Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Was du nicht weißt: Roman (German Edition)

Was du nicht weißt: Roman (German Edition)

Titel: Was du nicht weißt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Beling
Vom Netzwerk:
Helen ihr heute Abend am Telefon vorgelesen hatte.
    Das Polizeihauptquartier Rouge Bouillon – benannt nach der Straße, an der es lag – war schon tagsüber ein unauffälliger Gebäudekomplex, den sich die staatliche Polizei mit der Feuerwehr teilen musste. Abends wirkte das Gelände durch den fast leeren Parkplatz fast öde. Doch der Eindruck täuschte. Im Erdgeschoss bereitete sich gerade die Nachtschicht der Bereitschaftspolizei auf ihren Dienst vor, im Stockwerk darüber hatten sich die Leute von Jane Waterhouse eingeschlossen.
    Die abendliche Runde im Sitzungszimmer war klein. Nur Jane Waterhouse selbst, Harold Conway und die Spurensicherung in Person von Edgar MacDonald waren anwesend. Für jeden gab es ein Sandwich und ein Mineralwasser. Neben den Sandwichtellern lagen, ordentlich sortiert, die Fotokopien der Laborergebnisse und eine kurze Zusammenfassung des aktuellen Ermittlungsstandes.
    Harold Conway biss in sein Brötchen und studierte dabei mit übertrieben konzentriertem Gesicht die Untersuchungsergebnisse. In Wirklichkeit sehnte er sich nach der lockeren Herrenrunde, in der man hier früher gesessen hatte. Damals war auch ein Schluck Whisky nicht verpönt gewesen, wenn es den Ermittlungen auf die Sprünge half.
    Detective Inspector Waterhouse berichtete als Erstes über den Mordfall Jolanta Nowak.
    »Also: Unser erster Eindruck, dass Jolanta Nowak eine Einzelgängerin war, hat sich bestätigt. Als sie vor zwei Jahren aus Polen hierherkam, um ihre Tante zu pflegen, konnte sie kaum Englisch.«
    »Was war sie eigentlich von Beruf?«, fragte Edgar MacDonald und kramte in den Unterlagen herum. »Das steht hier nirgends.«
    »Sie war gelernte Krankenschwester. Aber in Polen war sie arbeitslos. Deshalb hat die Familie beschlossen, sie hierher zu schicken, zumal die Tante keine anderen Verwandten hat und auch nicht ganz arm ist.«
    »Typisch Familie«, sagte MacDonald.
    Ohne seinen Kommentar zu beachten, fuhr Jane Waterhouse fort: »Tatsächlich scheint sich Jolanta Nowak die meiste Zeit in der Wohnung ihrer Tante aufgehalten zu haben. Der Arzt der Tante hat mir bestätigt, dass die alte Frau seit einem halben Jahr nur noch dahindämmert. Jolanta Nowak hatte also einen aufreibenden Job. Nur alle drei Tage ist eine Mrs. Black gekommen, die für einen privaten Pflegedienst arbeitet, und hat sie für jeweils acht Stunden abgelöst. Hin und wieder kam Mrs. Black auch für die Nacht, aber nur, wenn Jolanta Nowak das unbedingt wollte.«
    »Am Tag der Tat hatte Jolanta Nowak also definitiv frei?«, fragte Harold Conway.
    »Ja. Sie hat die Wohnung der Tante um elf Uhr vormittags verlassen, gleich nachdem Mrs. Black den Dienst übernommen hatte. Laut Obduktion wurde sie dann zwischen vier Uhr und halb fünf nachmittags erstochen.«
    Harold Conway sah auf die Fotokopie vor sich. Dort war als Muster die Klinge eines zwanzig Zentimeter langen schmalen Messers abgebildet. Ungefähr diese Form könnte die Tatwaffe gehabt haben.
    »Das heißt also, wir müssen jetzt rausfinden, was die junge Frau in ihrer Freizeit gemacht hat, weil das der einzige Berührungspunkt mit dem Täter sein kann?«
    Stirnrunzelnd blickte Jane Waterhouse den Chef de Police an. »Theoretisch gäbe es ja wohl viele Berührungspunkte: der Bäcker, ein Nachbarjunge, ein verliebter, aber verschmähter Nachbar …«
    »So schlau bin ich auch«, konterte Harold Conway. Er hatte geahnt, dass sie irgendwann wieder nervig werden würde. »Aber so perfekt, wie Sie recherchieren, haben Sie diese Möglichkeiten sicherlich schon ausgeschlossen.«
    »Natürlich haben wir das. Und dabei haben wir noch was ganz anderes erfahren. Sie hat das Meer geliebt. Edgar, berichten Sie mal.«
    Edgar MacDonald wischte sich die dicken Finger an seinem blauen Pullover ab und faltete eine Landkarte der Insel Jersey auseinander. Sie war voller roter Linien und Kringel. Er zeigte auf einen kleinen Strandabschnitt im Süden. »Hier. An diesem Strand scheint sie sich als Letztes aufgehalten zu haben Wir haben den Sand in ihren Schuhen analysiert. Er passt genau dorthin.«
    »Wurde sie dort auch erstochen?«
    »Nein, definitiv nicht. Der Sand bestätigt nur, dass sie dort war. Die wenigen Leute, mit denen sie näher Kontakt hatte – Nachbarn, Ladenbesitzer, der Briefträger – berichten übereinstimmend, dass Jolanta Nowak stundenlang wandern war, immer rund um die Insel. An ihrer Kleidung zu Hause haben wir dementsprechend auch jede Menge Sand und Erde von anderen Stränden

Weitere Kostenlose Bücher