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Was du liebst, gehört dir nicht - Doughty, L: Was du liebst, gehört dir nicht - Whatever You Love

Was du liebst, gehört dir nicht - Doughty, L: Was du liebst, gehört dir nicht - Whatever You Love

Titel: Was du liebst, gehört dir nicht - Doughty, L: Was du liebst, gehört dir nicht - Whatever You Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Doughty
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dann putze ich mir die Zähne. Währenddessen betrachte ich mich im Badezimmerspiegel und fühle mich abgeklärt genug, um festzustellen, dass ich also zum ersten Mal jemanden gefickt habe, den ich nicht mochte – vorher hatte ich nie begriffen, dass es möglich, ja sogar leicht war, es aus Gründen zu tun, die wenig oder gar nichts mit der Person zu tun hatten, mit der man es tat, und es sich hinterher so schlecht anfühlt, wie ich es mir immer gedacht hatte, dass ich mich aber an einer kalten, harten Stelle in mir weit genug distanzieren kann, um interessant zu finden, das Experiment gewagt zu haben. So ficken Männer manchmal, denke ich, aus Bitterkeit, Wollust und der Gier nach Kontrolle – aus allen möglichen Gründen, die kaum etwas mit Begehren zu tun haben.
    Als ich in das abgedunkelte Schlafzimmer zurückkehre, liegt er schlafend auf dem Rücken, gibt mit offenem Mund leise Schnarchlaute von sich, abgehackt und unregelmäßig, bei jedem Einatmen. Ich hebe meinen Slip und die Jeans von dort auf, wo sie auf dem Boden liegen, nehme sie ins Badezimmer mit, setze mich auf das Bidet und wasche mich, von hinten und von vorn. Dann trockne ich mich flüchtig mit dem Händetuch ab und ziehe Schlüpfer und Jeans an.
    Ich gehe nach unten, direkt in die Küche, schenke mir ein Glas Whisky ein und leere es in einem Zug. Ich schenke nach und hebe diesmal das Glas auf mich. Prost, Mädel, auf ex! Heute hast du entdeckt, wozu du fähig bist und wozu nicht. Ich kippe es und stürze gleich darauf ans Spülbecken, kurz davor, mich zu übergeben, muss jedoch nur würgen und spucken. Der Whisky bleibt, wo er ist, ein heißer Klumpen in mir, hart wie ein Kugellager. Mein Mund würde mich verderben. Ich bin rechtschaffen. Ich weiß es selbst nicht. Nein, denke ich, mein Mund würde mich verurteilen; so geht es: verurteilen , nicht verderben . Während ich mich von der Spüle aufrichte und mir den Mund an einem Geschirrtuch abwische, denke ich: Also bitte, es ist vollbracht, ich habe es getan und kann es nie im Leben zurücknehmen. Als ich mit David essen war, habe ich innerlich bei der Vorstellung triumphiert, dass ich etwas hatte, das ich ihm verschweigen musste: meinen Plan, Ahmetaj zu finden. Jetzt weiß ich, dass das nichts war. Jetzt habe ich etwas, das er nie erfahren darf, solange wir leben. Ich habe mit dem Mann geschlafen, der unsere Tochter getötet hat, und mir selbst einen Panzer gegen David angelegt – und mit dieser Erkenntnis stellt sich das Wissen ein, dass es überhaupt nur darum ging, etwas zu tun, das David nie würde verstehen und vergeben können, etwas zu haben, das ich vor ihm verstecken und gegen ihn verwenden kann, und ich weiß jetzt, dass es immer so sein wird, dass alles, was ich je mit einem anderen Mann tun werde, eine verschlüsselte Botschaft an David sein wird.
    Ein paar Minuten später höre ich Ahmetaj die Treppe herunterkommen. Als er die Küche betritt, ist sein Gesichtsausdruck der eines verwirrten Jungen. Er versteht die Regeln dieses Spiels nicht, weiß nur, dass ich das Kommando habe. Er kommt zu mir und versucht unbeholfen, mich in den Arm zu nehmen, doch ich schubse ihn weg. Ich weiß, dass er es jetzt kaum erwarten kann zu gehen, so wenig wie ich es erwarten kann, ihn weggehen zu sehen, doch wir sind noch nicht ganz fertig miteinander. Ich nicke in Richtung Küchentisch, und er setzt sich wieder. Ich nehme ihm gegenüber Platz und schenke uns beiden nach.
    Während ich die Flasche absetze, sage ich: »Sie haben gesagt, Sie wollen bezahlen.«
    Verwirrt sieht er mich an. Hat er nicht eben bezahlt, auf eine ihm unbegreifliche Weise? Nein, hat er nicht. Das war nur eine Zugabe, dieser gegenseitig erniedrigende Sex. Dabei ging es um David, nicht um Betty.
    »Sie wollen bezahlen«, wiederhole ich.
    Sein einer Mundwinkel geht nach oben. »Sie wollen mich, die Klippe runter.« Er spricht die Worte schwerfällig aus, doch sein Gesichtsausdruck sieht ein klein wenig erleichtert aus, schon fast hämisch.
    Ja, ja, genau das will ich. Ich will, dass Sie genauso tot sind wie meine Tochter. Ich will, dass Sie vom Angesicht der Erde getilgt werden. Ich starre ihn an. Ich möchte wissen, was Sie lieben, denke ich. Ihren Neffen? Möglich, doch es muss nicht aus Liebe geschehen sein, dass Sie ihn in jener Nacht im Wald retten wollten, es kann auch einfach nur aus der Not passiert sein, aus der Notwendigkeit, die eigene Haut zu retten. Woher soll ich das wissen? Vielleicht wissen Sie es nicht einmal

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