Was die Seele krank macht und was sie heilt
wäre nicht gerecht, ihm zu unterstellen, er wolle zurück in die »gute alte Zeit«. Seine Einstellung wird vom Schauen auf die Wirklichkeit bestimmt, die wir nicht ändern müssen oder können. Er ermuntert zum Blick auf das Verlorene, dem wir »im Herzen einen Platz geben« können. Indem wir uns daran erinnern und uns dem stellen, was möglich ist, kann Tiefe in unser Tun kommen. (AWF 187}
Mein eigener Großvater hatte noch elf Geschwister gehabt. Das war damals m seinem Dort kein Einzelfall. In der heutigen Gesellschaft mit ihren weitreichenden Anforderungen läßt sich das kaum noch verwirklichen. Die Fülle, die damit verlorengegangen ist, möchte uns Hellinger vor Augen führen.
Künstliche Befruchtung und Sterilisation
Unsere Zeit ist dem Wahn der absoluten Machbarkeit verfallen. Heute werden Dinge für selbstverständlich gehalten, die - zumindest für mich - in keiner Weise mehr nachvollziehbar sind.
Ein lesbisches Paar überlegte sich, ob die Jüngere von beiden sich per Samenbank anonym schwängern lassen sollte. Sie sind nämlich der Ansicht, sie sollten »eine richtige Familie« werden! Kommt es tatsächlich zur Schwangerschaft, wird das schlimme Folgen für Mutter und Kind haben. Man braucht sich nur vorzustellen, daß das Kind ein Junge wird. Wie wird es ihm gehen, wenn es keinen Vater hat? Ob man das noch als Naivität bezeichnen kann, sei dahingestellt, auf jeden Fall ist es erschreckend, wie die medizinisch-technische Entwicklung dem Menschen immer häufiger Gelegenheit gibt, sich ins Unglück zu stürzen.
Auch eine Ehefrau, die sich, weil ihr Mann unfruchtbar ist, auf die Befruchtung mit fremdem Samen einläßt, beendet damit ihre Ehe. Diese Dinge sind nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Eine künstliche Befruchtung mit dem Samen des Ehemannes dagegen gefährdet die Ehe nicht.
Heikel sind auch die Folgen von Sterilisationen. In einem öffentlichen Vortrag sagte Hellinger zu diesem Thema: »Wenn Mann und Frau sich vor dem Eingehen einer Beziehung sterilisieren lassen, kann keine Bindung zustande kommen. Solche Beziehungen bleiben unverbindlich, und wenn es zur Trennung kommt, ist kaum Schmerz da.« In der anschließenden Diskussionsrunde konnten Fragen gestellt werden. Einer der Zuhörer war über das Gehörte »sehr beunruhigt«, denn er war sterilisiert und geschieden. Hellinger sagte ihm:
»Es ist so, daß Taten Folgen haben. Das ist nicht rückgängig zu machen. Wenn aber jemand zu den Folgen steht 24 , kommt aus dem eine besondere Kraft. Mit dieser Kraft kann er etwas machen, was er vorher nicht gemacht hätte. Die Kraft kann nur wirken im Angesicht des Verlustes. Das aber, mit dem man angetreten ist, das ist vorbei.«
Abtreibung
Da Mann und Frau auf ein Kind hingeordnet sind, kann eine Abtreibung auf das Paar nicht ohne Wirkung bleiben. Wenn eine Abtreibung erfolgt ist, geht die Beziehung in der Regel zu Ende. Wer mit offenen Augen durchs Leben geht, wird das immer wieder bestätigt finden.
Ein Beispiel von vielen, die ich erlebt habe: Eine Ehefrau beklagt. daß ihr Mann und sie sich gleichgültig geworden sind. Er schläft in einem Zimmer im Untergeschoß, während sie sich unterm Dach gemütlich eingerichtet hat. Das Paar sieht sich nur selten. Jeder lebt sein eigenes Leben. Obwohl die Ehe auf dem Papier noch existiert, ist sie innerlich schon längst tot. Ich fragte, was denn geschehen ist. »Nichts«, antwortete die Frau. Ich stellte noch einige Fragen, doch das führte nicht weiter.
Schließlich erkundigte ich mich, seit wann die Situation so trostlos ist. Sie erwiderte: »Seit ungefähr sieben Jahren.« Ich hakte nach und fand, daß die Frau vor sieben Jahren eine Abtreibung gehabt hatte. Auf meine ursprüngliche Frage, was denn geschehen sei, war ihr das nicht eingefallen. In ihrem Bewußtsein spielte die Abtreibung keine Rolle. Für viele Männer und Frauen sind Abtreibungen Kavaliersdelikte oder »nachträgliche Schwangerschaftsverhütungen«. Familienaufstellungen zeigen jedoch anderes.
In dem Beispiel war die Frau damals gegen die Abtreibung gewesen, doch ihr Mann zwang sie dazu. Der Bauch einer Frau gehört aber ihr - niemand sonst. Deswegen trägt in diesem Fall nicht, nur der Mann, sondern auch die Frau Schuld. Für Hellinger beendet eine Abtreibung in der Regel die Beziehung. Durch eine Abtreibung wird der Partner ebenfalls abgetrieben, denn das Kind ist ja auch die Frucht des anderen. Abtreibung heißt somit: »Wir sind jetzt als Paar getrennt.« In der
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