Was du nicht weißt: Roman (German Edition)
Kühlschrank nahm. »Wir haben überhaupt keine Eile.«
»Das werde ich auch genießen.«
Constance verschwand in dem kleinen Zimmer am Ende des Flures. Früher hatte Jonathan hier geschlafen, wenn er aus dem Internat nach Hause kam, doch diese Zeiten waren schon lange vorbei. Es tat Emily gut, wieder einmal jungen Besuch im Haus zu haben. Dabei wurden nicht nur ihre mütterlichen Instinkte wach, sondern auch die Lebendigkeit, mit der sie immer ihre Familie versorgt hatte.
Gut gelaunt ging sie ins Esszimmer hinüber, um den Tisch zu decken. Als das Telefon klingelte, überlegte sie kurz, ob sie sich jetzt überhaupt stören lassen wollte, aber dann ging sie doch dran.
Es war Helen. Sie klang ziemlich vorwurfsvoll. »Weißt du, wo ich gerade bin?«
»Ich kann leider nicht hellsehen«, sagte Emily.
»Immer noch im Archiv. Deinetwegen habe ich heute nämlich Überstunden gemacht.«
»Du kannst davon ausgehen, dass ich dir das nicht vergessen werde«, sagte Emily trocken. »Hast du was rausgefunden?«
Helen holte tief Luft, dann begann sie zu berichten, was sie im Archiv ausgegraben hatte. »Es gab damals vier große Black Butter -Feste. Zumindest sind das die offiziell vermerkten.«
Gespannt fragte Emily: »Und? Welche Gutshöfe waren es? Ich brauche vor allem die Namen der Besitzer.«
Helen zählte sie auf. »Edwin Phillips auf Orchard House , Trevor de Sagan auf Sagan Manor , ein Mr. de la Haye – den Vornamen weiß ich nicht – auf Langley Farm und Francis Barnie de Gruchy auf Les Mielles Manor .«
In Gedanken ließ Emily die vier Namen durch ihren Gedächtnisspeicher laufen. Trevor de Sagan und Francis Barnie de Gruchy, beide aus sehr alten und einflussreichen Familien, kannte sie persönlich, die beiden anderen Namen sagten ihr nichts. Beide Männer waren Ende fünfzig, Trevor de Sagan ein erfolgreicher Farmer und Geschäftsmann und Francis Barnie de Gruchy ein intellektueller Zyniker, der mit Kunst handelte.
»Könntest du morgen Näheres über die Besitzer von Langley Farm und von Les Mielles Manor rauskriegen?«, fragte sie.
»Sei mir nicht böse, Schätzchen, aber morgen und übermorgen kann ich leider gar nicht.« Helen klang plötzlich beschwingt. »Die Zeit meines sexuellen Notstands ist nämlich vorbei. Alfred hat mich zu einem Wochenende auf Sark eingeladen.«
»Na endlich!«, gratulierte Emily. »Dann will ich eurem Liebesleben natürlich nicht im Wege stehen. Und feiern kann man auf Sark ja nun wirklich sehr gut.«
Sie spielte darauf an, dass die sechshundert Einwohner der benachbarten kleinen Kanalinsel für ihren fröhlichen Alkoholkonsum bekannt waren.
Doch merkwürdigerweise ging Helen gar nicht darauf ein. Stattdessen druckste sie herum. »Wenn du noch eine Sekunde Zeit hast, Emily …«, sagte sie vorsichtig, »… ich möchte dich auch was fragen.«
»Dann frag«, sagte Emily.
»Was würdest du anziehen? Ich meine, für die erste Nacht mit einem Mann, mit dem noch nie … Lieber ein unschuldiges weißes Etwas oder ein super sexy verführerisches Teil?«
Emily klemmte den Hörer zwischen Ohr und Schulter und fuhr dabei fort, die Teller und das Besteck auf den Esstisch zu stellen. »Himmel, Helen – das müsstest du aber eigentlich noch wissen! Zieh einfach das an, worin du dich selber sexy fühlst.«
»Du hast gut reden! Ich hatte seit vier Jahren keinen Kerl mehr im Bett.«
»Ups!«, sagte Emily überrascht. »So lange? Das wusste ich ja gar nicht.«
»Na ja … Du warst ja auch oft abgelenkt.«
Das saß. Helens boshafte Anspielung auf die komplizierte Affäre, die Emily bis vor sechs Monaten mit einem Piloten von British Airways gehabt hatte, ließ das Gespräch augenblicklich stocken. Typisch Freundin, dachte Emily verärgert, kein anderer hätte mir diesen Dolch so genüsslich in den Rücken gerammt. Vor allem störte sie daran, dass Helen diese missglückte Piloten-Geschichte ausgerechnet in Verbindung mit ihrer eigenen zweifelhaften Eroberung Alfred brachte, einem abgebrannten Börsenmakler.
»Dann also ein schönes Wochenende«, sagte sie deshalb ziemlich kühl. »Und schönen Dank für deine Hilfe.«
Der verletzte Ton in Emilys Stimme war Helen offenbar nicht entgangen. Um ihren Fehler möglichst schnell wiedergutzumachen, offerierte sie durch die Blume ein Friedensangebot. »Ich mach dir einen Vorschlag, Emily. Bis morgen früh habe ich alles recherchiert, was du brauchst, okay? Und wenn dir das dann immer noch nicht reicht, besorge ich dir einen Tagesausweis,
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