltest nicht hören. Jetzt, wo du die Wahrheit kennst, wirst du vielleicht tun, was ich gesagt habe.«
Brandy schüttelte den Kopf und spürte dabei seine Qual, als wenn es die ihre wäre. Der Schmerz durchströmte sie in Wellen, die ihr Übelkeit bereiteten, und der Druck in ihrer Kehle war beinah unerträglich. »Das wusste ich nicht. Ich habe nie daran gedacht, dass ich ... dass du ...« Sie wandte sich ab, ging hinüber zum Fenster, versuchte nachzudenken, zwang sich, einfach nur zu atmen. Sie schloss die Augen, aber Tränen sickerten durch ihre Wimpern. Er litt, er litt so schrecklich. Mein Gott, sie musste ihm einfach helfen.
Die Uhr tickte. Sie holte Atem und gewann langsam die Fassung zurück. Brandy ging wieder zu ihm. »Ich werde mich dir nicht mehr nähern. Ich werde dir fern bleiben, wenn du das wünschst. Aber ich gehe nicht fort. Es gibt Dinge, die wichtiger sind, als miteinander zu schlafen. Wir werden sie nur einfach finden müssen.«
Auf der Lehne des Sessels ballte sich Marcus’ Hand unwillkürlich zur Faust. Mit einem harten, düsteren Starren wandte er sich ab und schaute an ihr vorbei aus dem Fenster.
Brandy schien das Herz zu brechen. Sie fühlte sich, als wären tausend scharfe Glassplitter auf sie herabgefallen. Er wollte, dass sie fortging, doch sie konnte den Gedanken nicht ertragen. Sie wollte zu ihm gehen, wollte ihm sagen, wie sehr sie ihn liebte, wollte ihn in ihre Arme ziehen und ihn trösten. Die Anspannung in seiner hohen Gestalt machte ihr klar, dass sie das nicht wagen durfte.
Sie beherrschte das Verlangen zu weinen, durchquerte das Zimmer und blieb an der Tür stehen. »Mir haben die Kleider nie gefallen«, sagte sie leise. »Ich habe sie nur gekauft, weil ich nicht wusste, was ich anziehen sollte, und weil ich dachte, sie würden dir gefallen.« Sie drehte den Türknauf und öffnete die Tür. »Guten Tag, Mylord. Wir sehen uns dann morgen wieder.«
Brandy verließ das Haus mit einem Gefühl von erdrückendem Schmerz - und einem seltsamen Gefühl von Freude. Marcus konnte nicht mit ihr schlafen, aber er hatte sie mit unerträglichem Verlangen geküsst, und er sagte, dass sie schön war. Schön. Sie hing an dem Wort, als wäre es das schönste Geschenk, das sie je bekommen hatte.
Vielleicht war es das auch, dachte sie, als sie sich ihrem Häuschen näherte. Es fühlte sich so an.
Als sie ihr Haus betrat, ein kleines einstöckiges Gebäude mit Blick aufs Meer, stellte sie fest, dass sie lächelte. Schon am Eingang rief sie: »Sally!«, ging hinüber in den Salon mit dem Kamin und wiederholte: »Sally, bist du hier?!«
Der Sommer würde bald anfangen, aber dennoch gab es Tage, wo ein Feuer in den dicken Wänden des Häuschens angenehm war.
Das schlanke Mädchen kam von oben heruntergelaufen. »Ja, Miss? Ich habe Euch nicht kommen hören. Ich war gerade dabei zu flicken.«
Brandy löste die rosa Rüschenpelerine, die zu ihrem Kleid gehörte, und warf sie aufs Sofa. »Ich brauche deine Hilfe, Sally Wir werden ein paar Änderungen vornehmen.«
»Am Haus?«
»Nein, an meinen Kleidern. Wir werden sie uns vornehmen und alle Rüschen und Schleifen abtrennen.«
»Aber warum denn, Miss?«
»Willst du etwa sagen, dass sie dir gefallen?«
Sally errötete. »Na ja, wenn Ihr die Wahrheit hören wollt: nicht wirklich. Aber ich bin nicht in einer Position, das zu äußern.«
»Nun, mir gefallen sie auch nicht. Wir wollen mal sehen, was wir tun können, damit die Kleider besser aussehen.«
Sally grinste. »Also gut, Miss, ich glaube, das kriege ich hin.«
Brandy lächelte, und sie stellte sich vor, was Marcus sagen würde, wenn er sie sah, und hoffte, dass er sich freuen würde.
Und ganz tief im Inneren fragte sie sich, obwohl sie wusste, dass sie das nicht tun sollte, ob er vielleicht Unrecht hatte, was seine Fähigkeit betraf, mit ihr zu schlafen.
15
Marcus hörte die Schritte seines Bruders, der über die Marmorfliesen des Flurs zum Ozeanblick-Salon kam. Außer ihm waren noch andere, leichtere Schritte zu hören, und er fragte sich, wer das sein mochte.
Leichter Ärger stieg in ihm auf. Er wollte keine Besuche. Und doch war es offensichtlich, dass jemand zu Besuch gekommen war und er ihn auch empfangen musste. Marcus setzte sich in dem
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