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Was du liebst, gehört dir nicht - Doughty, L: Was du liebst, gehört dir nicht - Whatever You Love

Was du liebst, gehört dir nicht - Doughty, L: Was du liebst, gehört dir nicht - Whatever You Love

Titel: Was du liebst, gehört dir nicht - Doughty, L: Was du liebst, gehört dir nicht - Whatever You Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Doughty
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profitiere. Die Patentante Vivie redet weiter, leise, unaufdringlich. Ich nicke.
    Gegen Ende unseres Gesprächs passiert etwas Seltsames. Ich unterhalte mich im Stehen mit Vivie. Wir haben uns nicht von der Stelle gerührt. Auf einmal spüre ich ein Kratzen und einen schneidenden Schmerz am Schienbein. Ich drehe mich um und sehe eine finster dreinblickende kleine Frau mit gekräuselten braunen Haaren dicht hinter mir stehen. Und hinter ihr ist ein Armsessel. Ich nehme an, dass sie darin gesessen und mich beim Aufstehen irgendwie mit ihrem spitzen Absatz erwischt hat, auch wenn ich mir nicht richtig erklären kann, wie oder warum. Mit überraschtem Ansatz zu einem Lächeln sehe ich sie an und warte auf ihre Entschuldigung, aber sie stiert mich nur an, bevor sie sich abwendet.
    Ich beobachte die kleine Frau beim Hinausgehen und frage dann Vivie: »Wer war das?« Sie zuckt mit den Schultern.
    Wenig später wird mir klar, dass ich unbedingt nach Hause will – ich hätte mich von Julie mitnehmen lassen sollen. Ich verabschiede mich von Vivie, verlasse das Wohnzimmer und frage mich, ob ich mich wohl rausstehlen könnte, ohne mich von irgendwem zu verabschieden. Mir würde man das immerhin nachsehen. Ich habe meinen Beitrag geleistet. Zögernd schaue ich Richtung Küche, die immer noch voller Menschen ist. Ich bringe es nicht über mich, dorthin zurückzugehen.
    Oben im Schlafzimmer kann ich meinen Mantel nicht finden. Auf dem Doppelbett liegt die Garderobe zu einem Haufen aufgetürmt, aber als ich mich da durchwühle, ist mein Mantel nicht darunter. Ich gehe ich das Kinderzimmer nebenan, wo sich ein Grüppchen Teenies auf dem Bett und auf Sitzkissen niedergelassen hat. Es sieht so aus, als hätten sie alle geweint. Willow war das jüngste von vier Kindern. Ich sehe ihre ältere Schwester Beeny am Fenster. Sie starrt mich mit verschmiertem Augen-Make-up an und sagt dumpf: »Tag.«
    »Hallo, Beeny«, sage ich. »Weißt du, wo die restlichen Mäntel sind? Ich muss gehen.« Sie wendet das Gesicht wieder zum Fenster.
    Als ich die Treppe hinabkomme, stehen Ranmali und ihr Mann in Mantel und Hut an der Haustür, zum Aufbruch bereit. Das erste Mal seit dem Unfall sehe ich sie aus so großer Nähe, dass ich mit ihnen reden könnte – bei Bettys Beerdigung sind sie ins Krematorium, aber nicht zu mir nach Hause gekommen. Obwohl ich Ranmali seit Wochen gemieden habe, bin ich plötzlich erleichtert, dass wir uns treffen, und wünschte, ich würde sie gut genug kennen, um sie zu umarmen. Es gibt ein Gespräch, das sie und ich einmal führen müssen, und obwohl ich dazu noch nicht in der Lage bin, freue ich mich, sie zu sehen.
    Sie knöpft ihren Wollmantel zu, dreht sich um und beobachtet mich beim Hinabkommen. Erst schaut sie nur, dann füllen sich ihre Augen mit Tränen. Das erschreckt mich nicht, weil ich weiß, dass ihr höfliches, präzises Englisch keinen Raum für Allgemeinplätze hat. Ihr Mann steht neben ihr, schon fest zugeknöpft, bereit zu gehen. Er hat den Hut auf sein sorgsam geöltes Haar gesetzt und starrt unter der Krempe zu mir hoch. Sein Gesichtsausdruck ist nicht herzlich oder mitfühlend wie der seiner Frau. Sondern wie der, den er annimmt, wenn sich zu viele Schulkinder in seinen Laden drängeln.
    Als ich unten angekommen bin, tritt er vor. Seine Frau legt ihm die Hand auf den Arm. Nach einem kurzen Blick auf sie sieht er wieder mich an.
    Ich bleibe, wo ich bin. Wahrscheinlich will er etwas sagen, bringt es aber nicht über sich. Mir geht auf, dass ich ihn in all den Jahren nie sprechen gehört habe.
    Nach kurzem Neigen des Kopfes sagt er so leise, dass ich ihn kaum hören kann: »Es tut mir leid, Mrs. Needham.«
    Zur Antwort nicke ich knapp, registriere seinen Beileidswunsch und wende mich halb ab zum Wohnzimmer, um die Suche nach meinem Mantel fortzusetzen, doch er geht noch einen Schritt auf mich zu, und ich merke, dass er mehr sagen will.
    Er beugt sich zu mir vor, als wollte er von niemand sonst gehört werden. »Meine Frau täuscht sich«, sagt er.
    Ich sehe ihn an. Seine Miene ist ausdruckslos. Seine Lippen bewegen sich kaum, als er sagt: »Sie macht einen Fehler.«
    Ich muss mit dem Kopf näher an ihn herankommen, um ihn verstehen zu können. Er hat tiefe Falten im Gesicht, graue Furchen, die sein Alter verraten, aber seine Zähne sind klein und gepflegt. »Das Auto, meint meine Frau, aber ich glaube, sie will es nicht wissen, es war nicht normal. Es kam zu schnell um die Ecke. Der Fahrer war zu schnell.

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