Was die Nacht verheißt
errötete er leicht. Dann lächelte er mit solcher Wärme, dass Marcus sich darüber zu ärgern begann.
»Miss Winters, es ist mir ein Vergnügen, Euch kennen zu lernen.« Er verbeugte sich ausgiebig, und Brandy reagierte mit einem leicht schwankenden Knicks.
»Mir ebenfalls, Mylord.«
Er sah, dass sie nervös war. Sie war es nicht gewöhnt, sich in der adligen Gesellschaft zu bewegen, und entsprechend nicht ganz sicher, was sie tun sollte. Als er die Röte in ihren Wangen sah, verspürte er plötzlich den lächerlichen Drang, sie vor Peinlichkeiten zu bewahren. Woher dieser absurde Gedanke kam, war ihm vollständig unklar.
Doch hätte er sich keine Sorgen zu machen brauchen. Wie alle anderen Männer, die ihr begegneten, warf sein Freund nur einen Blick in die katzengleichen bernsteinfarbenen Augen, und alle Benimmregeln flogen davon. Es war nur allzu offensichtlich, dass Richard hingerissen war.
Marcus’ Ärger blühte auf zu einem eindeutigen Zustand von Eifersucht.
»Wir drei sind sozusagen zusammen aufgewachsen«, sagte Rex jetzt zu Brianne. »Richard ist der Autor mehrerer Texte über die englische Geschichte. Er wird noch ein paar Monate hier in Cornwall arbeiten.«
Brandy lächelte. »Das ist ja schön. Ich bin sicher, dass Lord Hawksmoor froh sein wird, einen Freund in seiner Nähe zu wissen.«
Richard sah sie an, und sein Lächeln wurde noch strahlender. Er schaute zu Marcus, entdeckte seinen finsteren Blick, und das Lächeln verebbte. »Ich bin wirklich froh, wieder hier zu sein«, sagte er. »Und ich freue mich auf die Gesellschaft von alten Freunden.« Richard schien sich zu sammeln, zu verstehen, was vor sich ging, und zu akzeptieren, dass das Mädchen schon vergeben war.
War sie natürlich nicht. Das war ein lächerlicher Gedanke. Marcus hatte in seinem Leben keinen Platz für eine Frau, und selbst wenn es so gewesen wäre, war es jetzt zu spät. Er schaute Brandy an, entdeckte kein besonderes Interesse in ihrem Blick auf Richard und spürte eine unwillkommene, aber deutliche Erleichterung. Er wusste, dass das Wahnsinn war. Er sollte Richards Interesse unterstützen. Sein Freund war vielleicht nicht besonders reich, aber auch kein armer Mann. In Wahrheit konnte man ihn wohl als sehr gute Partie betrachten.
Richard lächelte Brianne wieder an, doch das schien jetzt ein anderes Lächeln zu sein, und Marcus spürte, wie seine Erleichterung noch wuchs.
»Meine Eltern schicken ihre Grüße«, sagte Richard zu ihm. »Mutter kommt vielleicht in ein paar Wochen zu mir. Vielleicht, wenn Lord Hawksmoor danach ist, können wir uns einmal alle treffen. Ich könnte ein kleines Abendessen organisieren. Dann erneuern wir unsere Bekanntschaft und unterhalten uns über die alten Zeiten.«
Ein Abendessen. Ja, klar, dachte Marcus grummelnd. Genau das, wonach ihm der Sinn stand, zum Haus irgendeines anderen zu gehen, damit alle sehen konnten, dass er ein Invalide geworden war.
»Was meinst du dazu, Marcus?«, fragte Richard.
»Ich glaube, ich bin ein wenig müde geworden«, log er. »Wenn ihr mich bitte entschuldigen wollt ...« Ohne auf eine Antwort zu warten, wandte er sich in seinem Sessel ab und begann, aufs Wasser hinauszustarren. Als es still wurde im Zimmer, hätte er beinah gelächelt. Es hatte gewisse Vorteile, wenn man ein Krüppel war. Unhöflich und herablassend sein zu können gehörte offensichtlich dazu.
Er hörte die Schritte, als seine Freunde sich entfernten. Die Tür schloss sich hinter ihnen, und er lehnte sich in seinem Sessel zurück. Der Klang einer vor Ärger angespannten Frauenstimme wischte das zufriedene Lächeln von seinem Gesicht.
»Das war unglaublich unfreundlich und ekelhaft. Ich kann nicht glauben, dass du so einen Freund behandelst.«
Sein Kopf fuhr herum. Brandy stand da, die kleinen Füße breitbeinig aufgestellt und die Hände in die Hüften gestemmt. Verdammt noch mal - würde die Frau ihn denn nie in Ruhe lassen? »Ich dachte, ich hätte gesagt, dass ich müde bin.«
»Du bist nicht im Geringsten müde. Nur einfach bockig.«
Er biss die Zähne zusammen. »Was hast du erwartet, was ich tun würde - dasitzen und ihn ermutigen? Ich bin wohl kaum mehr der Typ für gesellschaftliche Begegnungen. Man muss mich herumtragen wie ein Kind.«
»Vielleicht ist das auch der Grund, warum du dich wie eines benimmst. Wenn ich deine Mutter wäre, würde ich dich dafür übers Knie legen.«
Das Bild war eine so absurde Vorstellung, dass Marcus wirklich lachte. »Aber du bist nicht
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