Was fühlt mein Hund, Was denkt mein Hund
zur Stelle, wenn man sich zum Beispiel in den Finger schneidet oder das Knie anhaut und »Autsch!« ruft. Haben Hunde tatsächlich nicht nur einen feinen Sinn für unser seelisches Befinden, sondern fühlen auch mit uns mit, wenn wir körperlich angeschlagen sind? Was mich stutzig macht, ist, dass bei Vroni von alldem nichts zu spüren ist. Haben manche Hunde einfach ein ausgeprägteres Mitgefühl für die Umwelt als andere?
GÜNTHER BLOCH: Typisch Hund, kann ich da wieder mal nur sagen. Kaniden verfügen einfach über eine soziokollektive Intelligenz, ohne die ein kooperatives Gemeinschaftsleben gar nicht möglich wäre.
Die Rücksichtnahme auf situationsbedingt »angeschlagene« Gruppenmitglieder ist auch in einer gemischten Sozialgruppe wie der von Hund und Mensch gebräuchlich. Umso mehr, da es hier in erster Linie nicht um den sozialen Status geht, sondern um Vertrauen, um Zugehörigkeit und Kooperation.
Hunde haben ein sehr feines Gespür dafür, wenn ihre Menschen Rücksicht und Ruhe brauchen.
Keine Frage des Status
Ist das Leittier nur vorübergehend gesundheitlich eingeschränkt, bleibt seine Position innerhalb der Gruppe unangefochten. Die Tatsache, dass das Tier über Erfahrung und »Alterswissen« verfügt, ist für das Überleben der gesamten Gruppe weitaus mehr von Bedeutung als irgendwelche Rangdemonstrationen beziehungsweise generelle Besitzansprüche. Entgegen einer landläufigen Behauptung verstoßen Wölfe nicht einmal kranke und alte Individuen aus der Gruppe, selbst wenn diese ehemaligen Leittiere sich während der Paarungszeit nicht mehr durchsetzen können. Meist übernimmt zwar ein jüngeres Tier viele Aufgaben, wie zum Beispiel die Organisation zur gemeinsamen Jagd oder die Revierverteidigung. Aber die Alten werden wegen ihrer Lebenserfahrung weiter respektiert oder zumindest geduldet.
Junge Hunde müssen noch lernen
Vroni ist offenbar ein wenig mehr auf ihren eigenen Vorteil bedacht als Lupo. Das muss man jedoch nicht überbewerten und kommt in den besten Familien vor. Junge Hunde erfahren im Verlauf des gemeinsamen Zusammenlebens noch am eigenen Leib, dass sich Fürsorglichkeit und Rücksichtnahme langfristig auszahlen. Auch unter Wildkaniden verhalten sich die Alten insgesamt wesentlich rücksichtsvoller als jugendliche »Schnösel«, die von morgens bis abends damit beschäftigt zu sein scheinen, ihre Kräfte zu messen. Mit dem Alter kommt dann die Erfahrung. Es ist doch so: Jeder ist einmal verletzt, oder es geht ihm schlecht. Wenn man in dieser »Krise« aber lernt, dass sowohl zweibeinige als auch vierbeinige Familienmitglieder dabei helfen, das momentane Tief zu überwinden, reift die Einsicht.
Und das prägt für die Zukunft.
Haben Hunde tatsächlich »heilende« Kräfte?
NINA RUGE: Ich selbst bin fest davon überzeugt, dass Hunde nicht nur das seelische Gleichgewicht, sondern auch das körperliche Befinden positiv beeinflussen. Aber Menschen, die selbst keinen Hund haben, sind ja oft der Meinung, dass die Vierbeiner vor allem reichlich Arbeit machen und uns ganz schön viel abverlangen: Sie müssen ohne Rücksicht auf Wetter und Termine mehrmals am Tag raus. Sie schleppen Dreck in die Wohnung und haben ständig irgendein Wehwehchen, das teure Tierarztbesuche nötig macht. Man rechnet uns vor, was wir im Jahr allein für die Futterkosten ausgeben oder für Hundespielzeug, schüttelt den Kopf über die vielen, vielen Stunden, die wir in der Hundeschule verbringen und, und, und … »Meine Güte!«, seufzen diese Menschen. »Warum tut ihr euch das an?«
Bei jedem Wetter rauszugehen hält Zwei- und Vierbeiner gleichermaßen fit.
Machen Hunde uns gesünder?
Ich kann auf solche Argumente immer nur erwidern: »Ja, ihr habt recht. Aber die Hunde geben mir eben auch ganz viel zurück.«
Und dann erzähle ich gerne von meiner Internistin. Während der letzten 20 Jahre schnellten ihre Augenbrauen beim regelmäßigen Gesundheitscheck immer wieder in die Höhe. Mal arbeitete die Schilddrüse nicht so, wie sie sollte. Mal zwickten die Bandscheiben. Dann wieder war der Puls zu hoch, oder es stimmte etwas nicht mit den Blutwerten. Seit ich die Hunde habe, ist es mit alldem vorbei. Zugegeben, ich bin nicht mehr täglich auf Sendung. Aber ich arbeite immer noch viel. Meine Ärztin ist überzeugt: Das sind die Hunde! Klar, ich bin jetzt viel mehr an der frischen Luft – und das bei jedem Wetter. Doch das Wichtigste: Ich muss so oft lachen, weil einer meiner Hunde wieder Blödsinn macht.
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