Was die Seele krank macht und was sie heilt
Dauer nicht tut, ist es für Eltern und Kinder schlimm. Erlauben die Eltern dagegen alles, wie in der antiautoritären Erziehung, kann das Kind keine seelische Kraft entwickeln und fühlt sich orientierungslos.
Ein solches Kind kann natürlich sehr selbstsüchtig sein, doch ist es das nur auf einer vordergründigen Ebene. Man darf ein solches Verhalten nicht mit Ich-Stärke verwechseln. Was ein Kind sagt und wie es sich verhält, ist die eine Seite, und was es tatsächlich will, eine andere.
Wenn Kinder in einer Familie ständig den Frieden stören, kann man sicher sein, daß es eine andere Ebene gibt, auf der sie aus Liebe handeln. Bert Hellinger hat einmal in einem Heim für schwererziehbare Mädchen einen Kurs für die Mädchen und deren Eltern abgehalten. Bei allen Familienaufstellungen zeigte sich dieselbe Dynamik: »Lieber verschwinde ich als du, liebe Mama/lieber Papa.« Keiner, weder die Erzieher noch die Eltern, hatte vorher bemerkt, wie sehr die Kinder ihre Eltern liebten und was sie bereit waren, für diese zu tun. Als das zutage trat, verstanden plötzlich Erzieher, Therapeuten und Eltern, warum die Mädchen Probleme hatten.
Eines der Mädchen war drogensüchtig und hatte sich vom Dach gestürzt. Bei der Aufstellung wurde deutlich, daß es ihr Vater war, der sterben wollte. Der Vater wiederum wollte seinem bereits verstorbenen Vater folgen. Innerlich sagte das Kind zum Vater: »Lieber sterbe ich als du.« Die Lösung besteht darin, der Tochter zu zeigen, daß es mit seinem Leiden nicht die Macht hat, das Leiden des Vaters aufzulösen. Das Leiden des Kindes macht alles nur schlimmer. Die Tochter kann sagen: »Lieber Papa, bitte bleibe und segne mich, wenn auch ich bleibe.«
Für die Kindererziehung ist es wichtig, noch andere grundsätzliche Dinge zu berücksichtigen. In jeder Familie bringen sowohl der Mann als auch die Frau die Wertvorstellungen der Herkunftsfamilie ein. Diese Wertvorstellungen sind naturgemäß unterschiedlich. Das Kind befolgt und anerkennt als richtig, was Vater und Mutter in ihrer eigenen Familie entweder gefehlt hat oder was ihnen wichtig war.
Wenn sich beispielsweise die Mutter mit ihren Wertvorstellungen in der Erziehung der Kinder durchsetzt, folgt das Kind zwar vordergründig der Mutter, aber hintergründig ist es mit dem Vater solidarisch. Das Kind folgt auf einer Ebene dem, der sich durchsetzt, verwirklicht dann jedoch das Hintergründige, das nicht sein darf. Kinder wollen es in ihrer Liebe immer beiden Eltern recht machen. Dies geschieht unbewußt. Man kann dies auch als ein Sich-Verbünden mit dem unterlegenen Elternteil betrachten. Wenn zum Beispiel eine geschiedene Mutter zu ihrer Tochter sagt »Werde ja nicht wie dein Vater! Der ist ein Versager, der ist der Allerschlimmste!«, solidarisiert sich das Kind mit dem Vater. Es kann gar nicht mehr anders werden als er. Wenn die Mutter sagt »Du darfst werden wie ich, und du darfst auch werden wie dein Vater«, braucht das Kind die problematischen Seiten des Vaters nicht zu übernehmen. Wenn Eitern ihre Kinder aufmerksam anschauen, können sie erkennen, wo und wie sie von ihnen geliebt werden.
Was den Eltern in ihrer Beziehung »an Achtung und Liebe gegenüber dem Partner gelingt, das gelingt ihnen auch gegenüber dem Kind«. Was ihnen dem Partner gegenüber mißlingt, muß ihnen auch gegenüber dem Kind mißraten. Was die Partner aneinander stört, wird sie auch am Kind stören. (MFL: 1.50 f.)
Bei Erziehungsproblemen ergibt sich aus alldem folgende Lösung: Indem die Eltern sich achten, werden sie auch das Kind achten. Überdies können sich die Eltern auf ein neues Wertesystem einigen, bei dem die Werte beider zu ihrem Recht kommen. Dadurch entsteht ein neues Wertesystem. Wenn Eltern sich einig sind, weiß das Kind immer, woran es ist, wird sich sicher fühlen und den Eltern gerne folgen. Erwartet die Mutter von dem Kind jedoch immer etwas anderes als der Vater, muß das Kind unsicher und verwirrt werden.
Ein anderer Erziehungsratschlag betrifft das Verhalten der Eltern, wenn sie einmal Fehler gemacht haben. Damit die Eltern weiterhin groß und die Kinder klein bleiben können, sollten Eltern ihre Kinder nie um Verzeihung bitten. Die Kinder werden den Eltern böse, denn ein Verzeihung gewährendes Kind kommt automatisch in die Position des Stärkeren. Doch können Eltern, wenn sie ein Unrecht getan haben, dem Kind sagen: »Es tut mir leid.«
Weil Eltern vor ihren Kindern nicht klein werden sollen, nimmt Hellinger in
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