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Was du nicht weißt: Roman (German Edition)

Was du nicht weißt: Roman (German Edition)

Titel: Was du nicht weißt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Beling
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wieder so gegangen. Und das nach so langer Zeit.«
    »Oh ja, dieses Gefühl kennen wir alle. Die Gerüche, der Wind, das Gefühl von Freiheit … Wir sind nun mal hier auf der Insel aufgewachsen. Wirst du irgendwann wieder auf Jersey leben wollen?«
    Constance steckte sich eine Gabel mit Schellfisch in den Mund und schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass ich das schaffe. Jetzt schon gar nicht. Im Gegenteil, ich überlege ernsthaft, ob ich nicht nach London ziehe.«
    »Du weißt, dass Jonathan in London arbeitet, oder? Als Kinderarzt am King’s College Hospital.«
    »Ja, Debbie hat’s mir mal erzählt. Das ist doch super für ihn. Ist er glücklich?«
    »Ich denke, schon. Er hat jetzt endlich seinen Facharzt gemacht und ist ziemlich beschäftigt.«
    »Vielleicht kann ich ihn mal wieder treffen.«
    Emily überlegte, ob sie Constance etwas fragen sollte, was sie schon seit einiger Zeit beschäftigte. Sie entschied, es ruhig anzusprechen. »Constance … Ich hatte Debbie ein paar Mal angeboten, für den kleinen David einen Termin auf Jonathans Kinderstation zu machen, aber sie wollte partout nicht. Hast du eine Ahnung, warum?«
    »Sie wissen doch … Wenn es um ihr Kind ging, war Debbie ziemlich eigen«, antwortete Constance ausweichend.
    Emily wollte sich mit dieser Erklärung nicht zufriedengeben. »Ehrlich gesagt, ich glaube, dahinter steckte irgendwas anderes. Vielleicht bilde ich mir das nur ein, aber es kam mir damals so vor, als wollte sie David nicht noch anderen Ärzten zeigen.«
    »Das kann ich mir nicht vorstellen.«
    »Doch. Sie wollte nicht mal mit Jonathan deswegen telefonieren …«
    Plötzlich, völlig überraschend, verlor Constance die Nerven.
    »Ich will nicht darüber reden!«, schrie sie. Ihre Stimme überschlug sich dabei so sehr, dass sie schrill klang. Trotzig wie ein Kind begann sie, mit dem Messer an den Tomaten auf ihrem Teller herumzusäbeln.
    Ihre heftige Reaktion erschrak Emily. Davids Krankheit war offenbar für alle in der Familie ein Tabu gewesen. Das Einzige, was sie jemals von Debbie selbst dazu gehört hatte, war, dass die vielen Infektionen ihren Jungen geschwächt hatten. Am Ende war er im Krankenhaus an Nierenversagen gestorben.
    Sie beschloss, nicht weiter nachzuhaken. Über ihnen im Gebälk knackte ein Balken, während sie beide stumm weiteraßen. Emily durchbrach als Erste das betretene Schweigen. Versöhnlich sagte sie: »Entschuldige, Constance, aber ich mochte den kleinen Kerl schließlich auch gern …«
    Constance blickte auf. »Tut mir leid … War blöd von mir, so zu reagieren.«
    Unvermittelt warf sie das Besteck auf den Teller, schlug die Hände vors Gesicht und flüsterte weinerlich: »Verdammter Mist, ich weiß nicht, wie lange meine Nerven das noch aushalten …«
    Emily legte Constance beruhigend eine Hand auf den Arm. »Schschsch … Soll ich dich in dein Zimmer bringen? Möchtest du dich hinlegen?«
    Constance schüttelte den Kopf. Sie schien nachzudenken. Plötzlich sagte sie mit fester Stimme: »Ich glaube, Sie haben recht. Ich sollte endlich aufhören mit dem Versteckspiel, Mrs. Bloom.«
    »Was meinst du damit?«, fragte Emily überrascht.
    »Sie lagen schon richtig. Debbies Kind war viel kränker, als wir zugeben wollten. David hatte ständig Infektionen. Aber wenn es nur das gewesen wäre, hätten die Ärzte es vielleicht irgendwann in den Griff bekommen.«
    Emily hielt den Atem an. »War es … Krebs?«, fragte sie vorsichtig. Allein der Gedanke daran entsetzte sie.
    Constance schüttelte den Kopf. »Nein. Das wäre ja ein Feind gewesen, den man hätte bekämpfen können. Aber er bekam plötzlich Lähmungen, von einem Tag auf den anderen. Keiner wusste, warum. Die Ärzte vermuteten, dass es an den vielen Infektionen lag. Und an der seltenen Erbkrankheit, die er hatte.« Sie machte eine kleine Pause. »David war Bluter. Er muss es von Debbies Vater geerbt haben.«
    Erschrocken verkrampften sich Emilys Finger an der Tischplatte. Es war wie ein Paukenschlag, der in ihren Ohren dröhnte. Constance redete weiter, aber Emily hörte gar nicht mehr richtig zu.
    Sie kannte einen Menschen auf Jersey, der Bluter war.
    Sie kannte ihn sogar gut, denn er war ein enger Freund ihres Mannes gewesen.
    Er hatte sich sein Leben lang bemüht, die Krankheit geheim zu halten. Ein richtiger Gentleman, elegant und sportlich, Spross einer der vornehmsten Familien auf Jersey.
    Dieser Mann war Trevor de Sagan, Seigneur auf Sagan Manor. Und sein Name gehörte zu denen, die

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