Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Was die Tiere im Park erlebten

Was die Tiere im Park erlebten

Titel: Was die Tiere im Park erlebten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dann
Vom Netzwerk:
unverbindlich.
    »Na gut, wenn ich heute nacht auf diesem Weg nicht zurückkomme, gehst du dann zu meinem Vater und erzählst es ihm?«
    Die Kreuzotter haßte es, wenn man etwas von ihr forderte oder wenn andere etwas von ihr erwarteten. Sie war drauf und dran, ihm über den Mund zu fahren, hielt sich aber zurück und meinte nur, daß sie leider weitermüsse.
    »Ich weiß, daß der Fuchs dir sehr dankbar dafür wäre«, drängte der Kühne.
    Ohne es zu wollen, hatte der Kleine genau die Worte gefunden, die durch die harte Schale der Kreuzotter drangen. Anhänglichkeit kannte sie nicht, aber dem Fuchs war sie treu.
    »Du kannst auf mich zählen«, sagte sie schlicht.
    Der Kühne verabschiedete sich, trabte vorsichtig weiter und nahm bei jedem Schritt Witterung auf, als er immer tiefer in fremdes Gebiet eindrang. Schon bald war er sicher, einen Fuchs aufgespürt zu haben. Sofort drückte er sich flach auf den Boden und wartete.
    per Geruch wurde stärker. Auf dem Boden konnte er Fuchspfoten traben hören. Ein junger Fuchs tauchte in seinem Blickfeld auf, der ein ums andere Mal anhielt, vorsichtig witterte, genau wie er es gemacht hatte. Er sah, wie der andere Fuchs nach allen Richtungen schaute, er versuchte wohl, ihn auszumachen.
    Der Kühne wußte, hier hatte er nichts zu fürchten. Der andere fürchtete eine Begegnung ebensosehr und schien außerdem weniger kräftig zu sein. Leise erhob er sich.
    Der andere entdeckte ihn und erschrak. Instinktiv sprang er sogar einige Schritte zurück und fauchte.
    »Ich tue dir nichts«, sagte der Kühne laut. »Ich sehe mich nur ein bißchen um.«
    »Besser, du würdest dich hier nicht umsehen«, meinte der andere mürrisch. »Du bist kein Verwandter von mir, und wir lassen Fremde nicht in unser Revier.«
    »Aber anscheinend gilt das nicht für euch«, war des Kühnen Antwort.
    »Ah, du bist ein Tier aus dem Farthing-Wald«, sagte der andere Fuchs. »Dort ist dein Revier.«
    »Ganz und gar nicht«, erwiderte der Kühne gelassen. »Ich bin ein Fuchs aus dem Hirschpark, genau wie du. Auch ich bin hier geboren.«
    Diese Bemerkung brachte den anderen zum Schweigen. »Wie heißt du denn?« fragte der Kühne, der nicht unfreundlich sein wollte.
    »Stromer«, antwortete der andere.
    »Ich bin der Kühne«, sagte der Sohn des Fuchses, »und ich habe eine Frage: Müssen wir beide eigentlich den Streit unserer Eltern mitmachen? Wir könnten überall sonst Freunde sein. Warum nicht auch hier?«
    Stromer sagte vorerst nichts. Dann, als er gerade auf des Kühnen freundlichen Ton eingehen wollte, tauchte plötzlich sein Vater auf. Mit seinem bekannten wilden Fauchen warf er sich zwischen den Kühnen und seinen Sohn.
    »Das kannst du bedauern, daß du das Revier deiner Familie verlassen hast«, sagte er eiskalt. »Dies ist das erste und auch das letzte Mal, daß du in unser Gebiet eindringst.«
    Der Kühne wankte nicht und fragte sich, was der andere als nächstes tun würde. Er spannte alle Muskeln und war bereit, sofort loszurennen, wenn es nötig würde. Sein Blick ließ die vernarbte Schnauze seines Feindes keinen Augenblick los, außerdem behielt er auch den Stromer im Auge. Dem war offenbar sehr unbehaglich zumute. Er verlagerte sein Gewicht dauernd von einer Pfote auf die andere und warf einmal seinem Vater, dann wiederum dem Kühnen ängstliche Blicke zu.
    Plötzlich schnauzte ihn der Narbige ungeduldig an, denn diesen störte seine Ängstlichkeit im Vergleich zur Gelassenheit des Kühnen. Stromer verdrückte sich hinter den Rücken seines Vaters. Der Kühne und der Narbige funkelten einander immer noch an.
    Blitzschnell wollte sich der alte Fuchs auf den jungen werfen, aber der konnte die Absicht von seinen Augen ablesen. Behend sprang er zur Seite, und der Narbige sauste an ihm vorbei und noch ein paar Meter weiter, bevor er zum Stehen kam. Erneut trat ihm der Kühne gegenüber, aber als der Narbige sich wieder auf ihn stürzte, bedeutete er seinem Sohn, sich von hinten an den Kühnen heranzumachen. Aber der Kühne war viel zu flink und geschmeidig für einen alten Fuchs und einen jungen ohne jede Erfahrung. Er hatte seines Vaters Schnelligkeit und Flinkheit geerbt. Er wich der Attacke aus und lief den Weg zurück.
    Mit einem wilden Gebell der Wut und Enttäuschung setzte ihm der Narbige nach. Stromer folgte, mehr aus Gehorsam seinem Vater gegenüber als aus eigenem Antrieb.
    Flink und leicht lief der Kühne, vertraute darauf, daß er schneller war. Da hörte er hinter sich einen

Weitere Kostenlose Bücher