Was fühlt mein Hund, Was denkt mein Hund
Balgereien zwischendurch mögen für uns Außenstehende bisweilen wild und gefährlich anmuten. Doch Körperkontakt und Knabbereien sind völlig normales Kanidenverhalten und dienen dem Tier dazu, herauszufinden, wer wer ist, wer was meint und wer wie momentan sozio-emotional gestimmt ist. Das nennt man im hündischen Verständnis soziales, kommunikatives und in Rituale gekleidetes Lernen.
Deshalb lasse ich an dieser Stelle einfach einmal einen meiner Lieblingssätze stehen: »Lassen wir die Hunde in Ruhe!«
Kein Hund in Sicht? Dann müssen Sie unterwegs als »Spielpartner« herhalten und Ihr Tier beschäftigen.
Hunde schließen Freundschaft
Dass ein Hund auf einen anderen erst einmal zurückhaltend bis mürrisch reagiert, wie es Lupo getan hat, als Simba und Vroni ins Haus kamen, ist nichts Besonderes.
Schließlich will man ja erst einmal wissen, mit wem man es zu tun hat. Und es spricht für die Mädels, dass sie sich von dieser ruppigen Art nicht abschrecken ließen und es auch nicht nötig hatten, jede Provokation zu kommentieren, und so die Basis für das gute Zusammenleben schufen.
Doch auch wenn Hunde sich mögen, zeigen sie mitunter besitzanzeigendes Verhalten und grenzen irgendeine Ressource ab, etwa die Lieblingsdecke. Das ist normal.
Der Mensch hat die Pflicht, für klare Regeln zu sorgen. Ich persönlich erlaube keinem Hund, diesbezüglich alles selbst zu entscheiden. Deshalb hat jeder seinen festen Platz, auf den ich ihn bei Bedarf schicken kann, bis er wieder mental ausgeglichen ist.
Schließen Hunde auch echte Freundschaft?
NINA RUGE: Lupo hat schon immer gern mit anderen Hunden gespielt. Richtig innige Freundschaftsbeziehungen scheint er jedoch nur mit Hündinnen zu schließen. Seine drei besten Freundinnen heißen Silva, Delphy, und Aisha. Silva ist eine mütterliche Labradorhündin, Delphy eine spanische Hirtenhündin und Aisha, ein Golden-Retriever-Weibchen. Sie könnte Lupos Großmutter sein und ist noch dazu kastriert. Trotzdem fährt er gerade auf sie am meisten ab.
Heute, mit knapp vier Jahren, findet Lupo Toben und Spielen eigentlich doof. Aber mit den drei Damen flippt er regelmäßig aus. Rennen, jagen, herumkugeln, aneinander herumknabbern, beieinanderkuscheln: Lupo geht an alle emotionalen Grenzen und darüber hinaus. Ich habe den Eindruck: Mit Rüden checkt er intuitiv, ob sein Ego seinem körperlichen Potenzial entspricht.
Und er korrigiert diese Einschätzung, auch wenn es wehtut. Mit Hündinnen dagegen lebt er seine Emotionen aus, seine Lust auf Bewegung, auf Interaktion, Sport und Spiel.
Mit ihnen verbindet ihn so etwas wie echte Freundschaft. Kann es sein, dass Hunde solche tiefen Gefühle nur für das andere Geschlecht empfinden?
Gleiche Interessen müssen nicht immer in Streit enden. Unter Freunden teilt man auch gern einmal.
GÜNTHER BLOCH: Der Eindruck täuscht.
Jeder Hund lebt seine Emotionen mit weiblichen und männlichen Tieren aus. Hündinnen können Freundschaften mit Hündinnen schließen, Rüden mit Rüden. In vielen Haushalten leben zwei Männchen oder zwei Weibchen in einem kumpelhaften Verhältnis. Einige von ihnen schlafen sogar zusammen in einem Korb, trinken aus einer Wasserschüssel und genießen jede gemeinsame Unternehmung. Gleiches haben wir unter verwilderten Haushunden beobachtet: Zwei ältere Rüden, die wir Vecchione und Daniele nannten, formten sogar eine regelrechte »Rentnerbande«. Die beiden Herren teilten ein gemeinsames Hobby: Schlafen. Und das stets eng umschlungen mit intensivem Körperkontakt. Es schien tatsächlich, diese beiden Freunde würden miteinander durch dick und dünn gehen. Die Motivation für diese innige Freundschaft? Vermutlich ähnliche Interessen und die Sicherheit, sich aufeinander verlassen zu können. Aus der Welt der Wölfe könnte ich ebenfalls stundenlang Geschichten erzählen – von Brüdern, die zusammen abwandern und gegenseitig aufeinander aufpassen, oder von Müttern und Töchtern mit eigenen Welpen, die ihren Nachwuchs zusammen aufziehen.
Soziales Lernen, Voraussetzung für jede Freundschaft, beginnt im Welpenalter.
Die Mischung macht‘s
Wie bei jeder Gruppenstruktur kommt es auch bei Hundefreundschaften weniger auf Rang oder Geschlecht an als auf die beteiligten Persönlichkeiten. Natürlich muss die gesunde Mischung zwischen Kooperationsbereitschaft und dem Durchsetzen eigener Interessen, von Freundschaft beziehungsweise Partnerschaft und statusbezogenem Handeln sowie von Toleranz und Konkurrenz
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