Was die Tiere im Park erlebten
stehen, und links vom Häuschen tummelte sich das Hirschrudel weiß und geisterhaft. Zu spät erkannten die Wilddiebe, wohin sie liefen, und standen still. Als sie versuchten, ihrem Schicksal zu entgehen, brauste das Hirschrudel auf sie zu, umringte sie und warf sie zu Boden. Der Wildhüter kam herbeigeeilt und rief etwas zurück. Während sich der Fuchs und die Füchsin erleichtert unter ihre zuschauenden Freunde mischten, kam ein zweiter Mann aus dem Haus gelaufen, in dem der Dachs den Tierarzt erkannte. Die Wilddiebe wurden gefesselt und ins Haus geführt. Auf der Schwelle drehte sich der Wildhüter einen Augenblick lang um, betrachtete die vielen wilden Tiere. Es war ein seltsamer Anblick, sie so vor seinem Haus versammelt zu sehen. Alle blickten sie ihn an, und dann trat in sein Gesicht ein Ausdruck von soviel Mitgefühl und Liebe, daß es ihre Herzen wärmte. Der Augenblick ging vorüber, aber er hatte etwas so Zeitloses an sich, daß sie ihn nie vergaßen. Als er die Tür schloß, herrschte vollkommenes Schweigen.
Schließlich begann der Alte Hirsch zu sprechen, etwas stockend zwar, denn er war sehr bewegt. »Meine Freunde«, sagte er, »seit heute haben wir einen neuen Bund geschlossen. Heute sind wir eins mit der Natur und — hm — eins mit der Menschheit.«
Niemand sprach oder bewegte sich. Luft und Erde schienen den Zauber der Stunde zu spüren, und ebenso alle anwesenden Tiere. Ein Abglanz des Paradieses, das keines von ihnen kennen konnte, schien einen Augenblick lang über dem Park zu liegen.
Die Rote brach den Zauber, als sie aus ihrer Erstarrung fand und ungezwungen auf den Dachs zulief. Sie schien sich überhaupt nicht an ihren früheren Kampf zu erinnern.
»So sehen wir uns also wieder«, schnurrte sie.
Der Dachs nickte. »Diesmal hoffentlich unter glücklicheren Vorzeichen«, traute er sich zu sagen.
»Gewiß«, war die Antwort. »Ich bin mir klar, daß ich dir mein Leben verdanke. Nun — wie geht es dem Falken?«
»Sehr gut. Und dir?«
»Könnte nicht besser sein«, antwortete die Katze. »Aber ich bin doch froh, daß ich zurück bin. Ich wurde viele Kilometer entfernt zu einem Ort gebracht, wo ich mit vielen anderen Katzen zusammen in einen Käfig gesperrt wurde, während mein Herr — das heißt, der Mann ins Krankenhaus mußte.« Der Dachs mußte lächeln, weil die Katze sich versprochen hatte, die Rote lächelte auch. Sie und der Dachs konnten einander nichts mehr vormachen.
Der Fuchs und die Füchsin kamen zur Begrüßung, und der Alte Hirsch führte sein Rudel fort.
»Ihr seht alle viel glücklicher als beim letzten Mal aus«, meinte die Rote. »Und es freut mich, Fuchs, daß du ein bißchen zugenommen hast.«
»Ach ja«, antwortete der Fuchs. »Es waren ziemlich harte Zeiten für uns, aber wir haben es durchgestanden.«
Dem Dachs fielen die letzten Worte der Kröte ein, bevor sie in den Winterschlaf gegangen war. Sie hatte sich so gewünscht, daß sie alle durchkämen. Wie lange war das nun schon her. Jetzt, da die Temperaturen stetig anstiegen, konnten sie mit dem baldigen Wiedersehen ihrer Freunde rechnen. Aber natürlich waren nicht alle durchgekommen. Das würde die Kröte sogleich an ihrer Anzahl merken.
»Du siehst so nachdenklich drein, Dachs«, stellte die Rote fest. »Woran denkst du?«
»Ach, an gar nichts«, war die Antwort. »Mir fielen nur ein paar alte Freunde ein.«
Jetzt gesellten sich das Wiesel, der Waldkauz, der Hase und das Kaninchen zu ihnen.
»Dreimal haben wir die Menschen besiegt«, sagte das Kaninchen stolz. »Sie müssen glauben, daß der Park verhext ist.«
»Meinst du die, die wir gerade geschnappt haben?« fragte die Rote. »Was hat es denn vorher gegeben? Ihr müßt mir alles erzählen.«
»Wird gemacht«, sagte der Dachs. »Ein andermal, meine Liebe. Für diese Nacht reicht es.«
Dem Hasen lag es auf der Zunge, zu sagen, daß er von seinem Vetter, dem Kaninchen, bei den beiden anderen Gelegenheiten nicht viel gesehen habe, ließ es dann aber doch bleiben. Jetzt war nicht der Augenblick für sinnlose Kritik. Die Tiere und der Waldkauz sagten der Roten auf Wiedersehen und trotteten langsam in Richtung Heimat. »Ich glaube, nun können wir mit Recht feiern«, sagte die Füchsin zu ihrem Gefährten.
»Ja, das meine ich auch. Jetzt haben unsere Sorgen wirklich ein Ende.«
»Es sind aber noch nicht alle da«, sagte der Dachs. »Wir können nicht so unhöflich sein und Igel und Kröte dabei übergehen.«
»Pah, wer weiß, wann die
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