Was du liebst, gehört dir nicht - Doughty, L: Was du liebst, gehört dir nicht - Whatever You Love
bist mir lieb und teuer. O meine Liebe. Du lieber Himmel. Damit wirkte die Anrede viel unheimlicher auf mich, als ein schlichtes Laura das je vermocht hätte. Liebe Laura, was glaubst du eigentlich mit alledem zu erreichen …
Zu der Zeit redeten David und ich nicht miteinander. Wir kommunizierten nur per E-Mail und SMS , wobei wir die minimale Anzahl an Wörtern benutzten, die es uns erlaubten, die Besuchszeiten der Kinder bei ihm zu regeln. Er wusste, dass es keinen Sinn hatte, mich auf dem Gebiet übervorteilen zu wollen, auch wenn ihn das nicht von Versuchen in der Richtung abhielt, wenn er besonders wütend war.
Der Brief kam an einem Dienstagmorgen. Betty war in der Schule, Rees im Kindergarten – er hatte eben erst an drei Vormittagen die Woche angefangen, weil ich bald wieder in Teilzeit arbeiten wollte. Nachdem ich ihn an dem Morgen abgegeben hatte und ein paar Minuten geblieben war, damit er sich eingewöhnte, war ich erst in den Supermarkt gegangen, hatte dann beim Schuster warten müssen, sodass es fast schon wieder Zeit war, ihn abzuholen, als ich nach Hause kam. Mit drei Plastiktüten an jeder Hand kickte ich die Tür hinter mir zu und hob die Post auf, wobei mir der schlichte weiße Umschlag mit meinem von Hand geschriebenen Namen auffiel. Und zwar nur der Vorname, weder Adresse noch Briefmarke, jemand musste ihn also persönlich eingeworfen haben. Die einzige andere Post war eine Benachrichtigung in einem braunen Umschlag vom Gesundheitsamt, wegen Rees’ Impfungen.
Ich ließ beide Briefe in die Plastiktüte mit den Schuhen fallen, deren Absätze ich gerade hatte richten lassen, und ging in die Küche, wo ich die Tüten auf den Tisch stellte. Ich schaltete den Wasserkocher an, machte meine Haarspange auf, weil sich vorne eine Strähne gelöst hatte und mich störte, und stellte mich dann vor den eingebauten Umluftbackofen mit Glastür, die mir auch als Spiegel diente, wenn ich Haarklammern befestigen wollte. Was ich nun tat. Während ich diese bewusst banalen Handlungen ausführte, glühte der Brief in dem handbeschrifteten weißen Umschlag in der Tüte vor sich hin wie die heiße graue Asche eines Kohlefeuers. Ich wusste es ebenso, wie ich es damals wusste, als Chloe in Davids Firma anfing, wie damals, als ich das erste Mal ans Telefon ging: Das eine wissen wir mit dem Kopf, das andere mit dem Bauch. Ich habe gelernt, mich auf meinen Bauch zu verlassen.
Irgendwann setzte ich mich an den Küchentisch und zog die Tüte mit meinen reparierten Schuhen und der Post zu mir, behutsam, wie eine Schachtel Pralinen, die ich mir zur Belohnung aufgespart hatte. Zunächst holte ich die Papiertüte mit meinen Schuhen heraus – die schicken Pumps, die ich nur zu Vorstellungsgesprächen anzog, die mit Trotteurabsatz und Silberschleifchen. Meine Silberschuhe: Die werde ich nie wieder tragen, hatte ich gedacht, als ich sie dem Mann hinter der Ladentheke gereicht hatte. Ich machte eine Phase der Kleiderrestaurierung durch, auf die traurige, tapfere Art, wie Leute das tun, nachdem ihr Partner sie verlassen hat. Ein halbes Dutzend ausgeleierte oder fusselige Pullis waren den Weg zu Oxfam gegangen. An meinen Silberschuhen, die ich nie trug, hatte ich die Absätze richten lassen.
Ich stellte die Schuhe auf den Tisch, um mir selbst zu beweisen, dass ich nicht abergläubisch war. Danach zog ich den Umschlag aus der Plastiktüte und hielt ihn kurz in der Hand, wendete ihn, so als erwartete ich Antworten auf der Rückseite, und verzog das Gesicht, als die andere Seite nichts preisgab. Ich untersuchte meinen handschriftlichen Namen, der nur verriet, dass der Verfasser eine regelmäßige, nach rechts geneigte Handschrift hatte. Der Umschlag war von der selbstklebenden Sorte, fest verschlossen, der Brief darin ausgedruckt.
Liebe Laura,
was glaubst du eigentlich mit alledem zu erreichen? Denkst du etwa, du wirst je im Leben deinen Mann zurückkriegen?! Ich kann dir sagen, das wird nicht passieren. Er hat dich endgültig verlassen, und warum? Hast du dich das je gefragt? Wenn du ihn so sehr liebst, wie du gern behauptest, warum lässt du ihn dann nicht einfach gehen, damit er mit einer Frau glücklich ist, die sich wirklich etwas aus ihm macht?
Du tust mir leid. Es ist bestimmt nicht leicht, so eine verbitterte Person zu sein, ganz besonders, wo du dich um diese zwei Kinder zu kümmern hast, aber denkst du bei alledem überhaupt auch mal an sie? Wie es für die sein muss! Sie haben ein Recht auf ihren Vater, und du
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