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Was die Toten wissen

Was die Toten wissen

Titel: Was die Toten wissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Lippman
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sicher, ob das hier gebraucht wird. Wir haben mehrfach gesagt, dass wir Ihre Mandantin auch vor eine Anklagejury zitieren können, dass wir ihr Immunität für alles, was sie getan hat, zugestehen können, sogar bis hin zu der Aneignung fremder Identitäten, aber – na ja.« Sie tat ganz lässig.
    Ich kenne Sie, Detective. Sie sind eine von den Guten, so eine, die Klassensprecherin wird oder Vizepräsidentin. Eine, die einen tollen Sportler zum Freund hat und beim Lunch an seinem Kragen herumfummelt, bereits mit sechzehn eine perfekte kleine Ehefrau. Ich kenne Sie. Nur dass ich weiß, wie es ist, eine minderjährige Braut zu sein, und es würde Ihnen nicht gefallen. Ganz und gar nicht .
    »Wie ich bereits mehrfach wiederholt habe, geht es hier nicht um juristische Fragen«, sagte Gloria. »Es geht vielmehr darum, dass herumgestochert, herumgeschnüffelt wird. Wenn Heather die Einzelheiten ihrer aktuellen Identität offenlegen würde, würden Sie daraufhin mit ihren Arbeitskollegen und Nachbarn sprechen, richtig?«
    »Möglicherweise. Wir würden es auf jeden Fall in alle unsere Datenbanken eingeben.«
    Wen interessiert das, verdammt noch mal?
    Aber Gloria sagte: »Sie halten sie für eine Kriminelle?«
    »Nein, nein, überhaupt nicht. Uns fällt es nur schwer, zu verstehen, warum sie damit nicht schon früher rausgerückt ist? Warum es erst zu einem Unfall mit Fahrerflucht kommen musste?«
    Sie beschloss, es mit der Kriminalbeamtin direkt aufzunehmen: »Sie mögen mich nicht.«
    »Ich sehe Sie eben zum ersten Mal«, sagte Nancy. »Ich kenne Sie ja gar nicht.«
    »Wann kommt Kevin denn zurück? Sollte er nicht die Befragung
durchführen? Ohne ihn müssen wir alles, was ich bereits erzählt habe, noch mal durchkauen.«
    »Sie waren diejenige, die es unbedingt heute durchziehen wollte. Bitte schön, dann mal los.«
    » Dann mal los – das waren Gary Gilmores letzte Worte – 1977. Waren Sie da überhaupt schon geboren?«
    »Just in diesem Jahr«, entgegnete Nancy Porter. »Und wie alt waren Sie da? Wo waren Sie denn, dass Gary Gilmores Tod einen derart bleibenden Eindruck bei Ihnen hinterlassen hat?«
    »Ich war dreizehn in Heather-Jahren. Nach außen hin hatte ich ein anderes Alter.«
    »›Heather-Jahre‹? Das hört sich an wie Hundejahre.«
    »Glauben Sie mir, Detective – ich sehnte mich nach einem Hundeleben.«

Kapitel 33
    17:45 Uhr
    »Sunny hatte gesagt, dass ich mitkommen könne zur Mall, aber dass ich sie dort in Ruhe lassen solle. Und wer weiß, vielleicht nur, weil sie das gesagt hat, habe ich sie nicht in Ruhe gelassen. Ich folgte ihr ins Kino, in Die Flucht zum Hexenberg . Als die Vorschau anfing, stand sie auf und ging hinaus. Ich dachte, sie wäre vielleicht zur Toilette, aber als der Film begann und sie immer noch nicht zurück war, ging ich hinaus ins Foyer und sah mich nach ihr um.«
    »Hatten Sie sich Sorgen um sie gemacht? Dachten Sie, es wäre ihr etwas zugestoßen?«
    Die Person – Willoughby war noch nicht so weit, sie Heather zu nennen, wenn er auch nur zu seinem eigenen Schutz argwöhnisch war; er wollte sich nicht zu viel von dieser Frau versprechen, von dieser Erklärung – die Person dachte sorgfältig über die Frage nach, und Willoughby erkannte, dass sie jemand
war, der überlegte, bevor er sprach. Vielleicht war sie auch einfach nur vorsichtig, aber er hatte den Verdacht, dass sie die Spannung, die ihre Pausen und Verzögerungen verursachten, genoss. Sie wusste, dass es hier um ein größeres Publikum als Nancy und Gloria ging.
    »Interessant, dass Sie das fragen. Tatsache ist, dass ich mir wirklich Sorgen um Sunny gemacht habe. Ich weiß, das hört sich verdreht an, wo ich doch die Jüngere bin. Aber sie war – ich weiß nicht, ob es das richtige Wort ist – naiv? Damals hätte ich es nicht benennen können. Ich weiß nur, dass ich sie beschützen wollte, und ich hatte Angst, als sie nicht zurückkam. Es war einfach unvorstellbar, dass sie eine Eintrittskarte gekauft hatte und dann nicht im Film blieb.«
    »Sie hätte draußen nach einer Rückerstattung fragen können.«
    Sie zog die Stirn kraus, als ob sie darüber nachdachte. »Ja, stimmt. Das war mir nie in den Sinn gekommen. Ich war elf, und außerdem habe ich ja gleich darauf rausgekriegt, warum sie hinausgegangen war. Sie hatte sich heimlich in Chinatown geschlichen, der erst ab sechzehn war. So wie die Eingangshalle lag, war das gar nicht so einfach, es gab nur zwei Kinosäle, und sie passten auf, wohin man ging. Aber wenn

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