Was du nicht weißt: Roman (German Edition)
Ihre Haushälterin Sie nicht so schnell gefunden hätte, wäre das Ganze sehr viel schlechter ausgegangen für Sie.«
»Gott, was Ärzte so reden … Wahrscheinlich hält man mehr aus, als man denkt.«
»Sie hatten ja gerade hohen Besuch. Sind Sie und Richter Willingham befreundet?«
»Befreundet wäre zu viel gesagt. Wir kennen uns gut, weil sein Pferd in meinem Stall steht. Aber dass er sich die Mühe macht, persönlich hierherzukommen, hätte ich nicht gedacht.«
»Er wirkte so … locker. Ich war ganz überrascht.«
»Hat sicher damit zu tun, dass er jetzt nur noch Privatmann ist.« Ernst fügte er hinzu: »Wenn er nicht gerade eine Leiche in seinem Kofferraum findet.«
Sandra nickte. »Ja, eine schlimme Sache.«
»Gibt es etwas Neues? Ich meine, wegen Debbie?«
»Nein, leider nicht.«
Sein Blick wurde traurig. Er sah zum Nachttisch, auf dem neben einer Zeitung ein kleines Foto lag, das ihn und Debbie, strahlend und eng umschlungen, vor einem Rennpferd zeigte, dem man einen Siegerkranz um den Hals gehängt hatte. Es musste einer der stolzen Momente im Leben von Frank Guiton gewesen sein.
Um ihm nicht unnötig zuzusetzen, beschloss Sandra, als Erstes die Fragen zum Überfall zu stellen. »Der Chef de Police lässt Sie grüßen und möchte vor allem wissen, warum Sie …«,
Müde abwinkend hob er die linke Hand, die voller Blutergüsse war. »Geschenkt! Mich interessiert nur, was Sie zu sagen haben.«
Sandra spürte, wie schwer es ihr fiel, die Rolle der kühlen Polizistin zu spielen. Er lag so hilflos vor ihr, und er tat ihr unendlich leid. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, sich freiwillig zu melden, um ihn zu befragen.
»Es geht vor allem darum, ein paar neue Schlüsse aus dem Überfall zu ziehen«, sagte sie, »möglicherweise wird Sie das auch weiter entlasten.«
»Okay. Schießen Sie los.«
»Sie sagen mir ganz ehrlich, wenn es zu viel wird für Sie, ja?«
»Versprochen.«
Sandra zwang sich, so professionell wie möglich zu wirken, damit sie sich mit ihrer Sympathie nicht verriet. »Vermuten Sie in dem Überfall eine Verbindung zum Pferdediebstahl?«
Frank Guiton überlegte auffallend lange. Sandra hatte den Eindruck, dass er es nur tat, weil er nach seinen schlechten Erfahrungen mit Detective Inspector Waterhouse Sorge hatte, gleich wieder auf jedes einzelne Wort festgenagelt zu werden.
»Wie Sie sich denken können, war es das Erste, was ich mich gefragt habe«, antwortete er schließlich. »Aber meine Gedanken drehen sich immer nur im Kreis. Da klaut irgendwer mein Pferd und gibt es wieder zurück. Dann passiert der Mord an Debbie, und ich lande im Gefängnis. Dann werde ich zusammengeschlagen. Warum passiert das alles? Egal, wie sehr ich mir darüber den Kopf zerbreche, ich komme nicht weiter.«
»Gehen wir noch einmal die Fakten des Überfalls durch«, sagte Sandra. »Sie sind aus dem Taxi gestiegen und auf Ihr Gestüt zugegangen. Das Tor war zu. Den Täter selbst haben Sie gar nicht gesehen. Immerhin wissen wir, dass es sich nur um eine Person handelte. Das hat sich aus den Spuren im Kies ergeben.«
Nachdenklich fuhr er sich mit der gesunden Hand über das Grübchen an seinem Kinn.
»Hmm … Besonders die Sache mit dem Tor hat mich beschäftigt«, gab er zu. »Offenbar war das Tor verschlossen, damit ich aufgehalten wurde. Aber keiner von meinen Leuten weiß, wer das getan hat.«
»Wer wusste überhaupt, dass Sie an diesem Vormittag aus dem Gefängnis zurückkommen würden?«
»Nur meine Haushälterin. Aber die ist verschwiegen. Für sie lege ich meine Hand ins Feuer.«
»Gut. Nächster Punkt.«
Sandra arbeitete ihren Fragenkatalog Punkt für Punkt ab. Erstaunlich schnell hatten sie beide einen gewissen Rhythmus dabei gefunden – Frage, Antwort, Nachfrage, Relativierung oder Bestätigung, auf beiden Seiten präzise und ohne Umschweife. Harold Conways Vermutung, Guiton könnte in dubiose Geschäfte verwickelt sein, löste sich dabei mehr und mehr in Luft auf. Dieser Mann war ein Opfer, er war auf keinen Fall ein Täter.
Schließlich waren sie fertig. Und Sandra hatte eine überraschende Entdeckung gemacht. Frank Guiton war offensichtlich viel mehr als nur ein gut aussehender, von allen bewunderter Pferdezüchter. Er war ein Träumer. Und er war weitaus sensibler, als der Chef de Police ihn nach seinem Verhör beschrieben hatte.
Plötzlich kam ihr eine Idee. »Dieser Überfall … könnten Sie sich auch vorstellen, dass er nur zum Schein stattfand?«
»Was
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