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Was du liebst, gehört dir nicht - Doughty, L: Was du liebst, gehört dir nicht - Whatever You Love

Was du liebst, gehört dir nicht - Doughty, L: Was du liebst, gehört dir nicht - Whatever You Love

Titel: Was du liebst, gehört dir nicht - Doughty, L: Was du liebst, gehört dir nicht - Whatever You Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Doughty
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Vormittag zu Hause gewesen war, hatte ich meine Post schon geholt. Als ich die Treppe runterkam, fiel mir der weiße Umschlag gleich ins Auge. Außer zwei Pizzaservice-Flyern, die schon zuvor gekommen waren, lag sonst nichts auf der Matte. Ich hob den Umschlag auf, drehte ihn um, sah mir meinen mit den gleichen ordentlichen Buchstaben geschriebenen Namen vorne an und ging sofort zum Wohnzimmerfenster. Ich schaute die Straße auf und ab, doch sie war leer. Kein leiser werdender Automotor war zu hören, und wir wohnen in einer ruhigen Nebenstraße. Sie musste zu Fuß gekommen sein. Mir kam kurz in den Sinn, dass meine Chancen fifty-fifty standen, zu erraten, aus welcher Richtung sie gekommen war, und ich sie wahrscheinlich einholen konnte, wenn ich rannte; doch stattdessen ging ich langsam in den Flur zurück und setzte mich auf die unteren Treppenstufen. Dieser zweite Brief war nicht mehr so ein Schock wie der erste, aber die Vorstellung, dass diese Frau, der ich nie begegnet war, die Verursacherin all meines Elends der letzten Zeit, erst vor wenigen Minuten an meiner Haustür gewesen war, machte mir zu schaffen.
    Liebe Laura,
    wahrscheinlich ist dir jetzt ein Fitzelchen wohler in deiner Haut, wo du deinen Mann so weit hast, dass er sein Gehalt fast bis auf den letzten Penny abliefert. Wahrscheinlich glaubst du, du hättest das große Haus ganz für dich allein verdient. Tja, da kann ich nur sagen: Viel Spaß mit deinem Trostpreis. Du bildest dir vielleicht ein, er würde sich noch ein bisschen was aus dir machen, weil er so freundlich und fürsorglich ist, aber das ist nur, weil er ein weicher Mensch ist, der immer den Weg des geringsten Widerstands gehen wird.
    Und weil er an diese armen Kinder zu denken hat. Na, jedenfalls wirst du noch früh genug einsehen, dass er endgültig weg ist; und zwar schon sehr bald, so viel steht fest. Ich schreib das nicht, um dir eins auszuwischen, sondern nur, weil es die Wahrheit ist, und irgendwer muss dir die ja wohl mal beibringen, oder was meinst du?
    Hochachtungsvoll,
    E.
    Nach diesem Brief triumphierte ich nicht ganz so überschwänglich wie nach dem ersten. Mich beunruhigte, dass sich der verrückte Unterton so haargenau wiederholte, denn das deutete darauf hin, dass er echt war. Sosehr mir das auch widerstrebte, ich konnte die Möglichkeit nicht ausschließen, dass diese Frau eines Tages am Leben meiner Kinder teilhaben würde. Warum »E.«? Bis dahin hatte ich meine Zustimmung verweigert, dass Betty und Rees Chloe kennenlernten, aber wenn David nicht zur Vernunft kam, führte kein Weg daran vorbei. Ich hatte mich mit dem getröstet, was mir meine Kollegen Sunita und Maurice gesagt hatten. »Schau mal, meine Liebe«, hatte Maurice eines Abends bei einem Glas im Pub angesetzt. Maurice sonnte sich in seinem Status als Hahn im Korb unserer Station. Nichts genoss er mehr, als männliche Weisheit an uns Frauen auszuteilen, und wir schmeichelten ihm schamlos. »Ist doch so«, sagte er, während er an seinem Cider nippte und gemächlich einen Bierfilz zwischen seinen fleischigen Fingern faltete, »da besteht überhaupt keine Gefahr, dass diese neue Tussi von ihm die Langstreckendistanz durchhält.« Sunita hatte genickt. »Recht hat er, musst du wissen«, hatte sie gesagt, während sie Maurice und mir zunickte. »Die Affäre, die eine Ehe zerstört, hält nie lange, weißt du, die ganze Schuld und die Spannungen sind schließlich kein so richtig guter Ausgangspunkt, oder? Früher oder später gibt er ihr den Laufpass und brennt mit einer ganz anderen durch.«
    An dieser Stelle des Gesprächs kam eine Pause auf, in der Maurice und Sunita sich ansahen und einander stillschweigend eingestanden, dass ich diese Vorstellung nicht unbedingt allzu tröstlich finden konnte.
    Dennoch stimmte ich ihnen zu, so beklagenswert arrogant das von mir auch war. Ich konnte einfach nicht glauben, dass David mit einer Frau zusammenbleiben würde, im vollen Bewusstsein, wie viel Schmerz mir seine Verbindung mit ihr zugefügt hatte. Im Kopf hatte ich bereits die Geschichte ihrer Beziehung geschrieben, wobei ich erfolgreich meine eigenen Wünsche aus dem Bild verbannte und mich auf die beiden als Hauptfiguren konzentrierte. Er würde sie für eine andere verlassen, hatte ich beschlossen, und zwar nach einer langen Phase der Streitereien wegen seiner Schuld und Reue aufgrund unserer zerbrochenen Ehe. Dann wäre es für ihn und mich natürlich zu spät. Wenn er fragte, ob wir einen neuen Anfang machen

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