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Was du liebst, gehört dir nicht - Doughty, L: Was du liebst, gehört dir nicht - Whatever You Love

Was du liebst, gehört dir nicht - Doughty, L: Was du liebst, gehört dir nicht - Whatever You Love

Titel: Was du liebst, gehört dir nicht - Doughty, L: Was du liebst, gehört dir nicht - Whatever You Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Doughty
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nehme es hoch und wende mich zur Küche. Dort erwartet mich der Anfang des Rituals, der langsame, aber zwangsläufige Prozess, das Haus für die Nacht fertig zu machen, Türen zu überprüfen, Lampen auszuknipsen, mir selbst einzugestehen, dass ich allein bin. Ich führe es aus. Ich befehle es mir, obwohl ich nichts weiter will als Bettys Bett, das Flüstern ihrer Daunendecke, wenn ich sie mir über die Schultern ziehe, den hypnotisch wandernden Lichtschein der orangefarbenen Seesternlampe, meine Gedanken an sie. Ich will nur noch an sie denken.
    Entgegen meiner Gewohnheit schlafe ich ein und bin am Morgen schlaftrunken und träge. Langsam gehe ich im Morgenmantel nach unten. Kaffee und zwei Bissen Toast machen mich nicht munter. Mein Festnetztelefon klingelt, als ich auf halbem Weg die Treppe hinauf bin, um mich anzuziehen. Es hört auf, als ich unten angekommen bin, setzt aber kurz darauf wieder an.
    »Laura, hallo, hier ist Toni.«
    Ich bin so erledigt, so geistesabwesend, dass ich ein Weilchen brauche, bis es bei mir einsickert. »Toni«, sage ich.
    »Geht es Ihnen gut? Sie hören sich verschlafen an. Hab ich Sie geweckt?«
    »Nein, nein, mir geht’s gut, bin nur noch nicht lange wach. Hab ausnahmsweise mal ausgeschlafen.«
    »Sehr schön.«
    Ich lächle vor mich hin. Toni, meine Glucke.
    »Sind Sie die nächste halbe Stunde zu Hause?«, fragt sie.
    »Ja, klar, ich bin noch nicht mal angezogen.«
    »Super, dann komm ich vorbei. Geht es in Ordnung, wenn ich eine Kollegin mitbringe?«
    »Ja, sicher, ich zieh mich nur eben an.«
    »Aber nicht extra wegen uns.«
    Ich schaue auf die Uhr. Es ist schon mitten am Vormittag. »Haben Sie mich gestern angerufen?«, frage ich. »Auf dem Handy, mehrmals nacheinander, lauter Anrufe in Abwesenheit?«
    »Nein, ich würde es immer zuerst mit Ihrer Festnetznummer probieren oder eine Nachricht hinterlassen.«
    »Ach so.«
    Toni schaut sich um, als sie zur Tür hereinkommt.
    »Rees bleibt eine Zeit lang bei David«, sage ich.
    »Ja, ich weiß«, antwortet Toni.
    Ich sehe die Kollegin an, die Toni mitgebracht hat, Toni in klein, jünger, aber genau wie sie mit offenem Blick und strubbeliger Kurzhaarfrisur. Ihre funkelnden Augen sind sehr rund. Sie sieht aus wie eine dieser munteren, tüchtigen jungen Frauen, denen nie etwas richtig Schlimmes zugestoßen ist, auch wenn ich mich bemühe, nicht vorschnell zu urteilen. Wenn eine wissen sollte, wie stark der Schein trügen kann, dann ich. »Rees ist mein Sohn«, sage ich.
    »Tag, ich bin Jane«, gibt sie zur Antwort. »Wie alt ist er?«
    »Vier«, erwidere ich.
    Jane bleibt im Flur stehen und sagt: »Dieser Spiegel gefällt mir.«
    »Danke«, sage ich schmunzelnd, während ich in die Küche vorausgehe. Es ist ein ganz gewöhnlicher Spiegel. Seit Toni habe ich mich an bestimmte Verhaltensweisen von Polizisten gewöhnt, deren hervorstechendste ständige laut ausgesprochene Beobachtungen sind, wie um ihre Aufmerksamkeit unter Beweis zu stellen. Vielleicht ist es eine erlernte Methode, um Angehörige oder Opfer zu beruhigen und Verdächtige zu verunsichern, und die wird ihnen dann so zur Gewohnheit, dass sie gar nicht mehr merken, wenn sie sie anwenden. Letzten Endes sind wir für sie alle gleich, diejenigen, mit denen sie es zu tun haben – die Zivilpersonen, die Nicht-Wir. Mir fällt wieder ein, wie die Kindersicherung an dem Abend, als sie mich zum Krankenhaus fuhren, verriegelt war, wie sie mich auf dem Krankenhausparkplatz zwischen sich nahmen, so als könnte ich mich jeden Moment in eine Tatverdächtige verwandeln.
    Toni trägt einen mattblauen Pappaktenordner, woran ich sofort erkenne, dass dieser Besuch förmlicher sein wird als ihre bisherigen. Ich beschließe, mir die Mühe zu sparen, ihnen Kaffee oder Tee anzubieten, und befürchte deshalb, wenn auch nur flüchtig, dass die Jüngere, Jane, mich unhöflich finden könnte. Während wir alle drei Platz nehmen, legt Toni den Aktenordner auf den Tisch und setzt zu einer einstudierten Rede an. »Laura, Sie wissen, dass Mr. Ahmetaj ursprünglich unter Verdacht auf vorsätzliche Körperverletzung mit Todesfolge verhaftet wurde.« Mir kommt der Gedanke, Toni meint, mir ginge es besser, ich wäre jetzt vielleicht allmählich stark genug für das, was sie mir sagen will. Draußen im Garten, irgendwo in der Nähe meiner Hintertür, ertönt das Miauen einer Nachbarkatze.
    Toni wendet sich Jane zu. »Wir haben Laura so weit wie möglich auf dem Laufenden gehalten. In der Regel habe ich einmal

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