Was es heißt, in den Krieg zu ziehen
bewusst so eine Wahl zu treffen, und tat es nur, weil der Kompaniechef alles auf sich nahm.
Nach genauerem Nachdenken hätte ich wohl die gleiche Wahl getroffen, mich aber auch dafür entscheiden müssen, mit dem Chef zu hängen, sollte er vor ein Kriegsgericht gestellt werden. Ich habe einfach nicht darüber nachgedacht. Man sollte während des Kampfes schmerzlosen moralischen Entscheidungen gegenüber argwöhnisch sein. Wenn du vor eine offenbar schmerzlose moralische Wahl gestellt wirst, hast du wahrscheinlich nicht genau genug hingesehen.
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8 Heldentum
Die Heldenreise kann bewusst oder unbewusst erfolgen. Es gibt eine Zeit im Leben, in der die unbewusste Form der Heldenreise naheliegt – man ist jung und in einer Position ohne große eigene Verantwortung. Auch in Zukunft werden junge Krieger ihre Heldentaten deshalb meist eher unbewusst vollbringen. Wenn Krieger älter werden und in Positionen mit größerer Macht aufrücken, sind die Folgen ihres Handelns dann weitreichender, und es steht mehr auf dem Spiel. Sie vollbringen ihre Heldentaten, weil es mehr zu verlieren gibt, im vollen Bewusstsein der oft schmerzvollen Folgen für andere und sich selbst. Viele ihrer Heldentaten finden in der Gesellschaft keine Beachtung, wenn sie nicht sogar verunglimpft werden. Es gibt keine Auszeichnungen dafür, und auch das macht es nicht leichter, sich heldenhaft zu verhalten.
Ein weiser Mann hat einmal gesagt, man solle vorsichtig sein, was man sich wünsche, denn man bekomme es vielleicht. Ich wollte ein Held sein.
Unsere Kompanie war aus dem Busch zurückgeholt worden, um als Eingreiftruppe eingesetzt werden zu können. Das bedeutete für uns einerseits eine Ruhepause. Wir lagerten in Zelten neben einem kleinen Flugplatz mitten in einem schmalen Tal etwa zwanzig Kilometer östlich von Khe Sanh. Es gab Duschen mit heißem Wasser, das mit Diesel aufgeheizt wurde, warmes Essen und einen tragbaren Stromgenerator, sodass wir abends, ob es regnete oder neblig war, draußen sitzen und uns einen Film ansehen konnten. Andererseits waren wir ständig in Kampfbereitschaft und warteten auf einen Einsatzbefehl. Die unteren Ränge mussten unfairerweise Sandsäcke füllen, die anderen schnitzten an Stöcken herum, schrieben Briefe und redeten Unsinn, lauschten aber ständig dem Funkverkehr des Bataillons und des Regiments und versuchten zu erraten, welches Gefecht sich zu so einem Schlamassel entwickeln konnte, dass die Marines eingreifen mussten.
Ob wir also unter der Außendusche standen oder einen Film mit Clint Eastwood sahen, wir waren uns ständig bewusst, dass wir vielleicht schon innerhalb der nächsten Minuten Gewehre und Ausrüstung zusammenraffen mussten, der Chef die Zugführer zusammenrief, Karten ausgebreitet wurden, der Puls raste, das Wummern der Rotorblätter von den grünen Talwänden zurückgeworfen wurde und die Hubschrauber einer nach dem anderen abhoben, um uns an einen Ort zu bringen, wo mit Sicherheit einige von uns sterben würden.
Ich erinnere mich an jenen besonderen Sterbetag. Das sanfte Grau des Himmels wurde langsam trüber, als die Sonne ihren spätnachmittäglichen Abstieg nach Laos hinein begann. Ich beobachtete, wie zwei Trupps, die Sandsäcke für einen Ein-Sterne-General an einem Ort namens Task Force Hotel gefüllt hatten, mit voller Geschwindigkeit den langen Kilometer zu ihrer Ausrüstung rannten, die säuberlich aufgeschichtet neben der Startbahn lag. Marines waren in Schwierigkeiten.
Semper fi.
Ich erinnere mich noch, wie es mir den Magen umdrehte, als der Hubschrauber nördlich von Rock Pile, etwa zehn Kilometer südlich der demilitarisierten Zone, aus einer tiefen Spirale kam. Ich versuchte mich anhand der um mich kreisenden Gipfel und Flussläufe zu orientieren und hielt mit zitternden Händen die Karte vor mir. Mein Kopf flog zurück, und ich schlug mit dem Helm gegen eine Verstrebung, als der Hubschrauber auf den Boden schlug. Der Chef der Crew schrie, wir sollten sehen, dass wir aus dem Vogel hinauskämen, da die Landezone unter Beschuss lag. Etliche Kids mussten springen, weil der Pilot die Nerven verlor und zu schnell wieder aufstieg. Der Letzte fiel gut drei Meter tief, mit neunzig Pfund auf dem Rücken. Er brach sich das Bein, und wir mussten vorübergehend auf seinen Trupp verzichten, da der in der Landezone bleiben musste, um ihn zu schützen, was die Kompanie schwächte. Und dann musste eine andere Hubschrauber-Crew ihr Leben riskieren, um den Verletzten wieder
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