Was es heißt, in den Krieg zu ziehen
viele andere. Wir hätten Leben gerettet, wären die Veteranen besser auf ihre Rückkehr vorbereitet gewesen.
Wir hätten den heimkehrenden Veteranen eine Art Bindung an die Zukunft des Lebens mitgeben müssen, in das sie zurückkehrten. Die meisten Veteranen kehrten in eine Familie zurück oder gründeten eine neue. Alle kehrten in Gemeinschaften zurück. Sie kehrten in eine Welt zurück, in der sie ihren persönlichen Berufungen folgen konnten. Damit die Integration aber auch tatsächlich funktioniert, müssen die Schrecken des Krieges aufgefangen, die Seele sozusagen gedehnt werden, um Platz für das Trauma zu schaffen. Das verlangt entsprechende Werkzeuge. Die meisten Veteranen kommen aus einer Gesellschaftsschicht, in der psychologische Beratung und Therapien mit offensichtlichen Geisteskrankheiten in Verbindung gebracht werden. Deshalb sollte die Beratung verpflichtend sein, das nimmt ihr das Stigma. Bei der Überwindung dieses Stigmas könnte es auch helfen, den höheren Offizieren und Unteroffizieren Techniken zu vermitteln, mit denen sie Männer und Frauen unterstützen können, die den Militärdienst verlassen, zum Beispiel, indem sie die Entlassung aus den Streitkräften ebenso ehrenhaft gestalten wie den Eintritt, mit einer ähnlichen Betonung des Rituellen. Die psychologische Betreuung der Veteranen und ihrer Familien sollte kostenlos sein und vom Department of Veterans’ Affairs geleistet werden, solange es gewünscht wird. Es sollte spezielle Gottesdienste für jede Glaubensrichtung geben, die eigens dazu dienen, den Veteranen zurück auf den heimischen Boden zu bringen und eine Verbindung zum Unendlichen zu schaffen, die nichts mit dem Töten und dem Ausweichen vor dem Tod zu tun hat. Idealerweise sollten diese Gottesdienste in den jeweiligen Kirchen, sofern es sie gibt, abgehalten werden. Die Geistlichen in Uniform verfehlen ihren Auftrag, wenn sie die religiösen Führer in den Gemeinden der Veteranen nicht kontaktieren und sie dazu ermutigen, solche Gottesdienste zu veranstalten. Und für die, die keiner Kirche und keinem bestimmten Glauben angehören, könnten die Militärgeistlichen Zeremonien abhalten, bevor sie endgültig entlassen werden. Mit denen, die ganz ohne religiöse Ausrichtung sind, könnten wenigstens so einfache Dinge wie ein paar Gedichte oder Geschichten besprochen werden.
Es ist mir bewusst, dass das alles viel Zeit und Aufwand erfordert. Aber es würde dem Land zahllose zerstörte Leben und schreckliche Probleme ersparen. Mir ist ebenfalls bewusst, dass junge Leute derartige Zeremonien womöglich als komisch und reine Zeitverschwendung betrachten und lieber cool bleiben würden. Ich war einmal bei einer Messe direkt nach einem Gefecht. Sie sollte dem Andenken derer gelten, die wir verloren hatten. Während der Messe verhielten sich alle wohlgesittet, aber hinterher wurden Witze darüber gemacht. Die Messe war ohne Bedeutung, denn innerlich waren wir immer noch draußen im Busch, und jene, von denen die Messe gehalten wurde, waren nicht dabei gewesen. Es war nicht ihr Fehler, aber es war ein Problem. Wir saßen einfach alle nur da. Niemand nahm tatsächlich an der Zeremonie teil. Deshalb funktioniert das Vietnam-Memorial so gut. Wir können dort etwas tun, einen Namen berühren, eine Blume zurücklassen. Man muss die Körper dieser jungen Kämpfer mit einbeziehen, will man sie geistig erreichen. Sie leben und gedeihen in der physischen Welt, und ohne das Physische, ohne das Körperliche kommen wir nicht an sie heran. Lassen wir sie aber nur gemeinsam die Namen ihrer getöteten Freunde sagen, spüren sie sofort, dass sie mit etwas Höherem in Verbindung kommen. Ich werde nie vergessen, wie eine ernste Gruppe von drei jungen Soldaten am Rand einer neu eingerichteten Stellung auf Rationskartons trommelte und im Zwielicht des Dschungels die Namen ihrer getöteten Freunde sang.
Vor ihrer Entlassung sollten Veteranen in kleinen Gruppen mit älteren Berufssoldaten zusammenkommen, die eine gruppendynamische Ausbildung genossen haben, und sich die Last von der Seele reden können. Einfach nur reden, sich aussprechen, an einem sicheren Ort, zusammen mit anderen Veteranen. Das durchbräche den so schädlichen Schweigekodex, der den Reintegrationsprozess verhindert, und ließe sich, so legitimiert, auch im zivilen Leben fortführen. Die jungen Veteranen würden lernen, über ihre Erfahrungen zu reden. Einige würden sich gewiss für immer davor fürchten, den Albtraum zurückzuholen, und
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