Was Farben sagen
vereinen.
Parallelen zur Gotik   Will man Violett eine Stilrichtung zuordnen, bietet sich die Gotik an. Denn analog zur Entwicklung von Violett aus Rot und Blau kann man die Gotik als Weiterentwicklung der wehrhaften roten Romanik begreifen, die durch blaue geistige Einflüsse verfeinert wurde. Wie in Violett vereint sich in der Gotik zudem das Irdische mit dem Himmlischen, wenn aus massivem Stein (Rot) Bauwerke geschaffen werden, deren Formen sich der Schwerkraft zu widersetzen und gen Himmel (Blau) zu flieÃen scheinen, indem sie alle horizontalen Linien durchbrechen und durch Spitzbögen, Pfeiler und Dienste die Vertikale betonen. Auch in der den Himmel symbolisierenden Kuppel über der quadratischen Vierung, die für das Irdische steht, vereinen sich beide Ausgangsqualitäten. Insbesondere beim Bau gotischer Kathedralen wurden zudem die vormals noch wehrhaften Steinmauern regelrecht aufgelöst, sodass nurmehr ein filigranes Netz aus kunstvollen Verzierungen die Fassade bildetâ was der sich in Auflösung befindlichen Stofflichkeit in Violett entspricht. Die Analogie zu diesem sakralen Bau unterstreicht zudem den religiös-spirituellen Charakter von Violettâ besonders in seinen blaustichigen Nuancen, die sich der Sogwirkung von Blau ergeben und sich immer weiter von der (roten) Erde entfernen. Zum sakralen Charakter von Violett passt auch die tiefgläubige Gesinnung der gotischen Gesellschaft: Jeder brachte sich ein, um mit irdischer Materie (Rot) und dem klaren Geist (Blau) der Bauleiter etwas Neues (Violett) zu schaffen.
Vokabeln
Intuitiv, übersinnlich, spirituell, weise, medial, sensitiv, vergeistigt, geheimnisvoll, mystisch, beklemmend, spannungsreich, streng, ernsthaft, nüchtern, kühl, leblos, traurig, sakral, würdevoll, androgyn, Geisteskraft, ambivalent, Vereinigung von Gegensätzen, grenzüberschreitend, Transformation, Ãbergang, Abschied, Isolation, Einsamkeit, dienend, aufopfernd.
Raumgestaltungâ eigenwillige Extravaganz
Violett ist trotz seiner gestiegenen Popularität nach wie vor eine exzentrische Einrichtungsfarbe, die ungewöhnlich wirkt. Je nachdem, ob die Nuance eher ins Rot- oder Blaustichige tendiert, schafft man eine glamouröse oder sehr ernsthafte Atmosphäre. Die rötlichen Töne von Purpur, Traube oder Aubergine entfalten ihre ganze Pracht als Hintergrund für auÃergewöhnliche, repräsentative Eingangsbereiche oder luxuriöse Esszimmer, wo sie Assoziationen wecken von reifen Beeren und opulenten Rotweinen. Die blaustichigen Nuancen dämpfen dagegen den Appetit und sind in Schlafräumen besser aufgehoben, wo sie beruhigend wirken. Unabhängig vom Farbton geht man sogar davon aus, dass violette Farbakzente in verschiedenen Wohnbereichen die Umsetzung persönlicher Pläne und Ziele aktiv unterstützen können.
Gerade bei Violett ist es jedoch schwierig, den richtigen Ton zu treffen, und schnell erinnert die Farbe an Kirche sowie die BuÃ- und Fastenzeitâ nicht die beste Voraussetzung für aufregende Liebesnächte. Insbesondere die blaugetönten Nuancen wirken daneben oft streng, trist undâ ist der komplette Raum in der Farbe gestrichenâ sogar klaustrophobisch. Da man Räume in Blauviolett zugleich als kühl empfindet und die Violetttöne zu den dunklen Farben zählen und, groÃflächig verwendet, Räume optisch verkleinern können, bietet es sich an, auf einige Entsprechungen der Farbe zurückzugreifen für ein violettes Raumgefühl.
Das Ambivalente der Farbe auf ihrem Balanceakt zwischen irdischem Rot und himmlischem Blau zeigt sich in einer Einrichtung, die sich scheinbar nicht entscheiden kann zwischen ihrer durchaus handfesten bis offensiven Seite aus der Verwandtschaft mit dem Roten und der zurückweichenden, dezenten Haltung der anderen Hälfte, des Blauen. Daraus entsteht ein seltsam eigenwilliger Stil, der beispielsweise in pompösen Samtsofas schwelgt, die jedoch entweder einen ansonsten eher kargen Raum aufwerten oder von ausgesprochen schlichten Beistelltischen flankiert werden. Beide Aspekte, das selbstbewusste Rot und das zurückhaltende Blau, sollten in einer » violetten« Raumgestaltung in einem ausgewogenen Verhältnis vertreten sein, um in ihrer Kombination zu einer ganz neuen Art von Harmonie zu finden. Damit wirkt selbst das Aufeinanderprallen der teilweise sehr gegensätzlichen Einrichtungsgegenstände
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